Stellungnahme des StGB Brandenburg vom 28.10.2003

Gesetzentwurf der Landesregierung zur Regelung der Zuweisungen des Landes Brandenburg an die Gemeinden und Landkreise im Haushaltsjahr 2004 (Gemeindefinanzierungsgesetz 2004 - GFG 2004)

(Stellungnahme zur Anhörung zum Entwurf des Gemeindefinanzierungsgesetzes des Geschäftsführers des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg, Herrn Karl-Ludwig Böttcher)


. . . das . . . mit den längst überfälligen Strukturveränderungen von einem neuen Finanzausgleichsgesetz hoffentlich zu 2005 abgelöst wird. Aber auch der hier vorliegende Gesetzentwurf bedarf noch erheblicher Korrekturen, weil die Landesregierung in ihrem Entwurf von z.T. vollkommen falschen Annahmen über die verfassungsmäßig gebotene Finanzverteilung zwischen der Landesebene einerseits und der kommunalen Ebene andrerseits ausgegangen ist.

Darauf will ich im Folgenden anhand der aus unserer Sicht drei wichtigsten Punkte näher eingehen:

I - Nachsteuerung der Gemeindefinanzierung aufgrund der Gemeindefinanzreform


Die in Aussicht gestellte Nachsteuerung aufgrund der Prognosen zur Gemeindefinanzreform auf Bundesebene lehnen wir ab und wir appellieren an Sie, entweder die hierfür in Rede stehenden 80 Mio. € bereits jetzt in die Finanzausgleichsmasse einzubeziehen oder alternativ das Defizit aus der Spitzabrechnung der Vorjahre mit rund 160 Mio. € herauszurechnen und dies aus folgenden Gründen:


Der Gesetzentwurf wird - Sie wissen das - überschattet von der Debatte zur Gemeindefinanzreform auf Bundesebene, die mit den umstrittenen Bundestagsentscheidungen vom 17.10.2003 keineswegs abgeschlossen, sondern nach unserer Einschätzung erst richtig begonnen hat. Im Regierungsentwurf wird dennoch bereits jetzt davon ausgegangen, dass die Städte und Gemeinden aufgrund der bundespolitisch in Aussicht genommenen Reformen ab 2004 bezüglich der neuen Gemeindewirtschaftssteuer Mehreinnahmen und bezüglich der Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe Minderausgaben erfahren werden. Diese Verbesserungen werden im Gesetzentwurf für 2004 mit bis zu 80 Mio. € eingeschätzt, ohne dass diese Einschätzung nachvollziehbar quantifiziert wird. Es wird lediglich eine Verbesserung der kommunalen Haushaltslage unterstellt und für den Fall des Nichteintretens dieser pauschal gehaltenen Feststellung eine Nachsteuerung über einen, u.E. ungewissen, Nachtragshaushalt in Aussicht genommen.

Mit einem solchen Vorgehen setzt die Landesregierung aus unserer Sicht wider besseren Wissens und zudem im Widerspruch zum Landeshaushaltsentwurf einen nicht hinnehmbaren Weg fort, der mit der zweiten Änderung des Gemeindefinanzierungsgesetzes 2003 eingeschlagen wurde:

Sozusagen versteckt im Gesetz zur Entlastung der Kommunen von pflichtigen Aufgaben wurde „in letzter Minute“ und ohne unsere Beteiligung § 3 des GFG 2002/2003 um einen Absatz 4 dahingehend ergänzt, dass die Angemessenheit der derzeit festgesetzten Verbundmasse erst mit der übernächsten Überprüfung der symmetrischen Finanzverteilung festgestellt werden soll. Wir fragen uns, wie die Landesregierung Ihnen in Kenntnis des so genannten Symmetriegutachtens, auf das ich in meinem zweiten Punkt gleich näher eingehen werde, eine solche Regelung für ein Gesetz vorschlagen konnte, und wir fragen uns auch, welchen Wert eine solche Regelung überhaupt haben kann. Denn das Symmetriegutachten hat dem Land bereits für die Vergangenheit eine gegenüber den Kommunen ungleiche Finanzverteilung attestiert und die richtige Entscheidung muss deshalb jetzt sein, bereits für die Jahre 2001 bis 2002 zugunsten der Städte und Gemeinden rückwirkend mit einer Anhebung der Verbundquote nachzusteuern. Diese verfassungsrechtlich gebotene Nachsteuerung ist unterblieben. Unterblieben ist sie in angemessener Höhe auch für 2003, weil die lediglich um 0,3 % erfolgte Anhebung keineswegs den Aussagen des Symmetriegutachtens gerecht wird. Wir warnen deshalb davor, diesen Fehler mit dem Gemeindefinanzierungsgesetz 2004 zu wiederholen. Aufgrund der erst für die Zukunft in Aussicht genommenen Nachsteuerung gibt es vor dem Hintergrund der Erfahrungen aus der Vergangenheit keinerlei Vertrauen dafür, dass die 80 Mio. € überhaupt zugunsten der Städte und Gemeinden angefasst werden.

Zudem ist die beabsichtigte Nachsteuerung innerhalb der Finanzverteilung zwischen Land und Kommunen systemwidrig. Der Gesetzentwurf enthält die eingangs von mir erwähnte Spitzabrechnung des Steuerverbundes aus Vorjahren mit einem Minus für die Kommunen von rund 160 Mio. €. Diese Spitzabrechnung soll die Steuereinbrüche aus Vorjahren in der Finanzverteilung zwischen Land und Kommunen berücksichtigen. Gleichzeitig wird in der Gesetzesbegründung eine Nachsteuerungsmasse bezogen auf die Wirkungen der Gemeindefinanzreform auf Bundesebene in Aussicht genommen. Auf Bundesebene stehen für 2004 Mehreinnahmen durch die neue Gemeindewirtschaftssteuer und Mindereinnahmen durch das Vorziehen der Steuerreformstufe 2005 auf 2004 in Rede. Beide Aufkommensentwicklungen werden in 2004 – egal wie hoch oder niedrig man sie auch einschätzen mag - Gegenstand der Spitzabrechung spätestens des Jahres 2006 sein! Für die „Auslagerung“ von Finanzausgleichsmitteln in eine so genannte Nachsteuerungsmasse gibt es also überhaupt keinen Anlass. Diese Auslagerung widerspricht vielmehr der Gesetzessystematik, innerhalb derer nur die Spitzabrechnung auf spätere Abweichungen gegenüber heutigen Steuerschätzungen reagiert.

Der Vollständigkeit halber merke ich an, dass die im Regierungsentwurf 2004 genannten Entlastungserwartungen infolge der Umsetzung des so genannten Hartz-IV Gesetzes (Zusammenlegung Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe) in 2004 überhaupt noch nicht greifen können. Das „Auslagern“ von Finanzausgleichsmitteln in eine so genannte Nachsteuerung lässt sich also auch damit nicht rechtfertigen.

Darüber hinaus ist die haushaltsrechtliche Prognose der Landesregierung zu den Wirkungen der Gemeindefinanzreform auf Bundesebene inkonsequent. Denn einerseits wird für die kommunalen Haushalte ein nicht näher quantifizierter Entlastungseffekt von bis zu 80 Mio. € prognostiziert und in Folge aus der Finanzausgleichsmasse herausgenommen. Gleichzeitig wird aber andrerseits festgestellt, dass für den Landeshaushalt Unsicherheiten über die tatsächlich zu erwartenden finanziellen Auswirkungen der Gemeindefinanzreform bestehen und mit dieser Begründung werden Mehreinnahmen oder Minderausgaben für den Landeshaushalt als nicht veranschlagungsreif bezeichnet.

Mit diesen Gründen rechtfertigt sich unser erster Appell an Sie, den Regierungsentwurf – wie eingangs erwähnt - so zu ändern, dass die Nachsteuerungsmasse mit 80 Mio. € bereits jetzt in die Finanzausgleichsmasse aufgenommen wird. Sollten sich dann entgegen unseren Erwartungen die Steuereinnahmen bereits in 2004 tatsächlich erhöhen, wofür es auch unter Berücksichtigung der Gutachten der aktuellen Wirtschaftsforschungsinstitute überhaupt keine Anzeichen gibt, werden diese rechtssystematisch ohnehin Gegenstand der Spitzabrechnung spätestens des Jahres 2006. Unterbleibt diese Einbeziehung, muss konsequenterweise die im Entwurf enthaltene Spitzabrechnung der Vorjahre mit rund 160 Mio. € aus der Finanzausgleichsmasse herausgenommen werden, so wie dies der Referentenentwurf bis zur anders lautenden Entscheidung der Landesregierung im September 2003 auch vorgesehen hatte. Und damit komme ich zum zweiten Punkt, der Bewertung des Symmetriegutachtens:

II - Bewertung des Symmetriegutachtens von Prof. H. Seitz


Gemäß dem Neulitzegöricke-Urteil des Landesverfassungsgerichts Brandenburg war für die Beurteilung der Verbundquote für die Jahre ab 2004 die symmetrische Verteilung der finanziellen Mittel zwischen Land und Kommunen zu analysieren. Das Ministerium des Innern und das Ministerium der Finanzen haben hierfür das so genannte Seitz-Symmetriegutachten erstellen lassen. Dieses 96 Seiten umfassende Gutachten stellt für die Jahre bis 2001 fest, dass die vom Landesgesetzgeber festgesetzte Verbundquote bereits in der Vergangenheit zu niedrig war. Dennoch geht der Gesetzentwurf auf die zurückliegenden Jahre nicht ein und bewertet die Aussagen im Gutachten für die Zukunft an keiner Stelle. Mit lediglich einem Satz wird in den Vorbemerkungen der Gesetzesbegründung ausgeführt, dass das Gutachten „Indizien“ dafür gebracht hat, dass die Finanzverteilung bis 2001 asymmetrisch war. Die Städte und Gemeinden können nicht nachvollziehen, warum der Regierungsentwurf über das Gutachten hinwegsieht. Denn der Verfassungsauftrag verpflichtet das Land zur eigenen Analyse und nicht zur bloßen Beifügung eines Gutachtens als Anlage zu einem Gesetzentwurf. Bei einer sachgerechten Bewertung der gutachtlichen Aussagen drängt sich für das Land die Verpflichtung zur Festsetzung einer Verbundquote von 28,3 % und nicht – wie im Gesetzentwurf vorgesehen – von 25, 3 % geradezu auf, und diese Festsetzung fordern die Städte und Gemeinden mit folgender Begründung auch ein:


Richtig ist, dass das Symmetriegutachten das Jahr 2001 aufgrund der bis dahin gewürdigten Entwicklung eine Unterfinanzierung der Kommunen festgestellt hat. Diese Aussage ist für die Zukunft anhand einer Würdigung der gutachtlichen Aussagen zu gewichten. Dies unterbleibt im Gesetzentwurf, der die sich weiter verschlechternde Hauhaltslage der Folgejahre unberücksichtigt lässt und über die Widersprüche, allerdings auch die gutachtlichen Fehleinschätzungen, hinwegsieht. Hierzu im Einzelnen:

Zunächst einmal wird im Gutachten (Seite 4 Abs.2) von der Grundannahme ausgegangen, es gäbe „keine objektiven Kriterien für eine „richtige“ Verteilung der Aufgaben, Ausgaben und Einnahmen auf die einzelnen staatlichen Ebenen“. Diese Grundannahme vermittelt den Eindruck, als seien Aufgabenverteilung und Zuordnung von Ausgaben und Einnahmen dem freien Spiel überlassen. Dem ist jedoch nicht so. Das Grundgesetz und die Landesverfassung geben dem Gesetzgeber objektiv bindende Kriterien für die Aufgabenzuordnung und Finanzverteilung vor. Werden sie von der Gesetzgebung verletzt, stellt das (Landes)Verfassungsgericht die Nichtigkeit der entsprechenden gesetzlichen Regelung fest, wie die Urteile zum Ausführungsgesetz zum Bundessozialhilfegesetz und zum Kindertagesstättengesetz gezeigt haben.

In Folge wird dann gutachtlich davon ausgegangen, „die „richtige“ Verbundquote zu bestimmen, sei nicht möglich, weil dies eine Auflistung und Bewertung aller Aufgaben des Landes und der Kommunen erforderlich machen würde“. Diese Annahme ist nach unserer Auffassung nur dann richtig, wenn eine Aufgabenauflistung und Aufgabenbewertung unmöglich wäre. Gerade dies ist jedoch nicht der Fall. Die Gemeinden gehen zunehmend dazu über, ihre Aufgaben aus eigenem Kostenbewusstsein heraus flächendeckend zu bewerten. Diese flächendeckende Bewertung wird seit dem Erlass der Gemeindehaushalsverordnung vom 26.06.2002 auch in rechtlicher Hinsicht unterstützt. Hieraus folgt, dass die „richtige“ Verbundquote festgelegt werden kann, wenn das Land dem Weg der Gemeinden nach einer flächendeckenden Aufgabenbewertung folgen würde. Auf die gutachtlich mit „Indizienbeweisen“ bezeichneten Indikatoren könnte bei einer Aufgabenbewertung dann genauso verzichtet werden, wie bei der Bewertung von Aufgaben, die seit 1999 aufgrund des strikten Konnexitätsprinzips übertragen werden. Denn auch hier zeigt sich, dass tatsächliche Aufgabenkosten ermittelbar sind.

Wir halten es nicht für richtig, wie im Gutachten (Seite 5 Abs. 1) praktiziert, die übertragenen Aufgaben aus der Betrachtung der symmetrischen Mittelverteilung vollkommen auszuklammern. Denn die Aufgabenkosten für übertragene Aufgaben sind aufgrund gesetzlicher Änderungen mit ständigen Mehrkosten verbunden, für die ganz überwiegend ein vollständiger Kostenausgleich nicht stattfindet. Darüber hinaus stellen wir fest, dass in Gesetzgebungsverfahren eine Unterfinanzierung sogar landesseitig einkalkuliert wird, um Synergien in der Aufgabenerfüllung „zu erzwingen“. Daher müssen zumindest die Unterfinanzierungsanteile für übertragene Aufgaben in die Symmetriebetrachtung einbezogen werden. Dies hat der Gutachter jedoch unterlassen.

Im Gutachten wird methodisch dann weiter von der jeweiligen Ausgabenentwicklung des Landes und der Kommunen ausgegangen, wobei diese mit anderen Ländern verglichen werden. Dabei bleiben die finanzwirtschaftlichen Erfolge der gemeindlichen Haushaltskonsolidierung der vergangenen Jahre genauso unbewertet, wie die insoweit auf Landesebene unterbliebenen Strukturveränderungen. Diese Betrachtung hat zur Folge, dass sich das Sparen der Gemeinden im Finanzausgleich nicht nur nicht auszahlt, sondern zu einer weiteren und ungerechtfertigten Verschiebung finanzieller Mittel zuungunsten der kommunalen Ebene führt.

Im Gutachten werden die Verhältnisse im Land Brandenburg unter anderem mit denen der Länder Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Rheinland Pfalz verglichen, ohne dass für uns eine Quantifizierung des nicht vergleichbaren Verwaltungsaufbaus und der nicht vergleichbaren Aufgabenzuordnung auf die einzelnen Verwaltungsebenen ersichtlich wird.

Im Gutachten wird beispielhaft anhand der Aufgaben der Jugend- und Sozialhilfe beschrieben, dass einerseits eine sehr detaillierte Analyse der Kosten erforderlich sei, diese andrerseits aber einen hohen Aufwand erfordere, der „kaum möglich“ ist und zudem die Frage nach einer „effizienten (kostenminimalen) Aufgabenerfüllung“ aufwerfe (Seite 7 Abs. 3). Offensichtlicher kann nach unserer Einschätzung nicht belegt werden, dass gerade der Aufgabenbereich, der die kreisfreien Städte unmittelbar und die Gemeinden mittelbar über die Kreisumlage finanziell am stärksten belastet, tendenziell nicht objektiv begutachtet wurde. Tendenziell werden zudem gutachtlich Effizienzreserven in der Aufgabenerfüllung auf gemeindlicher Ebene unterstellt, während derartige Unterstellungen an dieser Stelle bezogen auf die Landesebene unterbleiben.

Auch aus diesen Gründen gehen wir davon aus, dass die gutachtlich für die Vergangenheit festgestellte Unterfinanzierung im Ergebnis zu niedrig bewertet wurde.

Zudem werden nach unserer Einschätzung im Gutachten aus den Einzelvergleichen nicht die richtigen Schlussfolgerungen gezogen. Hierzu sei beispielhaft in der Reihenfolge des Gutachtens ausgeführt:

II.1 Finanzierungssalden (Gutachten Seiten 9 ff.):


Der gegenüber dem Land überproportionale Anstieg des Finanzierungssaldos auf kommunaler Ebene im Jahr 2001 wird im Gutachten lediglich als „gewisse quantitative Asymmetrie“ bezeichnet. Gleichzeitig wird angemerkt, dass dieser Saldo eine temporäre Größe darstellt, die erst nach längerfristiger Betrachtung bewertet werden kann (Seiten 10 und 11). Diese längerfristige Bewertung unterbleibt jedoch auch. Festzustellen ist, dass sich diese negative Entwicklung in den Folgejahren fortgesetzt hat. Damit ist die asymmetrische Entwicklung für das Jahr 2001 belegt und sie müsste bereits für das Jahr 2001 anerkannt und nicht als Momentaufnahme „heruntergespielt“ werden.

Auffällig ist, dass im Gutachten (Seite 10 Abs. 1) zu den Finanzierungssalden die Wirkungen eventueller Konsolidierungsmaßnahmen des Landes bei gleichzeitig (aus Sicht des Gutachters) unterbliebenen Konsolidierungsmaßnahmen der Kommunen erwähnt und in Folge sinngemäß die Kommunen als „Trittbrettfahrer“ bezeichnet werden. Die Realität ist reziprok: Die Städte und Gemeinden konsolidieren seit Jahren ihre Haushalte. Dazu gehören unter anderem ein Stellenabbau mit betriebsbedingten Kündigungen, Arbeitszeitreduzierungen ohne Lohnausgleich und Haustarifverträge zum Tagesgeschäft, während das Land aktuell beispielsweise betriebsbedingte Kündigungen erneut und das bis in das Jahr 2009 hinein ausschließen will.

Nach den gutachtlichen Berechnungen (Seite 13, Tabelle II.2a) sind die bereinigten Einnahmen für das Land gestiegen. Gleichzeitig haben sich die Ausgaben des Landes weiter erhöht. Von diesen Ausgabenerhöhungen haben die Städte und Gemeinden jedoch nicht profitiert. Im Gegenteil: Trotz der Ausgabenerhöhung sind die investiven Ausgaben des Landes gesunken. Gesunken sind auch die Zuweisungen des Landes an die Kommunen und zwar allein von 1998 bis 2001 um rund 54 € je Einwohner, mithin um knapp 10 % der Schlüsselzuweisungen. Auch diese negative Entwicklung hat sich seit 2001 fortgesetzt.

Die „Trittbrettfahrerargumentation“ kehrt sich also eher um.

II.2 Verschuldung und Zinsausgaben (Gutachten Seiten 17 ff.)


Der sich insbesondere im Jahr 2001 deutlich abzeichnende Rückgang von Zuweisungen des Landes hat sich in den Folgejahren fortgesetzt. Gleichermaßen hat sich auch der Zwang der Städte und Gemeinden zur Aufnahme von Kassen(verstärkungs)krediten fortgesetzt: Im laufenden Haushaltsjahr 2003 werden aufgrund dieser Entwicklung in der Summe der Ausgaben aller Städte und Gemeinden selbst Pflichtaufgaben mit Kassenkrediten zu finanzieren sein. Die gutachtliche Aussage, die Gemeinden würden die zum Ausgleich vorübergehender Schwankungen der Kassenlage vorgesehenen Kassenkredite zunehmend als „dauerhaftes“ Finanzierungsinstrument „nutzen“, spiegelt diese dramatische Entwicklung der gemeindlichen Haushaltslage nicht einmal ansatzweise zutreffend wieder: Die Gemeinden „nutzen“ die Kassenkredite nicht als Finanzierungsinstrument: Sie werden zu diesem Finanzierungsinstrument aufgrund ihrer Unterfinanzierung strukturell gezwungen!

Die weiteren gutachtlichen Ausführungen über den überproportional hohen Schuldenstand des Landes (Seiten 19 ff.) machen deutlich, dass die Zinslasten die Gestaltungsmöglichkeiten des Landes einschränken. Im Vergleich zum überproportional niedrigen Schuldenstand auf kommunaler Ebene muss aber verdeutlicht werden, dass die Fehlentwicklung auf der Landesseite nicht zu Lasten der Städte und Gemeinden dargestellt werden darf. Dies unterbleibt in den gutachtlichen Aussagen, die lediglich davon sprechen, dass der Gestaltungsspielraum des Landes auch in Bezug auf die Leistungen an die Kommunen erheblich eingeschränkt ist (Seite 20 Abs. 1).

II.3.2 Analyse ausgewählter Einnahmearten (Gutachten Seiten 32 ff.)


b) Steueraufkommen (Gutachten Seiten 33 ff.)


Die gutachtlichen Ausführungen, die unter „Steueraufkommen“ an dieser Stelle für den kommunalen Bereich erstmals die extrem negative Steueraufkommensentwicklung beschreiben, können von uns unterstützt werden. Allerdings ist die Fortsetzung der gutachtlichen Argumentationskette nicht schlüssig, nach der eine analoge Darstellung der Steuerentwicklung für die Landesebene aufgrund des bundesstaatlichen Finanzausgleichs nicht sinnvoll sein soll. Wir bestehen gerade wegen des ausgleichenden bundesstaatlichen Finanzausgleichs darauf, dass das Land die gemeindliche Ebene an seine eigenen Einnahmen unter Betracht dieser Ausgleichsfunktion ebenfalls ausgleichend beteiligt. Dabei muss das Land die „negative Steueraufkommensentwicklung“ bei der Festsetzung der Verbundquote in ganz besonderer Weise berücksichtigen.

c) Bereinigte Einnahmen (Gutachten Seiten 36 ff.)

Hervorheben müssen wir die Ausführungen über die sinkenden Einnahmen der Kapitalrechnung auf kommunaler Ebene, die aufzeigen, dass den Kommunen allein von 1998 bis 2001 die investiven Zuweisungen um 60 € je Einwohner gekürzt wurden. Verbunden mit dem Rückgang kommunaler Vermögensveräußerungen von 50 € je Einwohner, der fast ausschließlich im mittlerweile zu verzeichnenden „Ausverkauf“ kommunalen Vermögens seine Ursache hat, und dem weiteren Rückgang sonstiger investiver Einnahmen von 10 € je Einwohner fehlen den Kommunen insgesamt rund 120 € je Einwohner, die der Größenordnung nach gerundet 20 % der Schlüsselzuweisungen ausmachen. Gleichzeitig sind jedoch die Einnahmen des Landes in gleicher Höhe und damit um ebenfalls 120 € je Einwohner gestiegen!

Diese gegenläufige Saldenentwicklung wird gutachtlich nur als „Indikator“ für eine einnahmenseitige Asymmetrie zu Ungunsten der Kommunen bezeichnet (Seite 43 Abs. 1). Wir hingegen sehen hier eine offensichtlich bestehende Fehlentwicklung in der Finanzverteilung, die eine nennenswerte Anhebung der Verbundquote geradezu aufdrängt.

II.5 Zusammenfassendes gutachtliches Fazit (Gutachten Seiten 53 ff.)


Das gutachtlich gezogene Fazit, nach dem in den letzten Jahren auf der kommunalen Ebene keine Konsolidierungsfortschritte mehr erzielt und die kommunalen Haushalte mit erheblichen Personalüberhängen belastet seien, kann von uns nicht nachvollzogen werden: Dieses Fazit steht im eklatanten Widerspruch sowohl zu den Aussagen in der Studie des Kommunalwissenschaftlichen Instituts der Universität Potsdam „Personal in Land und Gemeinden Brandenburgs (Arbeitsheft 1(2000)) als auch zu den Aussagen im Kommunalbericht 2002 des Landesrechnungshofs Brandenburg.

Die weiteren gutachtlichen Ausführungen, nach denen das Versorgungsniveau in den Kitas „dramatisch“ über den Vergleichswerten der übrigen ostdeutschen Länder liegt, sind für uns vollkommen unverständlich. Wieso bewertet der Gutachter das Versorgungsniveau mit dramatisch, ohne dann jedoch auf die überproportionalen gesetzlichen Standards des Landes einzugehen? Hier wird an einer der kostenträchtigsten Aufgaben deutlich, wie einseitig das Datenmaterial zuungunsten der kommunalen Ebene bewertet wird. Richtig ist lediglich die gutachtliche Feststellung, nach der die Städte und Gemeinden die Hauptlast der Finanzierung der Kita-Kosten zu tragen haben. Nicht zutreffend ist hingegen die im Fazit dann folgende Feststellung, diese Finanzierungslast sei dann kein Problem, wenn es Aufgabenbereiche mit kompensierenden geringeren Ausgaben geben würde. Die so dargestellte Auffassung lässt unberücksichtigt, dass das Versorgungsniveau seine Ursache nicht in der Aufgabengestaltung der Gemeinden, sondern, wie oben genannt, in der Gesetzgebung des Landes hat, die innerhalb der Symmetriebetrachtung eine ausschließlich auf diese Aufgabe bezogene Kostenbetrachtung erforderlich macht, jedoch mit der vorgenommenen Bewertung vollständig unterbleibt.

In diesem Zusammenhang nicht sachgerecht ist der gutachtlich vorgenommene Vergleich der Kita-Ausgaben in Bezug auf die Einwohner. Diese Betrachtung wird den Brandenburger Verhältnissen in keiner Weise gerecht. Sachgerecht ist bei einem Ländervergleich ausschließlich ein Vergleich der zur Anzahl der Kinder im Kita-Alter, für die die Kommunen Kita-Plätze vorhalten müssen. Brandenburg hat im Verhältnis zu seinen Einwohnern bundesweit seit 1999 den höchsten Anteil an Kindern im Kita-Alter. Also muss Brandenburg zwangsläufig im Ländervergleich die höchsten Kita-Ausgaben haben und diese sind dann im Vergleich nicht dramatisch. Dramatisch ist lediglich, dass das Land die Mitfinanzierung der Kindertagesstättenbetreuung immer mehr einschränkt. Dramatisch ist auch, dass das Land dabei übersieht, dass diese Kinder zu den Landeseinwohnern und Landeseinwohnerinnen zählen, für die das Land im Finanzausgleich vom Bund Steueranteile erhält!

III.1 Vergleich der Kommunalisierungsgrade nach Aufgabenbereichen (Gutachten Seiten 45 ff.)


In den vergleichenden Betrachtungen vermissen wir die Unterscheidung der laufenden Ausgaben der Gemeinden zwischen den Ausgaben für übertragene Aufgaben und den Aufgaben der freiwilligen Selbstverwaltung.

Für den Bereich der öffentlichen Sicherheit (Gutachten Seite 60) können wir die gutachtliche Annahme, nach der die sinkenden Investitionsausgaben des Brandschutzes aus einem zunehmend gedeckten Nachholbedarf geschlossen werden, nicht bestätigen. Es gibt innerhalb des Brandschutzes weiterhin erheblichen Investitions(nachhol)bedarf, der allerdings von den Städten und Gemeinden zurzeit überhaupt nicht finanziert werden kann und nur deshalb unterbleibt.

Für den alle Schulbereiche erfassenden massiven Schülerrückgang wird im Gutachten für die Kosten der Schülerbeförderung tendenziell mit einem Rückgang gerechnet (Seite 60). Eine rückläufige Tendenz können wir allerdings nicht feststellen. Dies liegt in erster Linie daran, dass die von Schülerzahlen unbeeinflussten Fixkosten insbesondere in den überwiegend ländlich geprägten Bereichen gleich bleiben, beziehungsweise mit der Preisentwicklung erheblich gestiegen sind und sogar noch weiter steigen werden. Darüber hinaus ist zu konstatieren, dass geringer besetzte Schulbusse nicht unbedingt billiger betrieben werden können, die spezifischen Kosten steigen sogar.

Die gutachtlichen Aussagen über den höchsten Zuschussbedarf für die soziale Sicherung (Seite 60) sind zutreffend. Die gutachtlich durch die Gemeindefinanzreform in Aussicht genommenen Entlastungseffekte zeichnen sich jedoch nicht ab und der zum Jahresende im Vermittlungsausschuss anstehende Kompromiss wird für 2004 - egal wie er ausgehen wird – nicht kassenwirksam werden. In Folge müssen diese Lasten im kommunalen Finanzausgleich berücksichtigt werden.

Die gutachtliche „Analyse“ der Ausgabenentwicklung der Aufgabenbereiche der Landesebene (Seite 66) überzeugt uns nicht und wir halten die Einbeziehung dieser Analyse allein wegen des nicht betrachteten Jahres 2000 für methodisch falsch. Ungeachtet dessen ist aber in dieser Analyse (Tabelle III.11, Seite 66) auffällig, dass sich das Land im Bereich der Kultur im Betrachtungszeitraum bis 1999 die höchsten Mehrausgaben leistet, während im gleichen Zeitraum die Ausgaben für schulische und vorschulische Bildung am höchsten zurückgehen. Dies belegt unsere bisherige Einschätzung, nach der sich das Land zunehmend im Bereich von eigenen „freiwilligen“ Aufgaben betätigt, während es gleichzeitig Finanzzuweisungen im Sinne eines verfassungskonformen Finanzausgleichs zu Lasten der Städte und Gemeinden kürzt.

III.3 Zusammenfassende gutachtliche Schlussfolgerungen (Gutachten Seiten 67 ff.) und IV Zusammenfassende gutachtliche Bewertung (Gutachten Seite 72)


Aus den vorstehenden Gründen müssen wir die gutachtlich zusammenfassenden Schlussfolgerungen (Seiten 67 und 68), nach denen in den Jahren 1998 bis 2000 aufgrund der Ausgabenentwicklung keine Hinweise für eine unzureichende Finanzausstattung vorgelegen haben sollen, ablehnen.

„Gewisse Verdachtsmomente“ in Richtung eines Verteilungskorrekturbedarfs werden gutachtlich nur bezogen auf die asymmetrisch verlaufende Einnahmeentwicklung gesehen. Diese Formulierung zeigt nach unserer Einschätzung, dass es dem Gutachter sehr schwer fällt, die offensichtliche Ungleichbehandlung der Städte und Gemeinden gegenüber dem Ministerium des Innern und dem Ministerium der Finanzen als Auftraggeber des Gutachtens zweifelsfrei zu beschreiben.

IV Zusammenfassung der vorgelegten Befunde (Gutachten Seiten 72 ff.)

Die Ungleichbehandlung der Städte und Gemeinden wird gutachtlich erst in der Zusammenfassung der vorgelegten Befunde (Seite 72) zutreffend unter anderem damit beschrieben, „dass die Brandenburger Kommunen im Zeitraum von 1998 bis 2001 schlechter „abgeschnitten“ haben als die Kommunen in allen anderen neuen Ländern“, wobei diese Schlechterstellung mit dem Haushaltsjahr 2001 begründete wird.

Damit wird Jahre später unsere Kritik am Entwurf des Gemeindefinanzierungsgesetzes 2001 gutachtlich bestätigt: Mit unserer Stellungnahme gegenüber dem Ministerium des Innern hatten wir am 13.11.2000 zur Verhinderung dieser Ungleichbehandlung die Festsetzung einer Verbundquote von 27,77 % eingefordert. Mit der seinerzeitigen Festsetzung der Verbundquote von 25 % sind nach unseren Berechnungen Ungleichbehandlungen gegenüber den Kommunen in einer Größenordnung von rund 187 Mio. € allein im Jahr 2001 entstanden. Hiervon abweichend wird gutachtlich für das Jahr 2001 jedoch die Festsetzung einer Verbundquote von nur 25,3 % für richtig erachtet (Seite 76). Allerdings lässt die gutachtliche Berechnung den tatsächlich unterschiedlichen Stand der Umsetzung von Konsolidierungsmaßnahmen auf der jeweiligen Ebene des Landes und der Städte und Gemeinden und darüber hinaus die vorstehend im einzelnen beschriebenen Umstände unbewertet, so dass wir unsere seinerzeitige Forderung weiterhin für richtig halten.

V.2 Entwicklung der Zuschussquoten (Gutachten Seite 81 ff.)


Die gutachtlichen Ausführungen zu den Zuschussquoten innerhalb der Einzelpläne auf der Ebene der kreisfreien Städte (Seite 81) belegen ebenfalls unsere bisherigen Einschätzungen, nach denen die kreisfreien Städte insbesondere in der Sozialen Sicherung signifikant hohe Ausgabesteigerungen zu verzeichnen hatten und weiter haben. Nicht unterstützen können wir allerdings die gutachtliche Feststellung, nach der der Kita-Bereich wesentlich größere kommunale Gestaltungsmöglichkeiten zulässt, als der Bereich der bundesgesetzlich regulierten Sozialhilfe, weil der Kita-Bereich durch Landesrecht ebenfalls „durchreguliert“ und die Anzahl der Kinder im Kindertagesstättenalter die Vorhaltung entsprechender Kita-Angebote erzwingt.

Zusammenfassung


Die gutachtliche Zusammenfassung (Seite 94), nach der die vorgelegten Daten und Fakten eine Anpassung der Verbundquote rechtfertigen, wird von uns dem Grunde nach geteilt. Aus den von mir genannten Gründen muss jedoch die Verbundquote auf 28,3 % festgesetzt werden. Ansonsten würde sich das Land an der Verteilung der Steuereinnahmen nach unseren Berechnungen zu Lasten der Kommunen mit rund 14 % bereichern, was einer Summe von rund 195 Mio. € entspricht. Bei einer Festsetzung auf 28,3 % kann die von mir eingangs erwähnte Nachsteuerungsmasse selbstverständlich entfallen.

Und damit leite ich über zum dritten Punkt unserer Kritik, der vorgesehenen Finanzierung der Investitionsmittel:

III – Pauschalierte Förderung investiver Maßnahmen


Wir sind nicht damit einverstanden, dass die besonderen Investitionsmittel für die Regionalen Entwicklungszentren aus der Verbundmasse finanziert werden und fordern eine Erhöhung der Mittel um 45 Mio. € bei gleichzeitiger Umschichtung in die Schlüsselmasse.


Diese Forderung begründen wir wie folgt:


Zum Abbau teilungsbedingter Sonderlasten und zum Ausgleich unterproportionaler Finanzkraft erhält das Land vom Bund nach § 11 Abs. 4 des durch das Solidarpaktfortführungsgesetz geänderten Finanzausgleichsgesetzes von 2002 bis 2004 jeweils rund 1.493,5 Mio. € Sonderbedarf-Bundesergänzungszuweisungen. Diese Zuweisungen müssen innerhalb der Finanzausgleichsbeziehungen zwingender Gegenstand von Betrachtungen der Gemeindefinanzierungsgesetze sein.

Die Zuweisungen sind nach den uns vorliegenden Berechnungen in 2002 und 2003 jedoch nur mit 1.014,9 Mio. € in die Verbundgrundlagen eingeflossen. Damit stehen aus unserer Sicht für die Vergangenheit noch Finanzmittel von rund 957 Mio. € ungeklärt im Raum. Ungeklärt ist auch die Verwendung dieser Mittel. Wir können aus der Begründung zum GFG-Entwurf 2004 nicht erkennen, dass für die Investitionsförderung, die jetzt in § 17 zusammengefasst werden soll, eine auskömmliche Gegenfinanzierung aus Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen vorgesehen ist. Zudem sieht der Regierungsentwurf eine viel zu geringe unmittelbare Beteiligung der Kommunen an diesen Mitteln vor. Des Weiteren hat die Landesregierung die Städte und Gemeinden bisher überhaupt nicht an der vom Bund geforderten Fortschrittsberichterstattung beteiligt, obwohl wir dies gegenüber dem Ministerium der Finanzen mehrfach eingefordert haben. Wir haben also den begründeten Verdacht, dass die seit 2002 vom Bund ohne Zweckbindung ausgereichten Mittel vom Land „verfrühstückt“ werden und in Folge die unterproportionale Finanzkraft der Städte und Gemeinden mit diesen Mitteln gar nicht gestärkt und der nach wie vor bestehende Investitionsnachholbedarf nicht befriedigt werden kann. Wir fordern daher, dass diese Mittel ohne Zweckbindung in angemessener Höhe an die Kommunen weitergeleitet werden. Dafür gibt der Regierungsentwurf keine Anzeichen, so dass hier erheblicher Handlungsbedarf für eine Korrektur besteht.

Dieser besteht auch unter Berücksichtigung der Zahlungen in den anderen ostdeutschen Bundesländern, die die Kommunen an den Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen mit einer Quote von 34 % (Thüringen), 35 % (Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern) und 45 % (Sachsen) und damit um mehr als 10-20 % höher, als von der Landesregierung Brandenburg beabsichtigt, beteiligen.

Wir gehen nach allem aufgrund unserer Bewertung des Symmetriegutachtens und aufgrund der Verpflichtungen des Landes zur Beteiligung der Städte und Gemeinden an den Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen davon aus, dass das Gemeindefinanzierungsgesetz 2004 nur dann verfassungskonform zustande kommen kann, wenn

für 2004 eine Verbundquote von 28,3 % festgesetzt wird und
die besonderen Investitionsmittel nach § 17 Abs. GFG-Entwurf 2004 von 70 Mio. € zusammen mit weiteren zweckfrei zur Verfügung zu stellenden 45 Mio. € nicht aus der Verbundmasse, sondern aus Aufstockungsbeträgen aus dem Landeshaushalt finanziert werden.

Unsere Mitgliedschaft ist nach Vorberatungen im Präsidium fest entschlossen, das Gemeindefinanzierungsgesetz 2004 mit einer Verfassungsbeschwerde anzugreifen, wenn der Regierungsentwurf von Ihnen nicht im Sinne unserer Forderungen korrigiert wird, worum ich Sie bitte.


Abschließend weise ich auf unsere weiteren Änderungsvorstellungen zu einzelnen Vorschriften des Gesetzentwurfs hin:

IV – Zu einzelnen Bestimmungen des Gesetzentwurfs


Zu § 1 – Zuweisungen des Landes an die Gemeinden und Landkreise


Wir regen an, die in § 1 beschriebenen und gegenüber den Vorjahresgesetzen unverändert gebliebenen Grundsätze des Finanzausgleichs zu ergänzen:

In § 1 Abs. 1 sollte der Grundsatz der Kostenverantwortung des Landes für übertragene Aufgaben aufgenommen werden. Die bisher verwandte Formulierung vermittelt den falschen Eindruck, Kostenträger für übertragene Aufgaben seien zunächst die Kommunen, soweit durch Gesetz nichts Anderes bestimmt ist. Die Landesverfassung bestimmt jedoch für übertragene Aufgaben als Bindung für gesetzliche Regelungen und damit als verfassungsrechtlich zu beachtenden Grundsatz die Kostenverantwortung des Landes (Grundsatz der strikten Konnexität nach Art. 97 Abs. 3).

Vorstehendes gilt sinngemäß auch für § 1 Abs. 3, der immer noch den Grundsatz eines nur anteiligen Kostenausgleichs für übertragene Aufgaben vorsieht.

In § 1 Abs. 4 muss der geforderte Anspruch der Kommunen am Anteil der Sonderbedarfbundesergänzungszuweisungen aufgenommen werden.

§ 2 – Allgemeiner Steuerverbund


Die in Abs. 1 vorgesehene Verbundquote ist von 25,3 % auf 28,3 % - wie ausgeführt – zu erhöhen.

Zu § 7 - Aufteilung der Schlüsselmasse


a) Familienleistungsausgleich


Die wiederum beabsichtigte Einbeziehung des Familienleistungsausgleichs in die Verbundmasse und anschließende Aufteilung der Schlüsselmasse unter Einbeziehung der Landkreise lehnen wir erneut ab. Der Familienleistungsausgleich steht als Ausgleichsbetrag allein den Städten und Gemeinden zu. Der Betrag erhöht zudem die Kreisumlage, so dass die kreisangehörigen Städte und Gemeinden durch die vorgesehene Einbeziehung ohne ersichtliche Rechtfertigung erneut doppelt belastet werden sollen. Wir fordern deshalb, die Mittel nach § 7 Abs. 2 nicht in die Verbundmasse aufzunehmen, sondern unmittelbar und ausschließlich auf die kreisfreien Städte und die kreisangehörigen Gemeinden zu verteilen.

b) Schülerfahrtkosten

Die bisherige Zweckbindung der Finanzierung der Schülerfahrtkosten über den Schullastenausgleich wurde zugunsten einer Überführung dieser Mittel in die Schlüsselmasse aufgegeben und soll nun bei der Verteilung der Mittel als Vorwegabzug zugunsten der kreisfreien Städte und Landkreise als Kostenträger der Schülerbeförderung berücksichtigt werden. Dieses Vorgehen entspricht unserer grundsätzlichen Forderung, Zweckbindungen weitgehend aufzugeben. Allerdings unterlag die bisherige Zweckbindung nach § 15 GFG anderen Verteilungskriterien, als dies bei der Verteilung der Schlüsselmasse der Fall ist. Aufgrund der Tatsache, dass die kreisfreien Städte im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung mehr Schüler zu befördern haben, als die Landkreise, muss eine geänderte Verteilung schlüssig begründet werden und dabei insbesondere insoweit gewichtete Schüleranteile berücksichtigen. Diese Begründung fehlt im Gesetzentwurf völlig, so dass wir der Mittelumschichtung allein aus diesem Grunde widersprechen müssen.

Ebenfalls müssen wir der vorgesehenen Kürzung des Aufstockungsbetrages aus Landesmitteln widersprechen, weil diese einmal mehr zu Kostensteigerungen auf der kommunalen Ebene führen wird.

Zu § 9 - Ermittlung der Steuerkraftmesszahl


Die erneut vorgesehene Anwendung eines Vervielfältigers zur Ermittlung der Steuerkraftzahlen auf der Basis eines landeseinheitlichen Hebesatzes wird vom Grundsatz her von uns weiterhin befürwortet.

Allerdings hat sich bei den Gemeinden der Bedarf herausgestellt, rückwirkend auf Veränderungen innerhalb des Landesdurchschnitts reagieren zu müssen, um die aus dieser Neuregelung teilweise erheblichen Verluste an Schlüsselzuweisungen zu vermeiden. Rückwirkende Veränderungen sind jedoch rechtlich ausgeschlossen, so dass in § 9 für die Ermittlung der Steuerkraftmesszahl eine zeitliche Vorverlegung der Berücksichtigung der jeweiligen gemeindlichen Hebesätze vorgesehen werden muss, die Härten und Ungleichbehandlungen im horizontalen Finanzausgleich ausschließt.

Zu § 14 - Theaterpauschale


Mit einer kaum ersichtlichen und damit nicht überzeugenden Begründung sind im Verfahren zum GFG 2002/2003 die Zweckbindungen zur Theaterpauschale ausgeweitet worden, obwohl es im seinerzeitigen Referentenentwurf hierfür noch keinerlei Anzeichen gab. Diese Ausweitung soll im GFG 2004 wiederholt werden.

Wir lehnen dieses Vorgehen ab:


Bisher bestand innerhalb unserer Mitgliedschaft Einigkeit über die Zweckbindung der Theaterpauschale als besondere Zuweisung an die in § 14 bis 2001 im GFG genannten Städte und an den Landkreis Oberspreewald-Lausitz. Eine erneute Ausweitung erzwingt die Feststellung, dass zum einen den Landkreisen nach dem Subsidiaritätsprinzip eine Zuständigkeit für Kultur angesichts der Allzuständigkeit der Gemeinden kaum zukommt. Zum anderen handelt es sich bei der Wahrnehmung kultureller Aufgaben um Aufgaben der freiwilligen Selbstverwaltung, die nicht durch Zweckbindungen eingeschränkt werden darf. Dabei verwundert uns, dass in einer Zeit zugesagten Abbaus von Zweckbindungen deren Ausweitung betrieben wird.

Zu § 15 - Schullastenausgleich


Siehe Ausführungen zu § 7 b) Schülerfahrtkosten.

Zu § 16 - Ausgleichsfonds


Ziffern 1 und 2:


Die Finanzierung der Zuweisungen bei Gemeindegebietsänderungen und die Finanzierung des Ausgleichsfonds für hoch verschuldete Gemeinden aus Mitteln der Verbundmasse müssen wir erneut ablehnen. Bei diesen Aufwendungen handelt es sich um Zuweisungen, die aus mittelbaren oder unmittelbaren Entscheidungen des Landes resultieren und die nicht in die Finanzierungsverantwortung der Solidargemeinschaft der Städte und Gemeinden gestellt werden dürfen. Wir fordern deshalb für diese Zuweisungen eine Erhöhung der Aufstockungsbeträge aus Haushaltsmitteln des Landes.

Die neu aufgenommene Zweckbindung für Mehraufwendungen zur Einführung des „doppischen Rechnungswesens“ lehnen wir entschieden ab: Wir erwarten vom Land, dass es vergleichbar dem Vorbild anderer Bundesländer eigene Haushaltsmittel für den vom Land vorgesehenen Umstrukturierungsprozess zur Verfügung stellt.

Ziffer 3:


Die Zweckbindung für den Schuldenmanagementfonds für Abwassermaßnahmen wird im Entwurf nicht begründet. Aufgrund unserer Erkenntnisse bedarf es jedoch einer sehr ausführlichen Begründung und Rechtfertigung für diese Zweckbindung, weil aus diesem Fonds nach unserer Einschätzung mittlerweile zu Lasten der Solidargemeinschaft teilweise „bodenlos“ gefördert wird, ohne dass sich Entschuldung abzeichnet. Wir fordern daher eine umfassende und transparente Bewertung der bisherigen Förderungen, die eine Betrachtung betriebswirtschaftlich sinnvoller Zweckverbandsauflösungen beziehungsweise –fusionen einschließt, bevor hier weitere Mittel aus der Verbundmasse zur Verfügung gestellt werden.


Zum weggefallenen § 16 a - Stärkung sozialer Dienste


Wir begrüßen den endlich vollzogenen Verzicht auf diese Zweckbindung.

Zu § 17 - Pauschalierte Förderung investiver Maßnahmen


Für das FAG war eine weitestgehende Aufgabe von Zweckbindungen zugesagt. Die Investitionsförderung wurde in Vorbereitung bereits in 2002 und 2003 zugunsten der Schlüsselzuweisungen umgeschichtet. Diese Umschichtung wird mit dem Entwurf um 49 Mio. € zurückgenommen. Diese Mittel fehlen in den Schlüsselzuweisungen.

Des Weiteren fehlen in den Schlüsselzuweisungen weitere 70 Mio. €, weil die (besondere) Investitionsförderung für die kreisfreien Städte, die Landkreise und die Regionalen Entwicklungszentren über die Verbundmasse finanziert werden soll. Diese Finanzierung wird entschieden abgelehnt. Darüber hinaus wird eine Aufstockung und Umschichtung in zweckfreie Mittel – wie eingangs ausgeführt – um 45 Mio. € gefordert.

Zu § 18 - Zuweisungen als Ausgleich für die Wahrnehmung übertragener Aufgaben


Die erneute Anwendung der Verteilungsregelung des Jahres 1999 ist aus unserer Sicht nicht gerechtfertigt, weil diese die insbesondere in den kreisfreien Städten relativ höher gestiegenen Soziallasten unberücksichtigt lassen.

Bezogen auf die Bewertung der Zuweisungen im Hinblick auf die Kostensteigerungen und inhaltlichen Änderungen in der Aufgabenwahrnehmung behalten wir uns eine Ergänzung dieser Stellungnahme ausdrücklich vor.

Zu § 19 - Kostenerstattung für übertragene Aufgaben


Die gegenüber dem Vorjahr der Höhe nach im Wesentlichen unverändert gebliebenen Einzelregelungen berücksichtigen die Kostensteigerungen und die inhaltlichen Änderungen in der Aufgabenwahrnehmung nicht, so dass wir uns hierzu eine Ergänzung ebenfalls ausdrücklich vorbehalten. Dies gilt insbesondere für die in Aussicht genommenen Novellierungen des Naturschutzgesetzes, des Brand- und Katastrophenschutzgesetzes und des Kindertagesstättengesetzes.

Redaktionell weisen wir darauf hin, dass es im Gesetz richtig heißen muss: Gesetz zur Ausführung des Bundessozialhilfegesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 13.02.2003 (GVBl. I S. 182).

Zu § 22 – Kreisumlage


Der beabsichtigten Neuregelung über die Erhebung und Zahlung der Kreisumlage widersprechen wir ausdrücklich. Es besteht keinerlei Bedarf für eine derartige Regelung, weil es Rechtsunsicherheiten zur Zahlung der Kreisumlage überhaupt nicht gibt. Es gibt einzig das Problem, dass die Gemeinden aufgrund unzureichender Finanzausstattung im Einzelfall auf eine verzögerte Zahlung der Kreisumlage angewiesen sein können. Diese Einzelfälle dürfen jedoch kein Anlass für gesetzliche Neuregelungen sein und schon gar nicht derart, den Gemeinden zusätzlich auch noch Zinslasten aufzubürden und das in unangemessener Höhe.

Das Gemeindefinanzierungsgesetz sollte vielmehr eine auskömmliche Finanzausstattung sichern, die diese Einzelfälle erst gar nicht entstehen lässt.

Zu § 24 – Einwohnerzahl, Gebietsfläche, Gebietsstand


Nach der Begründung des Gesetzentwurfs ist die Vorschrift gegenüber der bisherigen Regelung im Wesentlichen unverändert. Tatsächlich fehlt jedoch die Definition zur Ermittlung der Bevölkerungsdichte, ohne dass dies begründet wird. Wir regen hierzu eine Klarstellung an. Wir weisen hierauf auch deshalb hin, weil vor dem Hintergrund der Gemeindestruktur (und –gebiets) reform die Frage der Notwendigkeit eines künftigen Flächenansatzes für den gemeindlichen Bereich zu beantworten sein wird.

VII Zusammenfassung


Die Städte und Gemeinden in Deutschland stecken in der schwersten Finanzkrise seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland. Bundes- und Landespolitik bürden den Kommunen immer neue Lasten auf – ziehen sich aber immer weiter aus ihrer finanziellen und politischen Verantwortung zurück. Für das Jahr 2003 wird ein Gesamtdefizit von 10 Mrd. Euro für alle deutschen Städte und Gemeinden angenommen, da jedoch die Kassenstatistik bereits Mitte des Jahres ein Defizit von 7 Mrd. Euro auswies, bleibt zu befürchten, dass sich das Gesamtdefizit noch vergrößern wird.
Die dramatische Finanzsituation spitzt sich auch für die Städte und Gemeinden in Brandenburg immer weiter zu. Wenn bereits in Gesetzesbegründungen zum laufenden Gemeindefinanzierungsgesetz von Seiten des Ministeriums des Innern Brandenburg davon ausgegangen wurde, dass die Finanzausgleichsmittel und die eigenen (weiter dramatisch gesunkenen, d.V.) Einnahmen gerade mal zur Erfüllung der pflichtigen Aufgaben ausreichen, wird allein hiermit belegt, dass die Brandenburger Städte und Gemeinden bereits deutlich unterfinanziert wurden. Bei weiter ungebremst und überproportional angestiegenen und ansteigenden sozialen Lasten für die Kommunen von jährlich annährend 10 % und beabsichtigten weiteren Kürzungen der Finanzausgleichsmittel von 160 Mio. Euro gegenüber dem bereits als nicht auskömmlich festgestellten Gesetzentwurf des Innenministeriums würde sich diese Situation weiter dramatisch zuspitzen und dem Auftrag der Landesverfassung in jedweder Hinsicht widersprechen.

Mit seiner Stellungnahme hat der Städte- und Gemeindebund Brandenburg dieses analytisch nachgewiesen und, wie in den Vorjahren, konstruktive Vorschläge unterbreitet, wie durch entsprechende Umschichtungen, aber auch die erneut einzufordernden und endlich umzusetzenden Einsparpotentiale des Landes eine angemessene Finanzausstattung der Kommunen verfassungsgemäß sichergestellt werden kann.
Der ehemalige Ministerpräsident unseres Landes, Dr. Manfred Stolpe, sagte auf dem Deutschen Gemeindekongress 1995 in Cottbus, dem Land könne es nur so gut gehen, wie seinen Gemeinden. Dem ist nichts hinzuzufügen!

Az: 914-02