Pressemitteilung vom 26.02.2004
Vergabegesetz schafft nicht mehr Aufträge, sondern erzeugt unnötige Bürokratie – Stattdessen bessere Finanzausstattung erforderlich
Auch ein Landesvergabegesetz wird der mittelständischen Wirtschaft nicht mehr öffentliche Aufträge verschaffen, erklärte der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg, Karl-Ludwig Böttcher, zu einer Initiative einer Gruppe von Koalitionsabgeordneten Landtages. Auf die Krise in der Bauwirtschaft sollte nicht mit mehr Bürokratie, sondern mit zusätzlichen Investitionen geantwortet werden. Erforderlich sei daher, endlich eine auskömmliche kommunale Finanzausstattung zu schaffen, die wieder mehr öffentliche Investitionen zulasse. Die Abgeordneten sollten hier die Initiativen des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg unterstützen.
Bei Unternehmen dürfe keinesfalls der später nicht haltbare Eindruck erweckt werden, mit einem Landesvergabegesetz könne der Wettbewerb aufgehoben und Aufträge nur örtlichen Unternehmern vorbehalten werden. Die Vergabe öffentlicher Aufträge sei durch EU-, Bundes- und Landesrecht sowie Förderrichtlinien sehr detailliert geregelt.
Bereits das geltende Recht verlange, dem wirtschaftlichen und nicht dem vermeintlich billigsten Angebot den Zuschlag zu erteilen. Auch nach gegenwärtiger Rechtslage müssten Mindeststandards eingehalten werden. So habe das Oberlandesgericht Brandenburg in einem Bußgeldverfahren entschieden, dass Unternehmer wegen Unterschreitung von Mindestlohn oder Mindesturlaubszeit verurteilt werden könnten. Öffentliche Auftraggeber seien jetzt bereits aufgrund § 97 Abs. 3 GWB oder § 4 VOB/A zur mittelstandsfreundlichen Losvergabe verpflichtet. Es sei unnötig, dies in einem weiteren Gesetz zu wiederholen. Der von den Abgeordneten geforderte weitgehende gesetzliche Ausschluss der Beschäftigung von Nachunternehmern könne sogar zum Bumerang für die kleinteilige Bauwirtschaft in Brandenburg werden. Viele Kleinstbetriebe seien auf derartige Aufträge angewiesen. Auch unterhalb der EU-Schwellenwerte könnten Bieter im Land Brandenburg, die sich zu Unrecht von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen fühlten, vor den Gerichten auf Schadensersatz klagen. Bei öffentlich geförderten Projekten werde zudem von den Fördermittelgebern auch das Vergabeverfahren geprüft. Die bislang oberhalb der EU-Schwellenwerte vor Zuschlagserteilung erforderliche Information der nicht berücksichtigten Bieter durch die Vergabestelle auf weitere Aufträge auszudehnen, werde künftig die Auftragsvergabe zusätzlich zum Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten machen und damit weiter verzögern.
Anstatt neue Bürokratie zu schaffen, müsse die Auftragvergabe stattdessen entbürokratisiert werden. Die lediglich durch ein Rundschreiben an die Kommunalaufsichtsbehörden „angehobenen“ Wertgrenzen für beschränkte Ausschreibungen sollten rechtlich abgesichert werden, vergabefremde Kriterien abgeschafft, die Anwendung der Verdingungsordnung für Leistungen (VOL) wie in anderen Ländern, in das Ermessen der Kommunen gestellt werden. Dazu bedürfe es aber keines neuen Gesetzes. Die Auftragsvergabe dürfe aber nicht durch neue Vorschriften weiter verzögert werden. Der Preiskampf im Baugewerbe sei im Wesentlichen auf den Investitionsstau bei der öffentlichen Hand durch fehlende Finanzmittel und Überkapazitäten zurückzuführen. Daran könne auch ein Landesvergabegesetz nichts ändern. Wenn das Gesetz bei den Kommunen zu Mehrkosten führe, müssten diese vom Land wegen des strikten Konnexitätsprinzips der Landesverfassung erstattet werden.
Böttcher erinnerte daran, dass das Land Sachsen-Anhalt in seinem Gesetz zur Erleichterung von Investitionen und zur Entbürokratisierung von Verwaltungsverfahren im Jahre 2002 das von der dortigen Vorgängerregierung aus ähnlichen Erwartungen wie jetzt wieder im Land Brandenburg in Kraft gesetzte Landesvergabegesetz wieder aufgehoben hatte.
Im Jahr 2000 hatte schon die Fraktion der PDS die Vorlage eines Landesvergabegesetzes im Landtag beantragt. Damals waren die Vorschläge vom Landtag abgelehnt worden.