Mitteilungen 02/2008, Seite 85, Nr. 41
Ausschreibungspflicht kommunaler Grundstücksgeschäfte – Städtetag und Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen veröffentlichen gemeinsame Arbeitshilfe; erste Entscheidung der Vergabekammer Brandenburg
Ausgelöst durch eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 18.01.2007 hat das Oberlandesgericht Düsseldorf in den letzten Monaten in mehreren Verfahren entschieden, dass Grundstücksverkäufe der öffentlichen Hand in bestimmten Konstellationen als öffentliche Bauaufträge im Sinne des Vergaberechts einzustufen sein sollen (vgl. Beitrag in diesem Heft).
Die Rechtssprechung hat zu großer Verunsicherung sowohl auf Seite der Kommunen, als auch der Projektentwickler nicht nur im unmittelbar betroffenen Land Nordrhein-Westfalen geführt. Es ist unklar, wie die kooperativen Instrumente des Städtebaurechts künftig vollziehbar sein sollen. Die Reichweite dieser Entscheidungen ist über die entschiedenen Fälle hinaus noch nicht in allen Einzelheiten absehbar. Insbesondere ist auch noch nicht erkennbar, ob sich Oberlandesgerichte anderer Bundesländer der Auffassung des Oberlandesgerichts Düsseldorf anschließen oder wann die strittigen Rechtsfragen vom Bundesgerichtshof entschieden werden.
Am 15. Februar 2008 hat die Vergabekammer des Landes Brandenburg in einem Verfahren über eine Grundstücksveräußerung (VK 2/08, in diesem Heft) zu einzelnen Aspekten Stellung genommen: Die Kammer folgt in Teilen der Auffassung des OLG Düsseldorf. Sie führt aus, dass in Übereinstimmung mit der Ahlhorn-Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 13. Juni 2007 – Verg 2/07 für das Vorliegen eines öffentlichen Bauauftrages keine Bedarfsdeckung im engeren Sinne erforderlich sei. Voraussetzung sei aber nach wie vor, dass der Auftraggeber zumindest in einem weiteren Sinne einen eigenen Bedarf decken will und deshalb bei wirtschaftsfunktionaler Betrachtung als Nachfrager nach der vertragsgegenständlichen Leistung auftritt. Enthalte ein Grundstückskaufvertrag eine konkrete Bauverpflichtung für den Investor, liege die Annahme eines Beschaffungsbezuges regelmäßig vor. Denn in diesem Fall bestehe eine Verpflichtung zur Durchführung von Baumaßnahmen gemäß den Vorgaben des öffentlichen Auftraggebers.
Aufgrund der direkten Betroffenheit der Kommunen und der großen Schwierigkeiten für die praktische Handhabung von Grundstücksgeschäften und Stadtentwicklungsprojekten unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf haben der Städtetag und der Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen jetzt eine Arbeitshilfe herausgegeben. Sie dient nicht einer rechtspolitischen oder rechtsdogmatischen Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf. Vor dem Hintergrund, dass die neue Rechtssprechung trotz aller Kritik jedenfalls von den Städten und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen zu beachten ist, unternimmt die Arbeitshilfe den Versuch, erste Antworten auf die drängendsten Fragen für die kommunale Praxis zu geben. Dabei wird nicht verkannt, dass man sich vielen Problemen zunächst nur annähern könnte, ohne abschließende Lösungen zu präsentieren.
Nachdem auch im Land Brandenburg viele Städte- und Gemeinden mit den aufgeworfenen Fragen konfrontiert werden, kann die Arbeitshilfe auch hier wichtige Orientierungen liefern.
Freundlicherweise hat sich der Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen damit einverstanden erklärt, die Arbeitshilfe auch den Mitgliedern des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg über unseren Landesverband zugänglich zu machen. Sie kann als Datei von Mitgliedern des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg bei der Landesgeschäftsstelle angefordert werden.
Jens Graf, Referatsleiter
Az: 601-00