MITTEILUNGEN 03/2007
Zusammenfassender Bericht über die Klausurtagung des Landesausschusses des Städte- und Gemeindebundes am 1. und 2. März 2007 in Chorin
Zum zweiten Mal traf sich der Landesausschuss des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg zu einer zweitägigen Klausurtagung, diesmal in Kloster Chorin.
Wie im Vorjahr standen zunächst Kultur und Denkmale auf der Tagesordnung. Der Landesausschuss besichtigte mit großem Interesse seiner Mitglieder das Kloster Chorin unter sachkundiger Führung und Erläuterung dieses historischen Bauwerkes und seiner heutigen Nutzung. Neben dem, über die Grenzen des Landes Brandenburg hinaus bekannten Choriner Musiksommer, stehen eine Vielzahl kultureller und gesellschaftlicher Veranstaltungen im Mittelpunkt der heutigen Nutzung, so auch das gemeindliche Standesamt.
Herr Präsident Werner Große eröffnete am späten Nachmittag des 1. März 2007 die 4. Sitzung des Landesausschusses. Der Amtsdirektor des Amtes Britz-Chorin, Rainer Schneider, gleichzeitig Vorsitzender unserer Kreisarbeitsgemeinschaft in Barnim, hieß die Teilnehmer des Landesausschusses herzlich willkommen.
Zu Beginn des Abends hielt Herr Dirk Greskowiak (KGSt) einen Vortrag über „Interkommunale Zusammenarbeit – ein Erfolgsmodell für die Zukunft!?“ (vgl. PowerPoint-Vortrag im Vortragsteil).
Insbesondere erläuterte Herr Greskowiak die Neudefinition der Leistungserstellung und verwies auf die Notwendigkeit, Kooperationsbilanzen zu erstellen. Hierzu gäbe es Beispieldarstellungen der Bundesverbände DStGB und DST. Öffentliche Dienstleistungen müssten vor dem Hintergrund des demografischen Wandels zukünftig zunehmend im Verbund bereitgestellt werden. 90 Prozent der Bürger sei es egal, woher die Dienstleistungen kämen, im Vordergrund stünden Qualität und kurzfristige Bearbeitungszeiten. Herr Greskowiak verwies allerdings auch auf noch vorhandene Beschränkungen interkommunaler Zusammenarbeit, so durch die Europäische Kommission und die Regelungen der Gemeindeordnungen in den Ländern der Bundesrepublik Deutschland. Er stelle sich allerdings auch die Frage nach dem Können und dem Wollen. Dieses stelle eine der größten Barrieren dar. Dem demografischen Wandel könnten einzelne Gemeinden nicht begegnen. Er stelle sich auch die Frage nach einem möglichen Machtverlust und dem unbedingten Abstimmungsbedarf. In dem Gesamtprozess könne es nicht nur Gewinner geben, dieses müsse klar definiert werden.
Es müssten interkommunale Kriterien entwickelt werden, die gewichtet werden müssten und es müsste mit relativ einfachen Umsetzungen begonnen werden. Hierbei seien die Handlungsfelder und Notwendigkeiten in den Mittelpunkt zu stellen. Darüber hinaus müssten Auswirkungen und Innenwirkungen dargelegt werden. Des Gleichen beträfe auch den Raumbezug.
In der Gesamtbetrachtung stelle Herr Greskowiak im übertragenen Sinne die Handlungsnotwendigkeiten unter das Zitat: „Herr, gib den Deinen die Einsichtsfähigkeit“.
Oberbürgermeister Martin Patzelt eröffnete die Diskussion mit seinem Hinweis auf die Notwendigkeit des Erhalts von Identität und Heimatgefühl bei jedweder interkommunaler Zusammenarbeit. Frau Amtsdirektorin Iris Schülzke ging ihrerseits auf die Entwicklung gemeinsamer Interessenlagen, so zum Beispiel von Bundeswehrstandorten, ein. Auch verwies sie darauf, dass es endlich eine Rückbesinnung auf den tatsächlichen Wirkungskreis der Landkreise, auf ihre eigentliche Ausgleichs- und Ergänzungsfunktion geben müsse.
Geschäftsführer Böttcher verwies auf die angesprochene Identität, die allerdings von Vertretern der kommunalpolitischen Ebene auch hin und wieder als Pseudo-Argumentation ins Feld geführt würde, so zum Beispiel bei zu verzeichnenden Widerständen der Beseitigung von Mehrfachstraßenbenennungen, auch infolge der abgeschlossenen Gemeindestrukturreform. Herr Bürgermeister Thomas Zenker sprach Fallbeispiele für größere Städte an und verwies auch auf die Notwendigkeit größerer Gemeindestrukturen im Einzelfall. Trotzdem müsse die Ansprechpartnerschaft vor Ort erhalten bleiben, ebenso wie die Kultur des Ehrenamtes.
Herr Bürgermeister Philipp ging auf die Problematik von kooperativen Mittelzentren und der ungeklärten Auswirkungen auf das Umland ein.
Herr Präsident Werner Große berichtete auch über noch bestehende Widerstände gegen die Erweiterung interkommunaler Zusammenarbeit am Beispiel eines gemeinsamen Rechnungsprüfungsamtes, welches erst nach siebenmaliger Beantragung genehmigt worden sei.
Im Anschluss folgt ein Vortrag von Dr. Tino Schuppan, Geschäftsführer des Institute for eGovernment Competence Center, Universität Potsdam.
Herr Dr. Schuppan erläuterte „Künftige Aufgaben der Städte, Gemeinden und Ämter vor dem Hintergrund des eGovernment“ (vgl. nachfolgenden PowerPoint-Vortrag). Vor dem Hintergrund des neuen IKT-Potentials würden sich neue Formen der Arbeitsteilung und Lotsenfunktionen ergeben. Die Gesamtzusammenhänge müssten sich auf Bürger- und Kundengruppen als Zielgruppen richten und durch die Verwaltung mit der „Brille des Bürgers“ gesehen werden. Es bestünde Optimierungsnotwendigkeit auf den verschiedenen beteiligten Ebenen, so zum Beispiel für neue Lösungen bei der Zuständigkeit für Kfz-Zulassungen. Nach seinen Erkenntnissen würde das errichtete so genannte Brandenburger Onlineamt (BOA) noch nicht bürgerwirksam und so die geleisteten Investitionen noch nicht rechtfertigen. Auch sei darauf zu verweisen, dass eine Vielzahl der IT-Projekte, sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich scheitern. Widerstände ergäben sich seiner Meinung nach sowohl bei Technologiegläubigen (wollen Probleme suchen, um Lösungen einzusetzen) als auch bei technikfeindlichen und juristischen Bedenkenträgern. Dem stünde allerdings auch oft eine zu große Euphorie gegenüber.
Eine bloße Betrachtungsweise nach Zentralisierung versus Dezentralisierung sei falsch. Es ginge vielmehr um Aufgabensplittungen und Kombinationen. Die flächendeckende Versorgung der öffentlichen Verwaltungen, Unternehmen und der Bürger mit Breitbandangeboten sei ureigenste Infrastruktur, die Dienste im Netz und Dienste aus dem Netz ermöglichen müsse. Die fach- und politischen Promoter müssen da sein und sich auf gemeinsame Lösungen verständigen.
In der Aussprache gingen verschiedene Diskussionsteilnehmer, so Frau Bürgermeisterin Klembt, Frau Amtsdirektorin Schülzke, Herr Amtsdirektor Brandenburg und Herr Präsident Große, auf die verschiedenen Problemstellungen ein. Im Landkreis Potsdam-Mittelmark würde eine Arbeitsgruppe gebildet, die sich mit den unterschiedlichen technischen Zugänglichkeiten beschäftigen solle. Kleinere Gemeinden und Verwaltungen stünden vor dem Problem des Effizienz- und Transparenzdruckes. Allerdings wurde auch darauf verwiesen, dass auch herkömmliche Verfahren beherrscht werden müssten, um neue erfolgreich anzuwenden. Herr Bürgermeister Moser verwies darauf, dass die Ausbildung der Verwaltungsfachangestellten zunehmend auf die Möglichkeiten der Telekommunikationstechniken und des eGovernment ausgerichtet werden müsse, insofern seien beispielsweise die kommunalen Studieninstitute zunehmend gefragt, auch dementsprechende Weiterbildungsangebote verstärkt anzubieten.
Zu Beginn des zweiten Tages der Klausurberatung des Landesausschusses begrüßte Herr Präsident Werner Große Herrn Staatssekretär Burkhard Jungkamp vom Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg. Staatssekretär Jungkamp war gebeten worden, vor dem Hintergrund des demografischen Wandels, insbesondere auf die Auswirkungen der Novelle des Schulgesetzes und Formen und Modelle der interkommunalen Kooperation im Schulbereich sowie gemeinsame Schulträgerschaften und Schulzweckverbände einzugehen. Hierbei standen im Mittelpunkt der Betrachtung auch die Schulentwicklungsplanung und zukünftige Schulstandorte, auch im Zusammenhang mit der Fortschreibung der Landesplanung und Neuausrichtung des Zentrale-Orte-Systems.
Auch Kooperationen im Bereich der Ganztagsschule und –betreuung sowie zwischen Jugendhilfe und Schule und die Zusammenarbeit zwischen Kindertagesstätten und Schule standen im Mittelpunkt des Interesses.
Burkhard Jungkamp ging auf die vorgesehene Änderung der Landesplanung als wesentlichem Ausgangspunkt ein. So genannte „Zweimal fünfzehn Klassen“ in Grundzentren bildeten hierbei bisher die Ausnahme. Die gymnasialen Oberstufen (GOST) wiesen gegenwärtig 41.000 Schüler auf, im Jahr 2013 würde sich diese Zahl auf 15.000 Schüler verringern. Dem gegenwärtigen hohen Zulauf zu Gymnasien stünde ein Wegbrechen der Gesamtschulen mit Sekundarstufe II gegenüber. Hier würden nur 7 und 3 so genannte Sportschulen übrig bleiben. Das GOST-Konzept würde im März im Landtag behandelt werden. Langfristig müsse man sich je Jahrgangsstufe auf ca. 8.000 Schüler einstellen, aus diesem Grunde würde auch eine neue Oberstufenverordnung zurückgestellt. Bei weniger Schülern müsse mit einer Verringerung der Kursangebote gerechnet werden.
Auch Internats- und Wohnheimangebote seien in Betracht zu ziehen. Die Leistungs- und Begabungsklassen der Jahrgangsstufen 5 und 6 würden insgesamt nur 5 % ausmachen und somit den grundsätzlichen Bestand der sechsjährigen Grundschule nicht Infrage stellen. Grundschulen mit vier Jahrgangsstufen blieben demgemäß die Ausnahme.
Staatssekretär Jungkamp ging auch auf die immer wieder vorgetragenen Forderungen der Städte und Gemeinden und ihres kommunalen Spitzenverbandes zu einer Stärkung der Rolle der Schulträger ein. Diese seien bei der weiteren Betrachtung intensiver in den Blick zu nehmen, so auch die Mitwirkungsrechte für die Bestellung der Schulleiter und deren Stellvertreter. Die so genannte selbständige Schule (Projekt MoSES) würde gegenwärtig einer wissenschaftlichen Auswertung unterzogen, deren Ergebnisse im Oktober 2007 vorliegen würden und in gemeinsame Empfehlungen münden sollten.
Gemäß § 101 des Schulgesetzes wäre die gemeinsame Schulträgerschaft/Schulverband möglich, gegenwärtig bestünden neun solcher Schulverbände, die zukünftig ausgeweitet werden müssten. Hinsichtlich der Festlegung der Schulbezirke ergäbe sich die Notwendigkeit von Härtefallregelungen zwischen abgebender und aufnehmender Schule bzw. Schulträgern. Die so genannten Schulkostenbeiträge erstreckten sich nur auf laufende Sachkosten, nicht aber auf Investitionskosten.
Die Erweiterung der Ganztagsangebote erfordere eine verstärkte Kooperation zwischen Jugendhilfe und Schule. Hierfür stünde von Landesseite ein Betrag von 130 Mio. Euro zur Verfügung, wovon 70,8 Mio. Euro bereits bewilligt und 38 Mio. Euro abgeflossen seien. Der Antragszeitraum sei bis zum 31. Dezember 2007 verlängert worden. Der „Antragsimpuls“ könne auch vom Schulträger erfolgen. Nach der Definition der KMK (Kulturministerkonferenz) sollten sich Ganztagsangebote auf mindestens sieben Stunden einschließlich Mittagsversorgung erstrecken.
Burkhard Jungkamp ging auch auf die Problematik der Schulverweigerung ein, die insbesondere durch ein „Herausholen“ in praktischen Projekten erfolgen solle. Hinsichtlich der Zusammenarbeit zwischen Kindertagesstätten und Schulen verwies Staatssekretär Jungkamp auf schon bestehende Kooperationen, die ausgebaut werden müssten. Hierzu befände sich ein gemeinsamer Orientierungsrahmen in Arbeit.
In der anschließenden Aussprache verwies Bürgermeister Dr. Klaus-Peter Schulze darauf, dass viele Schulkinder aus Südbrandenburg nach Sachsen auspendelten. Dem stünde gegenüber, dass schon heute zu wenig Schüler bzw. Schulabgänger für Ausbildungsstellen in der Wirtschaft zur Verfügung stünden. Hierzu wäre es erforderlich, Kooperationen zwischen Schulen und Unternehmen zu fördern. Er sprach auch ein Defizit hinsichtlich der Förderklassen der Jahrgangsstufen 1 im Zusammenhang mit dem Einschulungsgebot in die Grundschulen trotz erkennbarer Verhaltensstörungen an. Staatssekretär Jungkamp entgegnete hierzu, dass die Sonderpädagogikverordnung geändert werden solle, um die Früherkennung zu verbessern.
Präsident Werner Große und Oberbürgermeister Martin Patzelt sprachen die Problematik an, dass Investitionskosten in Höhe von ca. 7.000 Euro je Fremdschüler nicht umlegbar und damit die aufnehmenden Schulträger überfordert seien. Dieses beträfe auch die Oberstufenzentren, die eine hohe Zahl von Fremdschülern aufzunehmen hätten.
Herr Amtsdirektor Bernd Brandenburg sprach den Schülertransport, die zunehmenden Fahrzeiten und Sicherheitsrisiken im Zusammenhang mit weiteren Schulschließungen an. Herr Bürgermeister Zenker verwies auf die zunehmende interkommunale „Konkurrenz“ durch die sinkenden Schülerzahlen, die durch interkommunale Abstimmung geregelt werden müsse. Herr Oberbürgermeister Jann Jakobs ging auf die politische Dauerdebatte um eine qualitative und quantitative Verbesserung der Kinderbetreuung ein. So zahle die Landeshauptstadt Potsdam jährlich 30 Mio. Euro aus eigener Tasche, mehr ginge einfach nicht. An die Adresse der Bundes- und Landespolitik appellierte er, für immer neue Forderungen auch die finanziellen Mittel bereitzustellen.
Immer wieder ist von Seiten des Städte- und Gemeindebundes in der Vergangenheit eingefordert worden, dass öffentliche Schulen zumindestens gleiche rechtliche Rahmenbedingungen haben müssten, wie so genannte Privatschulen. Diesbezüglich sei auch gegenwärtig eine beängstigende Verdrängung zu erkennen. Staatssekretär Burkhard Jungkamp bestätigte die Befürchtungen des Städte- und Gemeindebundes, dieses belege auch die gegenwärtige Flut von ca. 60 Neuanträgen zur Zulassung von Privatschulen, die das Ministerium vor erhebliche Probleme stellen würde. Bürgermeister Höhne, Vorsitzender der Kreisarbeitsgemeinschaft Oder-Spree, ging auf den gegenwärtigen Run auf Gymnasien ein, die durch die Eltern und Schüler bevorzugt angewählt würden. Hierzu stelle nach seiner Meinung auch der Wegfall der Durchlässigkeit nach der Klasse 10 der Oberschule einen wesentlichen Grund dar, den es zu überprüfen gelte.
Im Anschluss an den Vortrag und die Diskussion von und mit Herrn Staatssekretär Burkhard Jungkamp stellte der ehrenamtliche Bürgermeister der Gemeinde Görzke, Jürgen Bartlog, das Modell „Grundschulen mit Filialen im Amt Ziesar“ vor (vgl. nachfolgenden Vortragsabdruck). Der Vortrag wurde vom Landesausschuss mit Interesse als ein Beispiel des wirksamen gemeindlichen Umganges mit dem demografischen Wandel im Schulbereich sehr positiv aufgenommen.
Kritisch wurde durch Mitglieder des Landesausschusses und Geschäftsführer Böttcher gegenüber dem MBJS vorgetragen, dass es deutliche Widersprüche hinsichtlich des gegenwärtig laufenden Diskussionsprozesses um die Neuausrichtung der Landesplanung, der Novelle des Schulgesetzes und der Schulentwicklungsplanung und der Streichung von Finanzausgleichsmitteln für die nach wie vor rechtlich und faktisch bestehenden Grundzentren gäbe. Viele Grundzentren hätten nach wie vor übergemeindliche Funktionen, so auch als Schulträger, denen die rigide Umstellung des Finanzausgleichssystems gegenüber stünde. Zudem bedürfe es dringend, auch vor dem Hintergrund des demografischen Wandels, einer essenziellen Stärkung der Rechte der Schulträger in Brandenburg.
Als weiteren Gast konnten Herr Präsident Werner Große und die Mitglieder des Landesausschusses Herrn Minister des Innern Jörg Schönbohm begrüßen. Herr Minister Schönbohm referierte zu aktuellen und künftigen Fragen der Fortentwicklung der Feuerwehrstrukturen, des Brand- und Katastrophenschutzgesetzes und der Fortführung der Funktionalreform und der beabsichtigten Novellierung der so genannten Kommunalverfassung.
Hinsichtlich der beabsichtigten Umstellung des Analogfunkverkehrs im Bereich der Polizei, des Katastrophenschutzes und der Feuerwehren berichtete Herr Minister Schönbohm über die bestehende Problemlage zur zukünftigen Betreibung des Digitalfunknetzes BOS. Bisher gäbe es hierzu nur den Monopolanbieter DB-Telematik, dessen Leistungsangebot jedoch nicht befriedigen könne. Es bestünde jedoch bereits jetzt Handlungsdruck hinsichtlich der Anschaffung digitaler Endgeräte. Hierzu solle es unter Bereitstellung finanzieller Mittel des Landes eine landesweite Beschaffung durch die Zentrale Beschaffungsstelle des Innenministeriums bereits ab Ende 2007 geben. In Vorbereitung seien auch Regelungen über die Kostenteilung für die Netzerrichtung und den Betrieb. Bezüglich der regionalen Rettungsdienstleitstellen gäbe es nunmehr eine abschließende Verordnung des Innenministeriums.
Herr Minister Schönbohm ging auch auf Forderungen des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg ein, hinsichtlich der Kostenerstattung für kreisangehörige Gemeinden im Katastrophenschutzfall notwendige klarere Regelungen zu treffen. Auch hierzu sei die Überarbeitung des Brand- und Katastrophenschutzgesetzes des Landes Brandenburg in Vorbereitung. Dieses beträfe auch den Mitteleinsatz der so genannten Feuerschutzsteuer, die der Städte- und Gemeindebund eingefordert hätte. Das Innenministerium wolle in der Gesamtheit eine gemeinsame Konzeption mit dem Landtag erreichen.
In der anschließenden Aussprache hinterfragten Mitglieder des Landesausschusses die beabsichtigten Vorhaben des Innenministeriums. Frau Bürgermeisterin Klembt kritisierte das Fehlen gesetzlicher Grundlagen hinsichtlich der so genannten Stützpunktfeuerwehren und deren Funktion sowie die damit einhergehenden Pflichten für die Träger von Stützpunktfeuerwehren. Es seien lediglich Förderungen für die materiell-technische Ausrüstung vorgesehen, das Hauptproblem der Einsatzfähigkeit der freiwilligen Feuerwehren basiere jedoch auf der nicht bzw. unzureichenden Verfügbarkeit des Personals, insbesondere der Tageseinsatzbereitschaft. Geklärt werden müsse auch die Bereitstellung von Eigenmitteln der Träger des örtlichen Brandschutzes und die Kostentragung bei überörtlicher Hilfe. Man könne sich des Eindrucks nicht erwehren, mit der lediglichen Benennung von Stützpunktfeuerwehren und Entnahmen aus dem kommunalen Finanzausgleich sei ein Schnellschuss erfolgt. Herr Amtsdirektor Brandenburg, Vorsitzender der Kreisarbeitsgemeinschaft Uckermark, schilderte die Vorgänge im Feuerwehrverband Uckermark. Herr Referatsleiter Stolper (Ministerium des Innern) habe die Meinungsbildung aufgeheizt und Erwartungshaltungen geweckt, die nicht erfüllt werden könnten. Herr Bürgermeister Höhne ging auf die konträren Diskussionen innerhalb der Kreisarbeitsgemeinschaft Oder-Spree ein. Mit der Benennung von Stützpunktfeuerwehren seien offenbar höhere Pflichten hinsichtlich der Ersteinsätze verbunden. Die Träger des örtlichen Brandschutzes seien als letzte informiert worden. Bei 50 % der freiwilligen Feuerwehren innerhalb des Landkreises sei die Tageseinsatzbereitschaft nicht gesichert. Die Herren Bürgermeister Dr. Schulze und Zenker bestätigten ihrerseits, dass eine Neuorganisation des örtlichen Brandschutzes, vor dem Hintergrund des demografischen Wandels, durchaus anzuerkennen sei, jedoch sei die Verfahrensweise kritisch zu betrachten. Auch ihrerseits fehle ein konkrete Definition und Aufgabenbestimmung mit den unterschiedlichen Auswirkungen für die Stützpunktfeuerwehren und die übrigen freiwilligen Feuerwehren.
Herr Geschäftsführer Böttcher ging auf die grundsätzlichen Zusammenhänge mit einer Neuverteilung der Aufgaben durch die ausstehende Funktionalreform (vgl. hierzu Bericht über die 15. Sitzung des Präsidiums am 18. Dezember 2006, mitteilungen Nr. 01/2007, S. 7 ff.) auch im Zusammenhang mit dem Brand- und Katastrophenschutz ein.
Herr Minister Schönbohm verwies darauf, dass 98 % der Aufgaben des Brandschutzes durch die freiwilligen Feuerwehren abgesichert würden, dieses solle grundsätzlich so bleiben. Er sei seinerseits erstaunt, dass die Vorschläge der Landkreise und der Kreisbrandmeister zur Konzeption der Stützpunktfeuerwehren offenbar ungenügend mit den örtlichen Trägern des Brandschutzes abgestimmt seien. Beabsichtigt sei seitens des Innenministeriums, noch im Jahr 2007 zentral 6 Typen von Feuerwehrfahrzeugen zu beschaffen. Die so genannte LSTE (Landesschule und Technische Einrichtung für Brand- und Katastrophenschutz) solle zu einem „Kompetenzzentrum Gefahrenabwehr“ weiterentwickelt werden. Bei den Landkreisen bestünde Schulungsbedarf für große Schadensereignisse. Die Novellierung des Brand- und Katastrophenschutzgesetzes würde gegenwärtig im Landesbrandschutzbeirat erfolgen. Anzuerkennen sei, dass Regelungsbedarf hinsichtlich der Stützpunktfeuerwehren und der Kostenerstattung für Katastrophenschutzeinsätze bestünde. Es gebe auch Überlegungen, einen so genannten Katastrophenschutzfonds, analog des Thüringer Beispieles, mit finanzieller Speisung durch das Land und die Landkreise in Erwägung zu ziehen.
Herr Amtsdirektor Brandenburg und Herr Bürgermeister Scheidemann hinterfragten die Überörtlichkeit und kritisierten das Lockmittel der finanziellen Förderung ohne konkrete Aufgabendefinition. Grundsätzlich ginge es bei der Förderung um kommunale Mittel des Finanzausgleichs.
Herr Referatsleiter Stolper (MI) zeigte sich verwundert über die vielschichtige Kritik am bisherigen Verfahren. Verschiedene Bürgermeister seien im Referat wegen anstehender Problemfragen vorstellig gewesen. Herr Bürgermeister Zehm, Vorsitzender der Kreisarbeitsgemeinschaft Märkisch Oderland, kritisierte nochmals, dass die Informationen an den Bürgermeistern vorbeigegangen seien und dass innerhalb von vierzehn Tagen „Nacht- und Nebelentscheidungen“ getroffen wurden. Durch Herrn Referatsleiter Jahnke und Herrn Böttcher wurde darauf verwiesen, dass es sich um eine originäre interkommunale Zusammenarbeit handle, deren Aufgabencharakter nunmehr wohl eher der Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung entspräche.
Herr Innenminister Schönbohm ging seinerseits auf den gegenwärtigen Stand zur Weiterführung der Funktionalreform im Zusammenhang mit neuen eGovernment-Diensten und der beabsichtigten Novelle der Kommunalverfassung ein. Der Ansatz, gemeinsam mit Berlin einen IT-Dienstleister aufzustellen, sei gescheitert. Brandenburg habe seinerseits ein Dienstleistungsportal mit ca. 200 Standardformularen eingestellt. Die so genannten eBürgerdienste ermöglichten zukünftig eine noch bürgernähere Verwaltung. Zu klären seien Vernetzungsprobleme.
Die Weiterführung der Funktionalreform sei durchgängig erst für die nächste Legislaturperiode des Landtages geplant. Die begonnenen Vorhaben hätten jedoch nicht das erwartete Ergebnis gezeigt, ein Zwischenbericht an den Landtag sei in Vorbereitung. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels sei die Präsenz der Verwaltungsleistungen erforderlich, Doppelstrukturen müssten jedoch vermieden werden und rechtliche Grundlagen für die Auftragsverwaltung geschaffen werden. Zu berücksichtigten seien jedoch sinkende Fallzahlen und der Spezialisierungsgrad für bestimmtes Verwaltungshandeln. Im Zusammenhang mit der Rahmenrechtsetzung der Europäischen Union müssten rechtliche Grundlagen durch das Land geschaffen und die Auswirkungen auf die Kommunen geprüft werden. Seitens des Innenministeriums sei eine Handreichung zur interkommunalen Zusammenarbeit geplant.
Herr Innenminister Schönbohm ging sodann auf die beabsichtigte Novellierung der so genannten Kommunalverfassung ein.
Die bisherigen Stellungnahmen des Städte- und Gemeindebundes seien in einem Arbeitsentwurf eingearbeitet. Dem Kabinett solle im April ein Entwurf eines Eckpunktepapiers vorgelegt werden. Nicht enthalten sei die Streichung des so genannten Vier-Augen-Prinzips, der Vorsitz des Hauptausschusses durch den Bürgermeister und das Recht zur Festsetzung der Tagesordnung. Auch wäre man, insbesondere aufgrund des Widerstandes der SPD-Landtagsfraktion, der Forderung des Städte- und Gemeindebundes bisher nicht nachgekommen, die Mitgliedschaft hauptamtlicher Bürgermeister und Amtsdirektoren in den Kreistagen zu ermöglichen.
Frau Amtsdirektorin Schülzke und Herr Referatsleiter Grugel verwiesen auf die Problematik des Fehlens eines verbindlichen Rechtsrahmens zur Einführung der Doppik. Dieses sei bisher lediglich über eine „Experimentierklausel“ geregelt, reiche aber generell nicht aus. Herr Oberbürgermeister Jann Jakobs verwies auf das Wirksamwerden der so genannten Europäischen Dienstleistungsrichtlinie zum 1. Januar 2009. Die Umsetzung sei national erforderlich, insbesondere käme man bei der Benennung des so genannten „einheitlichen Ansprechpartners“ um die Kommunen nicht herum, da sie bereits jetzt eine Vielzahl der damit verbundenen Aufgaben wahrnehmen. Absolut zu widersprechen sei eine Beschränkung der Handlungsspielräume der wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen mit den entsprechenden finanziellen Auswirkungen. Herr Jakobs und Herr Böttcher wandten sich vehement nochmals gegen so genannte drittschützende Wirkungen innerhalb der Regelungen zur wirtschaftlichen Betätigung der Gemeinden durch die GO.
Herr Bürgermeister Dr. Schulze merkte kritisch an, dass die Funktionalreform groß gestartet sei, es sei jedoch bisher nur ein „Mäuschen“ herausgekommen. Er stellte auch einen direkten Zusammenhang mit der Novellierung der GO fest. Insgesamt, so auch der Arbeitskreis der Bürgermeister mittlerer Städte und das Präsidium in ihren letzten Sitzungen, stelle sich eine Sinnfälligkeit der Gesamtnovellierung einer Kommunalverfassung nicht mehr.
Herr Bürgermeister Moser kritisierte seinerseits die für die Novellierung der GO nach wie vor nicht vorgesehene Mitgliedschaft der hauptamtlichen Bürgermeister in den Kreistagen. Im übertragenen Sinne müssten die Landkreise als „gemeinsame Gesellschaft“ der kreisangehörigen Städte und Gemeinden gesehen werden, dies bisher mit der Besonderheit, dass die „Gesellschafter“ nicht an der Gesellschafterversammlung teilnehmen dürften. Frau stellvertretende Geschäftsführerin Monika Gordes merkte an, dass die Übertragung von Aufgaben auf die gemeindliche Ebene nicht prioritär nur von Fallzahlen abhängig sein könne. Gerade vor dem Hintergrund des demografischen Wandels müsste die Gemeinde als Ansprechpartner und Eingangstor für die Bürgerinnen und Bürger und die Wirtschaft vor Ort mehr in den Mittelpunkt gerückt werden.
Der Vortrag von Herrn Ebeling (vgl. nachfolgenden Abdruck) befasste sich insbesondere mit:
- Aufgabenfelder, Chancen und Herausforderungen eines dezentralen Modells des Technikeinsatzes in den Brandenburger Kommunen
- Visionen brauchen Bodenhaftung: Die Kommunen und die Neuen Medien
- Von elektronischer Rückmeldung im Meldewesen bis zu Geodateninfrastrukturen
- Das Netz voller KreaTUIVität: Interkommunale Zusammenarbeit bei Konzeption und Tagesgeschäft in der Praxis
- Partner der Kommunen in Wirtschaft und Verwaltung: Warum Kooperation Kernkompetenz und klare Rahmenbedingungen braucht
Herr Ebeling verwies darauf, dass im Land Brandenburg eine dezentrale eigene Datenverarbeitung im Sinne der kommunalen Selbstverwaltung als Weg gewählt worden war, der aber eine höhere Eigenverantwortung von den Städten und Gemeinden verlange. Gerade gegenwärtig gäbe es eine erhöhte Anforderungsflut in den Bereichen des Meldewesens, der Einführung der Doppik und der so genannten EU-Dienstleistungsrichtlinie. Die Komplexität der Materie werde oft unterschätzt.
Erforderlich für eine wirksame Nutzung neuer IT-Technologien sei eine flächendeckende Breitbandverkabelung (DSL), die sich gegenwärtig noch mit einer Vielzahl von „weißen Flecken“ darstelle. Hinsichtlich der Mitnutzung des Brandenburger Onlineamtes (BOA) hätten die kommunalen Spitzenverbände diese ohne einen verbindlichen Anschlusszwang erreicht. Die TUIV-AG arbeite für 150 Mitgliedsverwaltungen, die in thematischen Arbeitskreisen konzeptionelle Empfehlungen und Musteranweisungen erarbeiteten. Ebenso hätte die TUIV-AG in Zusammenarbeit mit dem Städte- und Gemeindebund die Modellkommunen „Doppik“ intensiv begleitet. Die interkommunale Zusammenarbeit erfordere zwingend eine vertikale Kompatibilität.
Den Abschlussvortrag der Klausurtagung des Landesausschusses hielt Herr Referatsleiter Gerhard Dix vom Bayerischen Gemeindetag zum Thema „Der Einsatz elektronischer Behördendienste aus Sicht des Bayerischen Gemeindetages“ (vgl. nachfolgenden Abdruck).
Herr Dix hob in seinem Vortrag hervor, dass ihn bei der Verfolgung der bisherigen Diskussion im Landesausschuss des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg überrascht habe, wie hoch der Anteil an vergleichbaren Themen und Problemfeldern sei. Die demografische Entwicklung in Bayern verliefe zwar anders als in Brandenburg und ginge bis zum Jahre 2020 von einer Bevölkerungszunahme aus, sei jedoch auch von sehr differenzierten Entwicklungen geprägt. Deutliche Einwohnerverringerungen seien im Spessart, der Rhön, dem Bayerischen Wald und Donauried zu verzeichnen. Auch die Schere der Arbeitslosigkeit bewege sich zwischen 3 und 16 % sehr deutlich. Auch in Bayern sei also ein „gestalteter Umbau“ erforderlich. Dieses beträfe auch ein großes Schulsterben in den ländlichen Gebieten und eine zunehmende „Wohlstandsverwahrlosung“ in prosperierenden Städten und Gemeinden.
Um diesen Phänomenen zu begegnen, sei es in Bayern möglich, in den Grundschulen 1. und 2. sowie 3. und 4. Jahrgangsstufen gemeinsam zu beschulen. Ähnlich wie in Brandenburg sei auch in Bayern ein Ärztemangel in ländlichen Gebieten zu verzeichnen. Der Bayerische Gemeindetag befasse sich intensiv mit den demografischen Notwendigkeiten. Hierzu gehörten Analysen, Prognosen und Zielstellungen. Im Bereich des eGovernment habe man zunächst einen Pakt zu einem gemeinsamen Behördenwegweiser mit privaten Unternehmen versucht, der jedoch daran gescheitert sei, dass letztere zu sehr dem Aspekt der Werbung gefrönt hätten. Innerhalb eines Behördennetzes seien die kreisangehörigen Gemeinden über Kopfstellen bei den Landkreisen vernetzt. Die Anschlüsse seien jedoch kostenpflichtig. Ebenso wie in Brandenburg würde man für Kleingemeinden kein eigenes Know-how vorhalten können, so dass die Zusammenarbeit interkommunal und auf verschiedenen Ebenen erforderlich sei. Das so genannte GEWAN-System ermögliche Online-Gewerbeanmeldungen. Hier hätte es innerhalb der letzten vier Jahre eine Verzehnfachung der Nutzung gegeben. Herr Dix stellte zum Abschluss seines Vortrages fest, dass es sehr hilfreich sei, wenn sich die kommunalen Spitzenverbände der Städte und Gemeinden in den Bundesländern gemeinsam der Zukunftsproblematik, so des demografischen Wandels, stellten. Insofern hätte er von der Klausurtagung des Landesausschusses des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg eine Vielzahl von Anregungen auch für die künftige Arbeit des Bayerischen Gemeindetages mitnehmen können.
Präsident Werner Große und Geschäftsführer Karl-Ludwig Böttcher fassten die Ergebnisse der Klausurtagung des Landesausschusses zusammen und bedankten sich bei den Vortragenden sowie Herrn Minister Jörg Schönbohm und Staatssekretär Burkhard Jungkamp sehr herzlich für die Beiträge. Insgesamt sei es erneut gelungen, durch die Klausurtagung drängende Probleme aufzugreifen und zu debattieren sowie Lösungsansätze aufzuzeigen. Deutlich geworden sei jedoch auch, dass nur eine intensive und konstruktive Befassung auf allen politischen Verantwortungsebenen zu wirksamen Neuausrichtungen führen könne. Dabei spiele das Realitätsbewusstsein und die offene Problemdiskussion, auf der Grundlage der gegebenen Anregungen, in den Städten und Gemeinden eine entscheidende Rolle.
Karl-Ludwig Böttcher
Geschäftsführer