MITTEILUNGEN 10/2004, Seite 329, Nr. 208
Erlass des Ministeriums der Finanzen "Körperschaften als Träger von Kinderta-gesstätten/Kindergärten" vom 13.10.2004, Gesch-Z.: 35 - S 2706 - 21/02
Das Ministerium der Finanzen hat im Oktober 2004 dem Städte- und Gemeindebund Brandenburg seinen Erlaß vom 13.10.2004, Geschäftszeichen 35 – S 2706 -21/02, mit dem kommunale Kindertagesstätten / Kindergärten grundsätzlich als Betriebe gewerblicher Art angesehen werden, zur Kenntnisnahme zugesandt.
Das Ministerium teilt mit, diese Neuregelung beruhe auf einer Erörterung der zuständigen Referatsleiter der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder. Nach den Grundsätzen der Bundesauftragsverwaltung hätte der davon abweichende Erlass vom 16.12.2002, 35 - S 2706 - 21/02 aufgehoben werden müssen, der noch von einem hoheitlichen Charakter der kommunalen Kinderbetreuung ausging.
Das Ministerium der Finanzen weist ergänzend darauf hin, dass auf Grund einer zum 1.1.2001 rückwirkenden Neufassung des § 58 Nr. 1 AO eine gemeinnützigkeitsunschädliche Weitergabe von Mitteln durch Fördervereine an Kindertagesstätten/Kindergärten in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft möglich ist. Das sonst für geförderte private Körperschaften nötige Satzungserfordernis nach den §§ 59 ff AO brauchen BgA nicht zu erfüllen. Damit sind Zuwendungen an diese Fördervereine nach § 10 b EStG, § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG abzugsfähig.
Nachfolgend wird der Erlaß vom 13.10.2004, Gesch-Z.: 35 - S 2706 - 21/02, vollständig mit Betreff- und Bezugzeile abgedruckt.
„Körperschaften als Träger von Kindertagestätten/Kindergärten
Verfügung der OFD Cottbus vom 18.12.2002, S 0177 - 2 - St 223, S 2706 - 38 - St 224
Aufgrund einer Erörterung der Frage der steuerlichen Behandlung der Tätigkeit von Kindertagesstätten/Kindergärten durch die Referatsleiter Körperschaftsteuer der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder bitte ich folgende Auffassung zu vertreten:
Kommunale Kindertagesstätten/Kindergärten können grundsätzlich einen Betrieb gewerblicher Art (BgA) begründen. Es ist jedoch bei der Prüfung auf den Einzelfall abzustellen. Es gelten die allgemeinen Grundsätze des § 4 KStG, d.h. es muss sich um eine Einrichtung handeln, die der nachhaltigen Erzielung von Einnahmen dient und sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich heraushebt. Für letztgenanntes Merkmal ist die Tatsache, dass der Jahresumsatz 30.678 Euro nachhaltig übersteigt, ein wichtiger Anhaltspunkt (Abschn. 5 Abs. 5 KStR). Die von den Eltern an die Stadt gezahlten Gebühren sind bei nachhaltigem Überschreiten dieser Umsatzgrenze als Einnahmen anzusehen, die einen BgA begründen.
Regelmäßig wird eine Körperschaft des öffentlichen Rechts über einen einheitlichen BgA "Kindertagesstätte/Kindergarten" verfügen, dem alle von ihr betriebenen Einrichtungen zuzurechnen sind. Nur in besonders begründeten Einzelfällen können die einzelnen Kindertagesstätten/Kindergärten jeweils als eigenständige Betriebe angesehen werden. Voraussetzung hierfür ist, dass die Einrichtungen organisatorisch und finanziell selbständig verwaltet und geführt werden.
Der Förderverein eines BgA, der steuerbegünstigte Zwecke verwirklicht, kann nach der zum 01.01.2001 rückwirkenden Neufassung des § 58 Nr. 1 AO durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung und weiterer Gesetze vom 21.07.2004, BGBl. I S. 1753 steuerbegünstigt sein, auch wenn der BgA selbst nicht die formellen Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG erfüllt. Damit sind Zuwendungen an die Fördervereine nach § 10 b EStG, § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG abzugsfähig.
Kindertagesstätten/Kindergärten, die von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften, wie beispielsweise der katholischen oder evangelischen Kirche, unterhalten werden, begründen demgegenüber keinen Betrieb gewerblicher Art, da diese Tätigkeiten dem verfassungsrechtlich anerkannten Verkündigungsauftrag den Religionsgemeinschaften zuzurechnen sind, also einen Teil ihrer als hoheitlich anzusehenden Tätigkeit bilden.
Die geleisteten Elternbeiträge sind nicht als Zuwendung i. S. des § 10 b EStG abzugsfähig, da sie Entgelt für die Betreuungsleistung darstellen.
Der BFH hat mit Urteil V R 66/01 vom 18.12.2003 (BFH/NV 2004, S. 985) entschieden, dass eine städtische Kindertagesstätte einen BgA (§ 2 Abs. 3 UStG) darstellt, sofern die entgeltliche Kinderbetreuung auf Grund eines privatrechtlichen Vertrages erfolgt und entgegenstehende, auf eine öffentlich-rechtliche Regelung hinweisende Indizien (Festsetzung des Entgeltes durch Verwaltungsakt, Anfechtbarkeit dieser Entscheidung auf dem Verwaltungsrechtsweg, Annahme- oder Benutzungszwang) nicht vorliegen.
Die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 23 UStG findet auf sämtliche betreuenden Leistungen der dort genannten Einrichtungen Anwendung (Art. 13 Teil A Abs. 1, Buchstabe h und i der 6. EG-Richtlinie).
Die o. g. Verfügung vom 18.12.2002, S 0177 - 2 - St 223, S 2706 - 38 - St 224 wird aufgehoben. “
Zu der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 18.12.2003 siehe weiteren Artikel in diesen Mitteilungen.