Pressemitteilung vom 24.02.2006
Land macht Versprechungen zu Lasten der Kommunen
(Potsdam) Der Bildungsminister hat am 23. Februar 2006 in Potsdam verkündet, er werde in den brandenburgischen Kindertagesstätten, die entweder von Städten, Gemeinden und Ämtern oder von freien Trägern betrieben werden, Sprachstandserhebungen und Sprachförderung einführen. Damit macht Minister Rupprecht den Eltern in Brandenburg Versprechungen, für deren Einhaltung er selbst nicht zuständig ist: Kindertagesbetreuung ist eine Aufgabe der Kommunen, und das Land Brandenburg beabsichtigt nicht, den Kommunen für die Wahrnehmung dieser neuen Aufgaben einen höheren Landeszuschuss in der Kindertagesbetreuung zu zahlen. „Mit dem vorhandenen Personal lässt sich diese Aufgaben nicht erledigen“ erklärte Monika Gordes, stellvertretende Geschäftsführerin des Städte- und Gemeindebundes, heute in Potsdam. „Für die Sprachstandserhebung benötigen die Erzieherinnen mindestens eine Stunde pro Kind. Die tägliche Sprachförderung der betroffenen Kinder in Gruppenarbeit wird zur Folge haben, dass die Erzieherin, während sie Sprachförderung macht, an anderer Stelle in der Kindertagesstätte bei der Betreuung von Kindern fehlt.“ Für den Verband ist völlig ungeklärt, wie die Erzieherinnen diese neue Aufgabe neben all den anderen Aufgaben auch noch erledigen sollen. Außerdem gibt es schon mehrere Beobachtungsinstrumente, mit denen Erzieherinnen in brandenburgischen Kindertagesstätten prüfen, ob die Kinder sich altersgemäß entwickeln: Nach den Grundsätzen elementarer Entwicklung wird das Sprachvermögen der Kinder beobachtet und gefördert; mit den Grenzsteinen der Entwicklung beobachten und dokumentieren die Erzieherinnen die altersgemäße Entwicklung.
Monika Gordes verweist auf die Rechtslage in anderen Bundesländern. In Berlin, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen werden die Sprachstandserhebungen bei den Kindern auf Grund der jeweiligen Schulgesetze durch den Schulbereich durchgeführt. Auch die Koalitionsvereinbarung in Brandenburg sieht vor, dass für Sprachstandserhebungen im vorschulischen Alter der Schulanmeldetermin vorgezogen werden soll, stellt die Sprachstandserhebung also in die Verantwortung des Schulwesens. In Rheinland-Pfalz erhalten die Kommunen Geld, mit dem sie sich Sprachförderung an ihren Kindertagesstätten einkaufen können. In Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein wird die Sprachförderung für Kinder im Vorschulalter durch Grundschulen oder Förderschulen durchgeführt. Das heißt: in allen anderen Bundesländern nimmt das Land seine Verantwortung dergestalt wahr, dass es Sprachstandserhebung und Sprachförderung entweder mit eigenem Personal durchführt oder den Kommunen finanzielle Mittel zur Verfügung stellt, damit sie diese besonderen, neuen Aufgaben durchführen können.Der Städte- und Gemeindebund weist darauf hin, dass die Kommunen vorhandene Sprachprobleme bei Kindern seit Jahren mit Sorge beobachten und in einigen kommunalen Kindertagesstätten bereits seit Jahren gezielt Sprachförderung im Rahmen der üblichen Gruppenarbeit durchgeführt werde, auch nähmen kommunale Kindertagesstätten an Modellversuchen im Bereich Sprachförderung teil. „Die altersangemessene Sprachentwicklung der Kinder ist unseren Mitgliedern ein ganz wichtiges Anliegen, damit möglichst alle Kinder schulfähig sind und einen guten Start in die Schule erhalten. Einige Eltern können in ihrer Erziehungsarbeit unterstützt werden, damit sie lernen, das Sprachvermögen ihres Kindes einzuschätzen und gegebenenfalls selbst zu Hause mit ihren Kindern spielerisch üben zu können. Von der Zielrichtung liegen das Land und die Kommunen also nicht auseinander“ meint Gordes.Der Verband wehrt sich aber dagegen, dass das Land einerseits bei seinen Zuschüssen für die Kindertagesbetreuung seit dem Jahr 2000 jedes Jahr 35 Millionen Euro einspart, diese gekürzten Zuschüsse nicht im richtigen Umfang an die Personalkostenentwicklung und Entwicklung der Kinderzahlen anpasst, die kommunale Finanzausstattung durch das Land derart miserabel ist, dass die Verfassungsmäßigkeit des kommunalen Finanzausgleichs in Frage steht, gleichzeitig das Land aber immer neue Forderungen gegenüber den Kommunen aufmacht, anstatt nach anderen Möglichkeiten zu suchen oder den Kommunen dann zumindest die für die Aufgabenwahrnehmung notwendige Finanzausstattung zu geben.(3888 Zeichen)