Mitteilungen 01/2008, Seite 14, Nr. 7
Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes über den Rettungsdienst im Land Brandenburg
Das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie bereitet seit dem vergangenen Jahr eine Änderung des brandenburgischen Rettungsdienstgesetzes vor. Zum überarbeiteten Referentenentwurf hat der Städte- und Gemeindebund Brandenburg am 7. Januar 2008 eine Stellungnahme abgegeben, die nachfolgend abgedruckt wird. Der Referentenentwurf geht davon aus, bei der Wasserrettung handele es sich nicht um eine Aufgabe des Rettungsdienstes. Vielmehr nimmt das Ministerium an, die Wasserrettung zähle zu den Aufgaben der Träger des Brandschutzes. Diese Änderung lehnt der Städte- und Gemeindebund ab.
„Haben Sie vielen Dank für die Zusendung des vollständig überarbeiteten Entwurfs eines Gesetzes über den Rettungsdienst im Land Brandenburg und dafür, dass Sie uns Gelegenheit zur Stellungnahme geben.
Die überarbeitete Fassung des Entwurfs hat eine Reihe unserer Hinweise aus unserem Schreiben vom 30. August 2007 zu dem ersten Entwurf aufgenommen. Gleichwohl sind auch zu diesem Gesetzentwurf kritische Anmerkungen zu machen.
Bevor wir nachfolgend unsere Stellungnahme abgeben, dürfen wir darauf hinweisen, dass tournusgemäße Sitzungen unseres Präsidiums nicht erreicht werden konnten, so dass wir uns mögliche Änderungen oder Ergänzungen unserer Stellungnahme vorbehalten müssen.
I.
Der uns vorliegende Gesetzentwurf sieht den bodengebundenen Rettungsdienst als eine pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe der Landkreise und kreisfreien Städte an. Dies entspricht unserer Auffassung.
Gleichwohl werden in dem Gesetzentwurf eine Reihe von Normen und Standards für die Aufgabenwahrnehmung der Kommunen und Ermächtigungsgrundlagen für weitergehende Vorschriften des Landes gegenüber den Kommunen formuliert, die über das derzeit geltende Rettungsdienstgesetz hinausgehen.
a) Zur Begründung führen Sie an, Art. 12 Abs. 4 LV verlange eine Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen, woraus sich aus Sicht Ihres Hauses ein Regelungsbedarf ableite. Diese Begründung greift jedoch nicht und kann zur Rechtfertigung von Eingriffen in die kommunale Selbstverwaltung und für ein Durchregulieren seitens des Landes nicht herangezogen werden.
Art. 12 Abs. 4 LV ist nicht anwendbar, weil die Vorschrift sich konkret auf die Lebensbedingungen für behinderte Menschen bezieht. Artikel 12 LV befaßt sich mit den Gleichheits- und Gleichbehandlungsrechten des Einzelnen. Aus diesem Artikel einen umfassenden Regelungsbedarf für das Land abzuleiten, geht an der Landesverfassung und dem Verhältnis zwischen Land und Kommunen vorbei.
Soweit im Grundgesetz der Begriff der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse verwendet wird, heißt dies im Übrigen nicht, dass im ganzen Bundesgebiet überall alles gleich sein muß.
Die Tatsache, dass es sich bei der Aufgabe des Rettungsdienstes um eine kommunale Aufgabe handelt, führt zwangläufig und verfassungsrechtlich gewollt dazu, dass Unterschiedlichkeiten in der Aufgabenwahrnehmung bestehen. Die Unterschiede liegen einerseits darin begründet, dass die Gebietskörperschaften selbst über unterschiedliche Lebensverhältnisse verfügen. Im städtischen Raum beispielsweise wird die Einwohnerzahl pro Rettungswache höher sein als im dünn besiedelten Raum eines Landkreises. Auch innerhalb einer Gebietskörperschaft wird der Rettungsdienst nicht in allen Teilen beispielsweise eines Landkreises einheitlich durchgeführt werden können.
Die Heranziehung des Begriffs der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse vermag auch deshalb einen erhöhten Regelungsbedarf nicht zu begründen, weil Landesregierung und Landtag die Unterschiedlichkeit der Regionen an anderer Stelle durchaus nicht als Problem ansehen. So konzentriert sich die Förderpolitik des Landes auf die Förderung von Projekten in zentralen Orten. Der ländliche Raum wird aus zahlreichen Förderprogrammen ausgeschlossen. Mitglieder der Landesregierung weisen die Bevölkerung offensiv darauf hin, dass in den kleineren Städten und in kleineren Gemeinden in dünner besiedelten Gegenden Brandenburgs kommunale oder staatliche oder private Leistungen zukünftig nicht mehr ohne weiteres zu haben sind.
Letztlich können Sie die zahlreichen neuen Regelungen im Entwurf des Rettungsdienstgesetzes auch deshalb nicht auf die Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen stützen, weil Sie damit übersehen, dass es in den Landkreisen und kreisfreien Städten Vertretungskörperschaften gibt, die durch Kommunalwahlen hervorgegangen sind und die selbst bestimmen, wie sie welche Aufgaben erledigen und welche Lebensbedingungen sie anstreben wollen.
Soweit also in dem Gesetzentwurf zahlreiche für die Kommunen neue Normen und Standards formuliert sind, lehnen wir diese wegen Überregulierung und wegen Eingriffs in die kommunale Selbstverwaltung ab.
b) Noch aus einem anderen Grunde sind die neuen Normen und Standards sowie die Ermächtigungen des Ministeriums abzulehnen: Der Gesetzesentwurf enthält keine Aussage zu den finanziellen Auswirkungen des Gesetzes auf die Träger des Rettungsdienstes. Werden Gemeinden und Gemeindeverbänden durch Gesetz oder aufgrund Gesetzes zur Erfüllung neuer öffentlicher Aufgaben verpflichtet, so sind dabei Bestimmungen über die Deckung der Kosten zu treffen, Art. 97 Abs. 3 Satz 2 und 3 LV. Der Gesetzesentwurf sieht an zahlreichen Stellen durch Neuregelungen eine Veränderung der Aufgabenwahrnehmung durch die Träger des Rettungsdienstes vor. Wenn das Land derart dichte Vorschriften für die Art und Weise der Aufgabenerledigung schaffen will, wächst ihm eine finanzielle Verantwortung zu, weshalb es einen entsprechenden Kostenausgleich zu schaffen hat. Da das Rettungsdienstgesetz durch den Gesetzgeber vollständig neu in den Blick genommen werden soll und da es eine Erhöhung von Normen und Standards vorsieht, wird die Kostenausgleichsverpflichtung des Landes aus Art. 97 Abs. 3 LV ausgelöst.
Der Hinweis zu § 17 des Gesetzentwurfs, Kosten der Qualitätssicherung etc. könnten über die Rettungsdienstgebühren auf den Verbraucher beziehungsweise auf die Kostenträger umgelegt werden, darf nicht dazu führen, dass der Landesgesetzgeber ohne Rücksicht auf entstehende Kosten in dem Rettungsdienstgesetz alle wünschenswerten Standards formuliert. Dem Landesgesetzgeber kommt hier vielmehr die Verpflichtung zu, durch sinnvolle, sich auf das Notwendige beschränkende Gesetze einen wirtschaftlichen Umgang mit Mitteln der Steuerzahler oder der Sozialversicherung zu ermöglichen. Diese Verpflichtung kommt dem Landesgesetzgeber auch gegenüber den Kommunalpolitikern zu, die letztlich den politischen Druck tragen müssen, wenn die Rettungsdienstgebühren erheblich ansteigen, weil neue Standards einzuhalten sind.
II.
Im Einzelnen:
§ 1 – Anwendungsbereich
§ 2 – Aufgaben des Rettungsdienstes
Mit dem Gesetzentwurf sollen nunmehr die Aufgaben der Wasserrettung aus der Zuständigkeit der Träger des Rettungsdienstes herausgelöst und den Trägern des Brandschutzes zugeordnet werden. Dies wird nicht durch exakte Zuständigkeitsregelungen im Gesetzentwurf formuliert, sondern durch Nebensätze oder in der Begründung zu dem Gesetzentwurf. So heißt es beispielsweise in § 2 Abs. 2 des Gesetzentwurfs, die Träger des Rettungsdienstes sollten mit den Einrichtungen der Wasserrettung zusammenarbeiten.
Der Gesetzentwurf enthält somit implizit eine Aufgabenverlagerung der Wasserrettung zu den Städten und Gemeinden. Dieser Änderung widersprechen wir ausdrücklich. Wir halten die Wasserrettung für einen mit dem Rettungsdienst sachlich verknüpften Teil, der in der Zuständigkeit der Träger des Rettungsdienstes verbleiben sollte. Dieses auch vor dem Hintergrund gewachsener und funktionierender Strukturen - und zwar gemeindeübergreifend.
Sofern Sie trotz aller Einwände an der Aufgabenverlagerung festhalten sollten, ist dies ausdrücklich zu formulieren und sind für die Städte und Gemeinden und deren neue Aufgabe auskömmliche Kostenausgleiche zur Verfügung zu stellen.
In § 3 Abs. 8 und § 4 Abs. 1 des Gesetzentwurfs wären demnach die Fahrzeuge der Wasserrettung sowie die Wasserrettung aufzunehmen.
§ 5 - Rettungsdienstbereiche
Nach § 5 Abs. 2 des Gesetzentwurfs sind in allen Rettungsdienstbereichen die erforderlichen Rettungswachen, Notarztstandorte und sonstigen Einrichtungen des Rettungsdienstes vorzuhalten. Die Rettungswachen, Notarztstandorte und Rettungsfahrzeuge müssen den anerkannten Regeln der Technik und dem Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechen.
Es ist verständlich, wenn Ihr Ressort die höchsten Standards für den Rettungsdienstbereich verlangen möchte. Indessen werden sich die höchsten Standards angesichts der Finanzausstattung der Kommunen und des Landes bereits aus wirtschaftlichen Gründen nicht umsetzen lassen. Sie wissen selbst, dass die Einnahmen des Landes in den zukünftigen Jahren um ein Vielfaches zurückgehen werden. Der Rückgang der Bevölkerung bringt darüber hinaus auch bei den Kommunen einen Rückgang der Einnahmen. Die staatlichen Ausgaben in den kommenden Jahren werden nachwachsende Generationen belasten. Angesichts dieses Ausblicks halten wir es für unverantwortlich, derart hohe fachliche Standards in einem Gesetz festschreiben zu wollen. Die Träger des Rettungsdienstes werden dem Steuerzahler kaum verständlich machen können, dass sie neue Rettungswagen anschaffen, die dem neuesten Stand der Technik entsprechen, obwohl die vorhandenen Rettungswagen für die bestehenden Bedarfe vollständig ausreichen!
Da die finanzielle Lage der Krankenkassen kaum besser sein dürfte, kann auch nicht ernsthaft darauf verwiesen werden, die Ausstattung sei über die Gebühren refinanzierbar.
Es wird daher dringlichst gefordert, es zumindest bei einer Sollvorschrift zu belassen bzw. gänzlich darauf zu verzichten.
§ 7 – Landesrettungsdienstplan
§ 7 Abs. 2 des Gesetzentwurfs enthält neue Tatbestände, die für den Landesrettungsdienstplan zu berücksichtigen sind. Aus der Begründung wird nicht deutlich, welche Absichten Sie mit der Ausweitung der Inhalte des Landesrettungsdienstplans verfolgen.
Die Aufgaben der Notfallrettung und des qualifizierten Krankentransports dürften hinreichend durch das Gesetz selbst festgelegt sein, so dass fraglich ist, welche weiteren Aufgaben in den Landesrettungsdienstplan formuliert werden sollen. Auch soweit durch den Landesrettungsdienstplan Grundsätze für vorbereitende Maßnahmen und Einsatzorganisation zur Bewältigung von Schadensereignissen mit einem Massenanfall von Verletzten oder Erkrankten formuliert werden sollen, ist davon auszugehen, dass hiermit ein Eingriff in die Selbstverwaltungsrechte der kreisfreien Städte und der Landkreise verbunden ist.
Obwohl das Land seit mehreren Jahren das Ziel des Abbaus von Normen und Standards verfolgt, werden hier zusätzliche Vorgaben des Landes für die Kommunen formuliert. Wir lehnen § 7 Abs. 2 des Gesetzentwurfs wegen Überregulierung ab. Allenfalls wäre eine Formulierung im Sinne von § 4 Abs. 3 BbgRettG akzeptabel.
§ 9 – Integrierte Leitstelle
Nach § 9 Abs. 2 des Gesetzentwurfs arbeitet die integrierte Leitstelle mit den für den vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst (Notdienst) nach § 75 Abs. 1 Satz 2 SGB V zuständigen Stellen zusammen. Die integrierten Leitstellen leiten Anrufe, die dem vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst zuzuordnen sind, an die regional, einheitliche Rufnummer des ärztlichen Bereitschaftsdienstes weiter. Dafür hat die Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg den Leitstellen die Bereitschaftsdienstbereiche in ihrer regionalen Ausdehnung und die jeweils zugehörige Rufnummer zur Verfügung zu stellen.
Wir lehnen diese Regelung mangels Bedarfs ab. Soweit Personen, die eine Versorgung durch den ärztlichen Notdienst benötigen, irrtümlicherweise bei der integrierten Leistelle anrufen, wird die Leitstelle die Anrufe von sich aus an den ärztlichen Notdienst weiterleiten. Hierfür bedarf es keiner gesetzlichen Grundlage.
Vielmehr befürchten wir gerade wegen einer solchen gesetzlichen Grundlage einen erhöhten Mißbrauch der Rufnummer der integrierten Leitstelle. Auch aus rein praktischen Gründen wird die Regelung abgelehnt. Es muß mit Überlastungen der Notrufnummern und mit zusätzlicher Arbeit für die Mitarbeiter der integrierten Leitstelle gerechnet werden, die durch die Entscheidung über die jeweilige Zuständigkeit und die Weiterleitung der Anrufe von ihrer eigentlichen Tätigkeit abgehalten werden. Ob diese zusätzliche Arbeit von der Kassenärztlichen Vereinigung finanziert wird, ist mehr als fraglich.
Wir halten eine Vermischung der Zuständigkeiten zwischen dem vertragsärztlichen Notdienst und der Arbeit der Notärzte im Rettungsdienst, wie sie in § 9 Abs. 2 des Gesetzentwurfs angelegt ist, für äußerst bedenklich und lehnen die Vorschrift deshalb ab. Es besteht die Gefahr, dass sich Aufgaben von dem notärztlichen Bereitschaftsdienst auf den Rettungsdienst verlagern. Damit würden – ebenso wie mit § 14 des Gesetzentwurfs – Aufgaben der niedergelassenen Ärzteschaft zu Lasten der Kommunen minimiert. Dies kann unserer Auffassung nach nicht Sinn des Rettungsdienstgesetzes sein. Vielmehr sollte das Ministerium alles Mögliche veranlassen, um die Ärzteschaft zu stärken, damit sie ihre gesetzlichen Aufgaben vollumfänglich wahrnehmen kann - und nach unserer Einschätzung auch will.
§ 10 – Beteiligung Dritter
Fraglich ist, inwieweit das Gesetz nicht an der bisherigen Regelung, die Teilnahme von Dritten an der Notfallrettung über eine Genehmigung zu erlauben, festhalten sollte. Es muss befürchtet werden, dass andernfalls die kreisfreien Städte und Landkreise den strengen Regeln des Vergaberechts der EU unterfallen.
Wegen dieser Bedenken schlagen wir auch vor, in § 10 Abs. 1 Satz 2 von der „Übertragung der Durchführung der Aufgaben“ zu sprechen.
Wir gehen davon aus, dass § 10 Abs. 3 Satz 2 des Gesetzentwurfs dem Träger des Rettungsdienstes für den Fall ein Kündigungsrecht einräumen will, dass der Dritte seine übernommenen Pflichten auf nachfolgende Auftragnehmer übertragen will. Dies wird aus Satz 2 nicht deutlich.
Soweit die Verträge, mit denen ein Dritter zur Durchführung der Vollzugsaufgaben herangezogen wird, nur auf eine Dauer von fünf Jahren abgeschlossen werden dürfen, halten wir diese Frist für zu kurz. Mindestens sollte eine Vertragsdauer von zehn Jahren möglich sein. Das wirtschaftliche Risiko des Dritten ist unserer Auffassung nach bei einer nur fünfjährigen Vertragsdauer zu hoch. Dies wiederum kann dazu führen, dass die Kommunen nicht die erforderliche Qualität der Leistungen vereinbaren können bzw. erhalten.
§ 13 – Massenanfall
§ 13 enthält mannigfache Regelungen für einen Massenanfall von Verletzten und Erkrankten. Wir halten diese Regelungen deshalb für übersteigert, weil nach dem Brand- und Katastrophenschutzgesetz für die Kommunen, die Krankenhäuser und alle anderen Beteiligten bereits Vorschriften der Zusammenarbeit, der Erstellung von Plänen etc. vorgesehen sind. Für den Massenanfall werden nun noch wieder weitere Standards, die zu Doppelungen führen, formuliert. Die Rechtsanwendung wird hierdurch nicht erleichtert. Die Regelungen sind auf das absolut Unerlässliche zu reduzieren.
§ 14 – Personalgestellung
Im Allgemeinen Teil der Begründung heißt es, mit dem Gesetzentwurf wolle das Land auf die aktuellen Entwicklungen reagieren, die gezeigt hätten, dass die notärztliche Versorgung in einigen Regionen des Landes andernfalls künftig nicht in ausreichendem Maße gesichert werden könne.
Wir weisen darauf hin, dass unserer Auffassung nach ein Gesetz diesen Zweck nicht erfüllen kann. Es lässt sich nicht per Gesetz verordnen, dass ausreichend Notärzte vorhanden sind. Dies ließe sich allenfalls erreichen, wenn man den einzelnen Arzt unter Eingriff in seine Rechte aus Art. 12, Art. 2 GG verpflichtete; ein Unterfangen das auch dann scheitert, wenn es nicht ausreichend Ärzte gibt. Wir halten es im Übrigen nicht für opportun, der Bevölkerung zu suggerieren, die notärztliche Versorgung werde durch ein Gesetz gesichert.
Die Verpflichtung, notärztliches Personal zu stellen, soll nach dem Gesetzentwurf zukünftig allein die Träger von Krankenhäusern treffen. Diese Verpflichtung wird somit gänzlich dem stationären Bereich zugeordnet, die Kassenärztliche Vereinigung soll aus ihrer bisherigen Pflicht entlassen werden. Diese Änderung wird von uns abgelehnt und wir schlagen vor, es bei den bisherigen Regelungen zu belassen.
Soweit es in der Gesetzesbegründung heißt, das Land könne die Kassenärztliche Vereinigung nicht verpflichten, ist dies unserer Auffassung nach nicht richtig. Nach § 75 Abs. 1 SGB V umfasst der Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigung auch die vertragsärztliche Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten (Notdienst), nicht jedoch die notärztliche Versorgung im Rahmen des Rettungsdienstes, soweit Landesrecht nichts anderes bestimmt. Es steht Ihnen also frei, die bisherige Regelung im BbgRettG auch in ein neues Gesetz aufzunehmen.
Angesichts des Ärztemangels in Brandenburg, der alle gesundheitlichen Bereiche (niedergelassene Ärzte, stationärer Bereich, öffentlicher Gesundheitsdienst) bereits erfasst hat und sich weiterhin verstärkt auswirken wird, sollte der Gesetzgeber Vorsicht walten lassen und die Verantwortung nicht allein einem für die Gesundheitsversorgung zuständigen Bereich kraft Gesetzes überantworten.
Es versteht sich, dass der einzelne niedergelassene Arzt nicht gegen seinen Willen als Notarzt verpflichtet werden kann. Die kassenärztliche Vereinigung mit der gesamten Ärzteschaft jedoch aus ihrer Verantwortung zu entlassen, halten wir für das absolut falsche Signal zum falschen Zeitpunkt.
§ 14 Abs. 4 des Gesetzentwurfs ist insoweit nicht ausreichend und wird von uns mangels Verpflichtung der Kassenärztlichen Vereinigung abgelehnt.
Welchen Sinn eine Rahmenvereinbarung eines Trägers eines Rettungsdienstes mit der Kassenärztlichen Vereinbarung nach § 14 Abs. 5 Satz 3 des Gesetzentwurfs haben soll, erschließt sich uns nicht. Es ist zweifelhaft, ob die Vorschrift jemals Anwendung finden wird. Da es der Kassenärztlichen Vereinigung und den Trägern des Rettungsdienstes auch ohne eine solche gesetzliche Regelung jederzeit gestattet ist, Verträge miteinander abzuschließen, wird vorgeschlagen, die Regelung mangels Bedarfs ersatzlos zu streichen.
§ 15 – Organisation
§ 15 Abs.1 Satz 1 des Gesetzentwurfs hält nicht fest, wer den Ärztlichen Leiter benennt. Es wird vorgeschlagen, den Satz um das Subjekt „Träger des Rettungsdienstes“ zu ergänzen.
§ 16 – Landesbeirat und Bereichsbeirat
Im Hinblick darauf, dass der Kassenärztlichen Vereinigung nach dem Gesetzentwurf keine Pflichten mehr zukommen sollen, sollte der Kassenärztlichen Vereinigung konsequenterweise eine Mitgliedschaft im Landesbeirat zukünftig nicht mehr eingeräumt werden. Da ihr nach dem Rettungsdienstgesetz keine Pflichten mehr zukommen sollen, ist fraglich, welchen Beitrag sie in den Diskussionen des Landesbeirates sinnvoller Weise leisten könnte.
Vielmehr sollte geprüft werden, inwieweit der Landeskrankenhausgesellschaft Brandenburg die Mitgliedschaft in dem Landesbeirat angetragen werden sollte.
Soweit es in der Begründung zu dieser Vorschrift heißt, in dem Landesbeirat würden Inhalte von grundsätzlicher Bedeutung beraten, die alle Kommunen des Landes betreffen, gehen wir davon aus, dass damit die kreisfreien Städte und die Landkreise gemeint sind und nicht die Städte und Gemeinden. Es wird daher vorgeschlagen, dies entsprechend zu formulieren.
Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass eine Beratung in dem Landesbeirat eine Beteiligung und Einbeziehung des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg nicht entbehrlich machen oder ersetzen kann.
§ 17 Finanzierung des Rettungsdienstes
Die klarstellenden Formulierungen zur Finanzierung des Rettungsdienstes werden begrüßt.
Wir bitten zu prüfen, inwieweit § 17 Abs. 2 Satz 3 des Gesetzentwurfs tatsächlich eine Anhörung der Verbände der Kostenträger „vor Festsetzung der Gebühren“ vorsehen sollte. Unserem Verständnis nach wird im Verwaltungsrecht unter dem Begriff der Festsetzung von Gebühren der eigentliche Kostenbescheid gegenüber demjenigen, der den Rettungsdienst in Anspruch genommen hat, verstanden. Wir gehen davon aus, dass die Verbände der Kostenträger vor dem Erlaß der Satzungen angehört werden, weshalb wir vorschlagen, entsprechend zu formulieren „Vor dem Erlaß von Satzung oder Gebührenordnung sind die Verbände der Kostenträger anzuhören.“.
§ 19 – Dokumentation, Datenschutz, Auskunftspflicht
Nach § 19 Abs. 7 Satz 1 sollen die Träger des Rettungsdienstes verpflichtet werden, dem für den Rettungsdienst zuständigen Ministerium in anonymisierter Form Auskünfte zur Erstellung und Fortschreibung des Landesrettungsdienstplanes und statistische Zwecke zu erteilen. Diese Regelung entspricht der bisherigen Gesetzeslage und sie könnte mit Blick auf Informationsrechte der Rechtsaufsichtsbehörde und mit Blick auf die Erstellung eines Landesrettungsdienstplanes akzeptabel sein.
Abgelehnt wird von uns allerdings § 19 Abs. 7 Satz 2 des Gesetzentwurfs, wonach die für die Qualitätssicherung benötigten Daten zu anonymisieren, auszuwerten und für eine zentrale Auswertung in elektronischer Form zu Verfügung zu stellen sind.
Festzustellen ist, dass die Träger des Rettungsdienstes und nicht das Land für die Qualitätssicherung des bodengebundenen Rettungsdienstes zuständig sind. Dem Land kommt mithin keine Aufgabe der Qualitätssicherung zu, die eine Weitergabe von Daten an das Land rechtfertigen könnte. Eine Fachaufsicht, die die Weitergabe derartiger Daten begründen könnte, steht dem Land nicht zu.
Soweit es in der Begründung zu der Vorschrift heißt, die Ergebnisse der Datensammlungen auf kommunaler Ebene könnten dafür verwendet werden, dass die Landesregierung beurteilen könnte, in welchem Umfang es tatsächlich gelänge, den Rettungsdienst in Brandenburg bedarfsgerecht und flächendeckend zu organisieren oder die Einsatzdaten zentral auszuwerten oder den Kostenträgern konkrete Erkenntnisse über die Effizienz des Systems und seine möglichen Defizite zu bringen, muß darauf hingewiesen werden, dass es sich hierbei um eine reine Möglichkeit handelt.
Tatsächlich kommt dem Land im Bereich des Rettungsdienstes allein eine Rechtsaufsicht zu, die das Land berechtigt, nach pflichtgemäßem Ermessen zu prüfen, ob die Träger des Rettungsdienstes ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachkommen. Ob der einzelne Träger des Rettungsdienstes den Rettungsdienst bedarfsgerecht und flächendeckend organisiert, wird allenfalls im Einzelfall zu prüfen sein. Diese Frage kann nicht zur Begründung dafür herangezogen werden, dass das Land sich eine Ermächtigungsgrundlage dafür schafft, unbeschränkt und unbestimmt Daten von den Trägern des Rettungsdienstes abzufordern.
Auch dürfte es nicht Sache des Landes sein, den Kostenträgern landesweite Auswertungen von Daten Dritter, nämlich der Kommunen, zur Verfügung zu stellen. Eine solche Aufgabe des Landes könnte wegen der Begründung zur Vorschrift § 19 Abs. 7 Satz 3 des Gesetzentwurfs zu entnehmen sein. Eine solche Verpflichtung beziehungsweise Berechtigung des Landes, landesweite Daten an die Kostenträger zu liefern, wird abgelehnt. Die Kostenträger haben allenfalls gegenüber den Trägern des Rettungsdienstes nach § 302 SGB V ein Recht auf Übermittlung von Daten. Wir schlagen vor, in Satz 3 das Subjekt „die Träger des Rettungsdienstes“ einzufügen.
Soweit es in der Begründung weiter heißt, das Ministerium wolle eine Empfehlung für einen landeseinheitlichen Mindest- bzw. Stammdatensatz für die Qualitätssicherung aussprechen, sei bereits jetzt darauf hingewiesen, dass die Träger des Rettungsdienstes nicht verpflichtet werden können, diese Datensätze anzuwenden, denn dies würde einen Eingriff in die Selbstverwaltungsrechte der Kommunen bedeuten.
§ 19 Abs. 7 des Gesetzentwurfs wird nach alledem abgelehnt.
§ 20 – Sonstige Ermächtigungen
§ 20 des Gesetzentwurfs enthält eine weitgehende Ermächtigung der Ministerin, zur Durchführung des Gesetzes Rechtsverordnungen zu erlassen. Die Gesetzesbegründung hierfür fehlt. Daher kann unsererseits nicht eingeschätzt werden, was mit den Ermächtigungsgrundlagen beabsichtigt ist. Neu ist die Ermächtigung, eine Rechtsverordnung zur Ausrüstung und zur Ausstattung der Rettungswachen und Rettungsfahrzeuge zu erlassen. Will das Land hierzu Festlegungen treffen, muß es auch für einen entsprechenden Kostenausgleich Sorge tragen.
Welchen Zweck eine Rechtsverordnung zur Festlegung des Verfahrens nach § 7 haben soll, ist uns nicht verständlich. § 7 des Gesetzentwurfs enthält für den Landesrettungsdienstplan bereits derart viele Festlegungen, dass fraglich ist, welchen Inhalt zusätzlich eine Verordnung haben könnte.
§ 20 des Gesetzentwurfs wird aus vorgenannten Gründen abgelehnt.
§ 21 - Bußgeldvorschriften
Nach dieser Vorschrift sollen bestimmte Zuwiderhandlungen gegen das Rettungsdienstgesetz als Ordnungswidrigkeiten ausgestaltet werden. Da nahezu alle Verpflichtungen des Rettungsdienstgesetzes sich an die Träger des Rettungsdienstes richten, würden diese bei Verstößen gegen das Gesetz Ordnungswidrigkeiten begehen, die sie nach § 21 Abs. 3 des Gesetzentwurfs jeweils selbst zu ahnden hätten.
Da die Städte und die Landkreise an Gesetz und Recht gebunden sind und da es ihnen gegenüber eine Rechtsaufsicht mit speziellen, gesetzlich formulierten Maßnahmen gibt, halten wir § 21 des Gesetzentwurfs für unverhältnismäßig und damit rechtswidrig.
Sollte beabsichtigt sein, Ordnungswidrigkeiten zu formulieren, soweit beauftragte Dritte nach § 10 des Gesetzentwurfs die Aufgaben durchführen, bitten wir Sie, dies auch entsprechend zu formulieren.
§ 22 – Einschränkung von Grundrechten
Der Paragraph müsste ggf. dahingehend formuliert werden: Durch § 19 Abs. 1 bis 5 wird das Grundrecht auf Datenschutz (Art. 11 Abs. 1 der Verfassung des Landes Brandenburg) eingeschränkt.
§ 23 – Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Hier wird vorgeschlagen „nach seiner Verkündung“ zu formulieren.“
Monika Gordes, stellvertretende Geschäftsführerin
Az: 113-06