Mitteilungen 12/2010, Seite 297, Nr. 211

Zur Unternehmereigenschaft einer Gemeinde bei Einsatz eines Werbemobils

Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 17. März 2010 (AZ: XI R 17/08) entschieden, dass eine Gemeinde, die sich als Gegenleistung für die Übereignung eines so genannten Werbemobils verpflichtet, dieses für die Dauer von fünf Jahren in der Öffentlichkeit zu bewegen, Unternehmerin im Sinne des Umsatzsteuergesetzes ist.

Sachverhalt
Im Streitfall hatte sich die Klägerin verpflichtet, einer Gemeinde ein mit Werbeaufschriften versehenes Fahrzeug (sog. Werbemobil) zu übereignen. Im Gegenzug hatte sich die Gemeinde verpflichtet, dieses über eine Vertragslaufzeit von fünf Jahren zur Erreichung der Werbewirksamkeit in der Öffentlichkeit zu bewegen. Die Gemeinde erteilte der Klägerin für die Erbringung von Werbefahrten eine Rechnung, in der die Mehrwertsteuer gesondert ausgewiesen war.

Das Finanzamt (FA) versagte der Klägerin den Abzug der in der Rechnung ausgewiesenen Mehrwertsteuer als Vorsteuer. Da das Fahrzeug weit überwiegend für den gemeindlichen Bauhof eingesetzt und damit dem Hoheitsbereich zuzuordnen sei und die Gemeinde es nicht im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art benutzt habe, sei sie insoweit nicht Unternehmerin und somit nicht berechtigt gewesen, eine Rechnung mit Mehrwertsteuerausweis zu erteilen. Die Klage hiergegen hatte Erfolg. Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Revision des FA zurück.

Werbetätigkeit auf privatrechtlicher Grundlage
Mit der Verwendung des Werbemobils habe die Gemeinde im Austausch gegen die Übereignung eines Fahrzeugs eine entgeltliche sonstige Leistung an die Klägerin erbracht. Dabei sei die Gemeinde insoweit auch als Unternehmerin im Sinne des Umsatzsteuergesetzes (UStG) tätig geworden. Denn sie habe die Werbetätigkeit auf privatrechtlicher Grundlage - und nicht im Rahmen der eigens für sie geltenden öffentlich-rechtlichen Regelungen - unter den gleichen rechtlichen Bedingungen wie private Wirtschaftsteilnehmer ausgeübt und sei damit „wirtschaftlich“, tätig geworden.

Nutzung des Werbemobils für hoheitliche Zwecke unbeachtlich
Zwar stünden die Fahrten im Zusammenhang mit dem Einsatz des Fahrzeugs für gemeindliche - möglicherweise hoheitliche - Zwecke. Darauf komme es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union aber nicht an.

Keine Versagung der Unternehmereigenschaft wegen zu geringer Umsätze
Bei der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung des UStG sei für die Unternehmereigenschaft auch nicht erforderlich, dass sich die wirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinde innerhalb ihrer Gesamttätigkeit heraushebe und bestimmte Umsatzgrenzen überschreite.

Die Entscheidung des Bundesfinanzhofes ist in diesen mitteilungen abgedruckt.

Joachim Grugel, Referatsleiter

Az: 915-01