Mitteilungen 04-05/2008, Seite 231
OVG Berlin-Brandenburg: Heranziehung von sog. „Altanschließern“ zu einem Herstellungsbeitrag für die Abwasserentsorgung
Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil des 9. Senats vom 12. Dezember 2007, - 9 B 44.06-
Zum Sachverhalt:
Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu einem Herstellungsbeitrag für die Abwasserentsorgung durch den Beklagten.
Der beklagte Zweckverband entstand dem nach den Vorschriften des Zweckverbandsstabilisierungsgesetzes erlassenen Feststellungsbescheid des Landrats für den Landkreis Oder-Spree vom 27. Juni 2000 zu Folge am 7. Dezember 1991. Am 17. Mai 1993 beschloss die Verbandsversammlung erstmals eine Abwasserbeseitigungssatzung, nach der der Verband die zentrale Schmutzwasserbeseitigung als eine rechtlich selbständige Anlage betreibt und nach deren Regelungen er auf Antrag die Genehmigung zum Anschluss an die öffentliche Anlage und zum Einleiten von Abwasser erteilte. Zugleich wurde eine Beitrags- und Gebührensatzung beschlossen; beide Satzungen sollten am Tag nach ihrer Veröffentlichung in Kraft treten und wurden am 30. September 1993 in der Regionalausgabe „Spreejournal“ der Märkischen Oderzeitung öffentlich bekannt gemacht. Am 4. Juli 1994 wurde eine neue Beitrags- und Gebührensatzung beschlossen und im Januar 1995 öffentlich bekannt gemacht. Im Jahre 1996 ließ der Beklagte erstmals eine Kalkulation für die Erhebung der Beiträge auf der Grundlage des durchschnittlichen Aufwands der Jahre 1991 bis 1995 erstellen. Am 17. Dezember 1997 beschloss er eine Beitrags- und Gebührensatzung (BGS 1997), mit der nach Beiträgen für den Anschluss an die öffentliche Abwasseranlage (20,-DM/m²) und für die Verbesserung der Reinigungsleistung der Kläranlage (4,81 DM/m²) unterschieden wurde. Den von der Verbandsversammlung des Beklagten am 30. Mai 2001, am 31. Januar 2002, am 16. Juli 2002 und am 25. Juni 2003 beschlossenen, im Wesentlichen inhaltsgleichen Beitragssatzungen lag eine neue Kalkulation (von Mai 2001) zugrunde, die für den Aufwand auf eine Erfassung und anteilige Umlage der bisher entstandenen und künftig bis zur endgültigen Herstellung noch entstehenden Aufwendungen abstellte.
Am 29. März 2004 beschloss die Verbandsversammlung des Beklagten erneut eine Beitragssatzung, die einen Herstellungsbeitragssatz von 2,33 EUR/m² festsetzte (§ 5) und rückwirkend zum 1. Januar 2001 in Kraft treten sollte (§ 17 Abs. 1). Die Regelung des Beitragsmaßstabes (§ 6) enthielt keinen Zuschlag für gewerbliche, industrielle oder Kerngebietsnutzung. Die Satzung wurde im Amtsblatt für den Landkreis Oder-Spree vom 31. März 2004 veröffentlicht. Am 14. April 2004 beschloss die Verbandsversammlung des Beklagten eine weitere, im Wesentlichen gleich lautende Beitragssatzung, die wiederum bei der Regelung des Beitragsmaßstabes keinen Zuschlag für gewerbliche, industrielle oder Kerngebietsnutzung vorsah, und die im Amtsblatt für den Landkreis Oder-Spree vom 16. April 2004 veröffentlicht wurde.
Auf der Grundlage einer vom 17. März 2004 datierenden, einen höchstzulässigen Beitragssatz von 3,71 EUR je Maßstabseinheit (ME) ermittelnden Globalkalkulation legte die Verbandsversammlung des Beklagten in ihrer Sitzung vom 2. November 2004 den Herstellungsbeitragssatz auf 2,33 EUR/m² fest und beschloss die der hier fraglichen Beitragserhebung zu Grunde liegende, mit den Satzungen von März und April 2004 fast wörtlich übereinstimmende „Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die öffentliche Abwasserentsorgung“ (BS 11/2004), die u.a. folgende Bestimmungen enthält:
„ § 1 Abwasserentsorgungsanlage
Der Zweckverband … betreibt nach Maßgabe seiner Abwasserbeseitigungssatzung … Einrichtungen und Anlagen der Abwasserentsorgung und –behandlung als eine einheitliche zentrale öffentliche Einrichtung (Abwasserentsorgungsanlage) für das Verbandsgebiet. Die Abwasserentsorgungsanlage bildet eine rechtliche und wirtschaftliche Einheit.
…
§ 3 Herstellungsbeitrag
Zum teilweisen Ersatz des Aufwandes für die Anschaffung und Herstellung der öffentlichen Abwasserentsorgungsanlage und als Gegenleistung für die durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme gebotenen wirtschaftlichen Vorteile erhebt der Zweckverband Herstellungsbeiträge entsprechend nachfolgender Regelungen.
…
§ 5 Beitragssatz
Der Herstellungsbeitrag beträgt für die erstmalige Herstellung und Anschaffung der Abwasserentsorgungsanlage 2,33 Euro je m² der nach § 6 ermittelten Grundstücksfläche.
§ 6 Beitragsmaßstab
(1) Der Herstellungsbeitrag wird jeweils nach einem nutzungsbezogenen Flächenmaßstab nach Maßgabe der folgenden Absätze berechnet.
…
(3) Die nach Absatz 2 ermittelte Grundstücksfläche wird mit einem Nutzungsfaktor vervielfacht. Dieser beträgt:
für das erste Vollgeschoss 1,0
für jedes weitere Vollgeschoss weitere 0,6
…
§ 7 Entstehung der Beitragspflicht
(1) Die Herstellungsbeitragspflicht entsteht mit der betriebsfertigen Herstellung der Abwasserentsorgungsanlage einschließlich des Grundstücksanschlusses vor dem Grundstück, die den Anschluss des Grundstückes an die Abwasserentsorgungsanlage ermöglicht.
(2) …
(3) Für Grundstücke, für die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Satzung bereits ein Anschluss besteht oder eine Anschlussmöglichkeit an die Abwasserentsorgungsanlage gegeben war, entsteht die Herstellungsbeitragspflicht mit Inkrafttreten dieser Satzung. In diesen Fällen entsteht keine Herstellungsbeitragspflicht, wenn für den Anschluss an die Abwasserentsorgungsanlage bereits eine Anschlussgebühren- oder Herstellungsbeitragspflicht nach früherem Recht entstanden war und wenn diese durch Zahlung oder Erlass erloschen ist. Hierfür besteht eine Nachweispflicht des Beitragspflichtigen.
…
§ 16 Inkrafttreten, Außerkrafttreten
(1) Diese Satzung tritt rückwirkend zum 1. April 2004 in Kraft.
(2) Gleichzeitig treten … die Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die öffentliche Abwasserentsorgung … vom 29. März 2004 … und die Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die öffentliche Abwasserentsorgung … vom 14. April 2004 … außer Kraft.“
Die Satzung wurde im Amtsblatt für den Landkreis Oder-Spree vom 8. November 2004 veröffentlicht.
Die Klägerin ist Eigentümerin eines innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils der Gemeinde Fürstenwalde, für das ein Bebauungsplan nicht besteht, gelegenen Grundstücks mit einer Größe von 771 m², das bereits vor 1990 an die zentrale Abwasserentsorgung angeschlossen war.
Der Beklagte nahm die Klägerin bzw. ihren Rechtsvorgänger erstmals mit Bescheid vom 19. Dezember 2001 auf Zahlung eines Verbesserungsbeitrags in Anspruch. Dieser Bescheid wurde mit Blick auf Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg vom 3. Dezember 2003 über die Unzulässigkeit der Erhebung von Verbesserungsbeiträgen durch den Beklagten aufgehoben.
Mit Bescheid vom 25. August 2004 setzte der Beklagte unter Berufung auf die Beitragssatzung vom 14. April 2004 für das Grundstück der Klägerin einen Herstellungsbeitrag in Höhe von 1.796,43 EUR (771 m² Grundstücksfläche, ein Vollgeschoss x 2,33 EUR/m² Beitragssatz) fest. Den am 1. September 2004 eingelegten Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. September 2004, zugestellt am 25. September 2004, mit der Begründung zurück, obwohl der Bau der Kläranlage Fürstenwalde schon mehr als vier Jahre zurückliege, sei keine Festsetzungsverjährung eingetreten, weil die Beitragspflicht nach § 8 Abs. 7 Satz 2, 2. Alt. KAG mit dem Inkrafttreten der ersten rechtswirksamen Satzung entstehe. Bei der erfolgten Festsetzung sei zu berücksichtigen, dass mit Bescheid vom 14. Dezember 2001 bereits ein Beitrag in Höhe von 470,31 EUR festgesetzt worden sei. Der Bescheid vom 25. August 2004 lege somit nur noch den Differenzbetrag in Höhe von 1.326,12 EUR fest.
Daraufhin hat die Klägerin am 25. Oktober 2004 Klage erhoben und zur Begründung durch Bezugnahme auf das Vorbringen ihrer Prozessbevollmächtigten in Parallelsachen (5 L 166/05, OVG 9 S 82.05) im Wesentlichen vorgetragen, die Beitragsforderung sei verjährt, weil der Beklagte bereits seit 1994 Herstellungsbeiträge und für altangeschlossene Grundstücke wie das seinige seit 1997 Verbesserungsbeiträge erhoben habe. Auf der Grundlage der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg zu § 8 Abs. 7 Satz 2, 2. Alt. KAG in der bis zum 31. Januar 2004 geltenden Fassung (a.F.), nach der der Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht für angeschlossene bzw. anschließbare Grundstücke auf den Zeitpunkt festgelegt sei, zu dem erstmals eine Beitragssatzung in Kraft gesetzt werden sollte, unabhängig davon, ob diese wirksam gewesen sei, wäre von einer Verjährung der Herstellungsbeitragsforderungen spätestens 1998 und der Verbesserungsbeitragsforderungen spätestens 2001 auszugehen gewesen. Auf diesen abgeschlossenen Sachverhalt könne die am 1. Februar 2004 in Kraft getretene Änderung des § 8 Abs. 7 Satz 2, 2. Alt. KAG (n.F.) nicht rückwirkend Anwendung finden, da sie auf eine verfassungsrechtlich unzulässige „echte Rückwirkung“ hinausliefe. Darüber hinaus eröffne § 7 BS 11/2004 dem Beklagten die Möglichkeit, Herstellungsbeiträge auch von solchen „altangeschlossenen“ Grundstücken zu erheben, die bereits bestandskräftig zu einem Verbesserungsbeitrag herangezogen worden seien, was zu einer unzulässigen Doppelbelastung führe. § 7 Abs. 3 Satz 2 BS 11/2004 lasse eine Herstellungsbeitragspflicht nämlich nur dann entfallen, wenn für den Anschluss eine Anschlussgebühren- oder Herstellungsbeitragspflicht nach früherem Recht entstanden sei. Von Verbesserungsbeiträgen sei dagegen nicht die Rede, es könne also nicht davon ausgegangen werden, dass den beitragspflichtigen Anschlussnehmern der gezahlte Verbesserungsbeitrag angerechnet würde. Eine unzulässige Ungleichbehandlung begründe § 7 Abs. 3 Satz 2 BS 11/2004 auch deshalb, weil die Bestimmung nur auf das Entstehen der Anschlussgebühren- oder Herstellungsbeitragspflicht nach früherem Recht, nicht dagegen auf deren - möglicherweise geringere - Höhe abstelle. Schließlich verstoße die Festlegung des Beitragssatzes gegen das Aufwandsüberschreitungsverbot nach § 8 Abs.4 Satz 8 KAG, weil die ihr zu Grunde liegende Kalkulation nicht berücksichtige, dass der Beklagte bereits seit 1994 Herstellungsbeiträge in einer Höhe erhoben habe, die den jetzigen Beitragssatz deutlich übersteige. In der Beitragssatzung von Dezember 1997 seien ein Herstellungsbeitragssatz von 20,00 DM/m² und ein Verbesserungsbeitragssatz von 4,81 DM/m² vorgesehen gewesen. Jedenfalls auf der Grundlage dieser Satzung seien in größerem Umfang Herstellungsbeiträge vereinnahmt worden, die wegen der Bestandskraft der entsprechenden Bescheide in vielen Fällen auch nicht zurückzahlbar seien. Diese Beiträge hätten als gedeckter Aufwand in der Globalkalkulation berücksichtigt werden müssen.
Die Klägerin hat beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 25. August 2004 und den Widerspruchsbescheid vom 22. September 2004 aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Er hat darauf hingewiesen, dass der Bescheid vom 19. Dezember 2001 über die Festsetzung eines einmaligen Beitrages für die Verbesserung der Reinigungsleistung der Kläranlage Fürstenwalde in Höhe von 470,31 zwischenzeitlich aufgehoben und der nunmehr angefochtene Bescheid erlassen worden sei. Rechtsgrundlage dieses Bescheides sei nunmehr die rückwirkend zum 1. April 2004 in Kraft getretene BS 11/2004. Die Beitragsforderung sei auch nicht verjährt. Insoweit werde auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden verwiesen.
Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit Urteil vom 28. August 2006 stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, zwar stehe der Beitragsfestsetzung keine Festsetzungsverjährung (nach § 12 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b KAG i.V.m. § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977) entgegen, weil die sachliche Beitragspflicht für das Grundstück der Klägerin in Ermangelung einer früheren gültigen Satzung jedenfalls nicht vor dem Inkrafttreten der BS 11/2004 entstanden sei. Gleichwohl sei eine Heranziehung der Klägerin zu einem Herstellungsbeitrag für sein „altangeschlossenes“ Grundstück aus Gründen des Vertrauensschutzes endgültig ausgeschlossen. Bis zum 31. Januar 2004 habe nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg zu § 8 Abs. 7 Satz 2 a. F. KAG eine weitere zeitliche Grenze für die Erhebung von Anschlussbeiträgen gegolten, weil eine wirksame Satzung, die die Beitragspflicht begründen sollte, sich Rückwirkung bis zu dem durch den ersten Satzungsgebungsversuch fixierten Zeitpunkt beilegen musste, um Grundlage der Beitragserhebung sein zu können. Hätte sie das getan, so wäre mit dem (rückwirkenden) Inkrafttreten der Satzung die Frist zur Beitragsfestsetzung in Gang gesetzt worden und „in einer juristischen Sekunde“ abgelaufen. Dies bedeute für alle Grundstücke, die bereits im Zeitpunkt des „Inkrafttretens“ der ersten – unwirksamen – Satzung anschließbar oder angeschlossen gewesen seien, dass sie nur dann rechtmäßig hätten veranlagt werden können, wenn innerhalb von vier Jahren nach dem Ende des Jahres dieses ersten Satzungserlasses ein Beitragsbescheid ergangen sei. Danach sei eine Heranziehung der Klägerin nach dem bis zum 31. Januar 2004 geltenden Recht nicht mehr möglich gewesen; sie sei auch nach § 8 Abs. 7 Satz 2 n.F. KAG bei gebotener verfassungskonformer Auslegung ausgeschlossen. Es spreche schon einiges dafür, dass der zu regelnde Sachverhalt mit dem endgültigen Ausschluss der Inanspruchnahme nach der alten Rechtslage abgeschlossen gewesen sei und eine Wiedereröffnung der Veranlagungsmöglichkeit durch Anwendung des § 8 Abs. 7 Satz 2 n.F. KAG deshalb als (generell unzulässige) echte Rückwirkung zu beurteilen sein könnte. Selbst wenn man davon ausgehe, dass lediglich ein Fall der tatbestandlichen Rückanknüpfung oder unechten Rückwirkung vorliege, stünden Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes der Heranziehung der Klägerin entgegen. Diese hätte nach alter Rechtslage nicht mehr mit der Heranziehung zu einer Beitragszahlung rechnen, sie also auch nicht bei ihren Dispositionen berücksichtigen müssen. Sie habe auch nicht etwa die Beitragserhebung vereitelt oder auf die Ungültigkeit der Beitragssatzung, sondern im Gegenteil auf deren Gültigkeit vertraut. Der Beklagte habe hingegen nicht davon ausgehen können, dass ihm nach Erlass einer ersten Beitragssatzung mehr als die gesetzliche Festsetzungsfrist bleiben würde, um Beitragsbescheide zu erlassen.
Gegen dieses Urteil richtet sich der Beklagte mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung, zu deren Begründung er im Wesentlichen vorträgt, gegenüber Gesetzgebung, die - wie hier die Neufassung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG - nur für zukünftige Tatbestände gelte, werde Vertrauensschutz grundsätzlich nicht gewährt. Jedenfalls sei ein überwiegender Vertrauensschutz der Klägerin zu verneinen, weil sie ohnehin erst seit der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg vom 8. Juni 2000 damit hätte rechnen können, nicht (mehr) von einer Beitragserhebung betroffen zu werden. Hinzu komme, dass er (der Beklagte) durch seine Satzungsgebung fortwährend bekundet habe, auch von den Altanschließern Beiträge erheben zu wollen. Bei der im Rahmen des Vertrauensschutzes gebotenen Abwägung sei neben der gesetzlichen Beitragserhebungspflicht schließlich zu berücksichtigen, dass der Beitragserhebung ein dauerhafter Vorteil gegenüberstehe, der dem Grundstück durch den Anschluss bzw. die Anschlussmöglichkeit an die öffentliche Abwasserentsorgungsanlage geboten werde, und dass andererseits Beitragsausfälle zu erheblichen Mehrkosten durch höhere Kreditaufnahmen nebst Zinsausfällen führten, die wiederum deutlich höhere Benutzungsgebühren zur Folge hätten.
Der Beklagte beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 28. August 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor, angesichts der langjährigen Untätigkeit des Beklagten, der sich für die erstmalige Veranlagung seines Grundstücks acht Jahre Zeit gelassen habe, sei die Beitragserhebung auch verwirkt. Da die erstmalige Veranlagung sich lediglich auf einen Verbesserungsbeitrag bezogen habe, habe sie davon ausgehen dürfen, dass sie nicht, wie nunmehr erfolgt, zu einem - höheren - Herstellungsbeitrag herangezogen würde. Zu beachten sei zudem, dass der Beklagte bisher lediglich diejenigen Eigentümer altangeschlossener Grundstücke zu einem Herstellungsbeitrag veranlagt habe, die sich gegen die früheren Verbesserungsbeiträge gewandt hätten.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, des beigezogenen Verwaltungsvorgangs und der eingereichten Kalkulationsunterlagen des Beklagten sowie der Gerichtsakten der Verfahren OVG 9 B 45.06 und OVG 9 S 82.05 und der zum Verfahren OVG 9 B 45.06 vorgelegten Satzungsunterlagen des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Aus den Gründen:
Die Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Heranziehungsbescheid zu Unrecht aufgehoben, denn der Bescheid ist rechtmäßig (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage des Bescheides sind §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 und § 8 KAG i.V.m. §§ 1 ff. der „Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die öffentliche Abwasserentsorgung in den Mitgliedsgemeinden des Zweckverbandes Wasserversorgung und Abwasserentsorgung Fürstenwalde und Umland“ vom 2. November 2004 (BS 11/2004, veröffentlicht im Amtsblatt für den Landkreis Oder-Spree vom 8. November 2004, S. 14 ff.), die die Beitragssatzung vom 14. April 2004, auf die sich der Beklagte im angefochtenen Bescheid berufen hatte, rückwirkend zum 1. April 2004 ersetzt hat (§ 16 Abs. 1 und 2 BS 11/2004). Nach § 3 BS 11/2004 (i.V.m. § 8 Abs. 2 S. 1 und 2 KAG) erhebt der Beklagte zum teilweisen Ersatz des Aufwandes für die Anschaffung und Herstellung der öffentlichen Abwasserentsorgungsanlage und als Gegenleistung für die durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme gebotenen wirtschaftlichen Vorteile Herstellungsbeiträge.
Die BS 11/2004 ist wirksam. Sie ist formell ordnungsgemäß erlassen worden und unterliegt auch keinen inhaltlichen Bedenken. Die Satzung enthält die nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG erforderlichen Angaben zum Kreis der Abgabenschuldner (§ 8 BS 11/2004 in Übereinstimmung mit § 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 6 KAG), den die Abgabe begründenden Tatbestand (§§ 4 und 7 BS 11/2004), den Maßstab (§ 6 BS 11/2004) und den Satz der Abgabe (§ 5 BS 11/2004) sowie den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit (§ 11 BS 11/2004). Zweifel an der Wirksamkeit dieser Regelungen bestehen nicht. Entgegen der Auffassung der Klägerin begründet die Beitragssatzung, namentlich ihr § 7 Abs. 3 Satz 2 über den Ausschluss der Beitragspflicht bei nach früherem Recht entstandener Anschlussgebühren- oder Herstellungsbeitragspflicht, keine unzulässige Doppelbelastung derjenigen Grundstückseigentümer, die einen Verbesserungsbeitrag bezahlt haben. Wie der Senat in seinem Beschluss vom 20. März 2006 (- 9 S 82.05 -) ausgeführt hat, kann es - zum einen - formal zu keiner Doppelbelastung kommen, weil der in der BS 11/2004 geregelte Herstellungsbeitrag etwas anderes ist als ein Verbesserungsbeitrag, da er eine andere Maßnahme als die Herstellung betrifft (vgl. bereits OVG Bbg, Beschluss vom 8. September 2004 - 2 B 112/04 -, MittStGB Bbg 2004, 356; ferner zur Abgrenzung von Herstellungs- und Verbesserungsbeitrag: OVG Bbg, Urteile vom 3. Dezember 2003 - 2 A 733/03 und 734/03 -). Zum anderen kann es - materiell - durch das geltende Satzungsrecht nicht zu einer erneuten Beitragspflicht für dieselbe Aufwandsposition kommen, weil die Regelung des Verbesserungsbeitrages in den früheren Beitragssatzungen ungültig war. Aus dem Kommunalabgabengesetz ergibt sich keine Pflicht zur Anknüpfung an die frühere rechtswidrige Erhebung von Verbesserungsbeiträgen durch eine Anrechnungsregelung in der neuen Herstellungsbeitragssatzung. Vielmehr ist es dem Beklagten im Rahmen seiner sonstigen rechtlichen Bindungen überlassen, über die Berücksichtigung der Entrichtung von Verbesserungsbeiträgen auf Grund bestandskräftiger Bescheide nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, wobei der Umstand, dass sich - ausgehend von einer Aufwandsermittlung nach den tatsächlichen Aufwendungen („Globalkalkulation“) - der Aufwand, welchen der Beklagte der Verbesserungsmaßnahme zurechnen wollte, tatsächlich und rechtlich als eine Teilposition des Herstellungsaufwandes darstellt, für eine Reduzierung des Rücknahmeermessens hinsichtlich rechtswidriger bestandskräftiger Verbesserungsbeitragsbescheide und die Erstattung bzw. Anrechnung der entrichteten Beträge bei der Heranziehung derselben Grundstückseigentümer zu Herstellungsbeiträgen sprechen könnte, aber auch eine entsprechende Anwendung des § 7 Abs. 3 Satz 2 BS 11/2004 in Betracht käme. Im Übrigen hat der Beklagte in dem zwischen den Beteiligten des Parallelverfahrens OVG 9 B 45.06 geführten Beschwerdeverfahren, in dem die Prozessbevollmächtigten der Klägerin den Antragsteller vertreten haben, ausdrücklich erklärt, er übe sein Rücknahmeermessen generell in der Weise aus, dass er die Verbesserungsbeitragsbescheide aufhebe, so dass der Rechtsgrund für das Behaltendürfen der gezahlten Beträge entfällt. Dies hat er im vorliegenden Verfahren nach den Angaben beider Beteiligter getan; im Widerspruchsbescheid hat der Beklagte zudem darauf hingewiesen, dass es unter Berücksichtigung des zuvor festgesetzten Verbesserungsbeitrags von 470,31 EUR nunmehr nur noch um den Differenzbetrag in Höhe von 1.326,12 EUR gehe.
Es bestehen auch keine Bedenken gegen die in § 5 BS 11/2004 auf 2,33 EUR je m² der nach § 6 ermittelten Grundstücksfläche festgesetzte Höhe des Beitragssatzes. Der Beitragssatz wurde von der Verbandsversammlung des Beklagten auf der Grundlage der von der isp-kommunal erstellten Globalkalkulation, Stand März 2004, festgelegt, die einen höchstzulässigen Beitragssatz von 3,71 EUR je Maßstabseinheit ermittelt hatte. Bedenken gegen die Ordnungsmäßigkeit der Kalkulation bestehen nicht. Sie ist als Globalkalkulation, d.h. nach den tatsächlichen Aufwendungen für den Gesamtzeitraum vom Beginn bis zur endgültigen Herstellung der Anlage erstellt, und zwar regelgerecht in der Weise, dass der frühere Aufwand (bis 2003) ermittelt und der zukünftige Aufwand (ab 2004) prognostiziert und - nach Abzug der Zuschüsse Dritter (§ 8 Abs. 4 Satz 7 KAG) - der so berechnete Gesamtaufwand auf die für die Vergangenheit ermittelten und für die Zukunft prognostizierten Beitragsflächen verteilt wurde. Die Kalkulation nennt sachgerechte Grundlagen für die Ermittlung und Verteilung des Herstellungsaufwands einschließlich der Prognosen (Kalkulationsbericht S. 14). Bei der Aufwandsermittlung sind einrichtungsfremde Aufwendungen ausgeschieden (Kalkulationsbericht S. 9 f.), Zuschüsse Dritter abgezogen (§ 8 Abs. 4 Satz 7 KAG, Kalkulationsbericht S. 16) und die bevorteilten Grundstücke des Beklagten in der Weise berücksichtigt worden, dass sie in die Ermittlung der beitragsfähigen Grundstücksflächen einbezogen wurden; dies ist auch in Ansehung des § 8 Abs. 4 Satz 7, 1. Halbs. KAG sachgerecht (vgl. Dietzel, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 602 a.E. zur gleichlautenden Regelung des § 8 Abs. 4 Satz 4 KAG NW). Die Ermittlung der beitragsrelevanten Grundstücksflächen ist auf der zutreffenden Prämisse erfolgt, dass alle Grundstücke zu berücksichtigen sind, denen durch die zentrale Schmutzwasserbeseitigungsanlage eine Anschlussmöglichkeit geboten wird (Kalkulationsbericht S. 12, 17). Der von der Klägerin erhobene Einwand, die Kalkulation berücksichtige nicht, dass in der Vergangenheit Herstellungsbeiträge in einer den jetzigen Beitragssatz deutlich übersteigenden Höhe vereinnahmt worden seien, greift nicht durch. Bei der gewählten, den Gesamtaufwand verteilenden Methode der Globalkalkulation sind im Kalkulations- und damit im Herstellungszeitraum erhobene Beiträge „Ergebnis“ der Kalkulation bzw. an dieser zu messen, sie beruhen auf der Verteilung des ermittelten Aufwands auf die Beitragspflichtigen und können nicht gleichzeitig als „anderweitige Deckung“ vom umlagefähigen Aufwand abgezogen werden. Ob ausnahmsweise etwas anderes gälte, wenn in der Vergangenheit erhobene Beiträge sich gemessen an der vorliegenden Globalkalkulation oder dem auf ihrer Grundlage festgelegten Beitragssatz als stark überhöht erwiesen, kann dahinstehen, denn ein solcher Fall ist nicht gegeben. Soweit die Klägerin auf frühere Herstellungsbeitragssätze in Höhe von 20,00 DM/m² (in § 4 Abs. 6 BGS 1997) verweist, berücksichtigt sie nicht, dass nach der fraglichen Satzung die Grundstücksfläche mit einem anderen Geschossfaktor vervielfältigt wurde, nämlich 0,25 für das erste und 0,15 für jedes weitere Vollgeschoss (§ 4 Abs. 3 BGS 1997), während § 6 Abs. 3 BS 11/2004 einen Nutzungsfaktor von 1,0 für das erste und 0,6 für jedes weitere Vollgeschoss, also jeweils das Vierfache vorsieht. Bei Berücksichtigung dieser unterschiedlichen Nutzungsfaktoren entspricht der frühere Beitragssatz von 20,00 DM/m² einem Beitragssatz von 5,00 DM oder 2,56 EUR nach dem nunmehr geregelten Nutzungsfaktor; der Unterschied beträgt also lediglich 0,23 EUR/m². Im Übrigen sind Mängel der Kalkulation weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.
Die nach ihrem § 16 Abs. 1 mit Wirkung zum 1. April 2004 in Kraft getretene BS 11/2004 erfasst den Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht für das bereits zu DDR-Zeiten an die zentrale Abwasserentsorgung angeschlossene Grundstück der Klägerin. Dieser Zeitpunkt bestimmt sich nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG in der seit dem 1. Februar 2004, mithin sowohl zum Zeitpunkt des Erlasses und des Inkrafttretens der BS 11/2004 als auch zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheides geltenden Fassung des Art. 5 des Zweiten Gesetzes zur Entlastung der Kommunen von pflichtigen Aufgaben vom 17. Dezember 2003 (n.F.; GVBl. I S. 294, 296).
Gemäß § 8 Abs. 7 Satz 2 n.F. KAG entsteht bei Erhebung eines Anschlussbeitrags nach § 8 Abs. 4 Satz 3 KAG (leitungsgebundene Einrichtungen und Anlagen, die der Versorgung oder der Abwasserbeseitigung dienen) die Beitragspflicht, sobald das Grundstück an die Einrichtung oder Anlage angeschlossen werden kann, frühestens jedoch mit dem Inkrafttreten der rechtswirksamen Satzung, die auch einen späteren Zeitpunkt bestimmen kann. Danach ist die sachliche Beitragspflicht für das noch zu DDR-Zeiten an die zentrale Abwasserentsorgung angeschlossene Grundstück der Klägerin erst zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der BS 11/2004 am 1. April 2004 entstanden, weil alle vorher erlassenen Beitragssatzungen des Beklagten unwirksam waren. Dies gilt zunächst für die Beitragssatzungen vom 17. Mai 1993 und 4. Juli 1994, denen keine regelgerechte Kalkulation zu Grunde lag und deren Maßstabsregelungen nicht den nach dem wirtschaftlichen Vorteilsbegriff des § 8 Abs. 2 Satz 2 KAG nach der Rechtsprechung des Gerichts zum damaligen Recht (vgl. nunmehr § 8 Abs. 6 Satz 3 KAG in der seit dem 1. Februar 2004 geltenden Fassung) erforderlichen Artzuschlag für gewerbliche und industrielle Nutzung vorsahen (OVG Bbg, Urteil vom 3. Dezember 2003 - 2 A 417/01 -, S. 18 f., S. 31). In Ermangelung dieses Artzuschlags war auch die Beitragssatzung vom 17. Dezember 1997 unwirksam. Die den Beitragssatzungen vom 30. Mai 2001, 31. Januar 2002, 16. Juli 2002 und 25. Juni 2003 zu Grunde liegende Kalkulation von Mai 2001 ließ bei der Verteilung des nach den tatsächlichen Aufwendungen ermittelten Herstellungsaufwands die Flächen der bis 1991 angeschlossenen Grundstücke unberücksichtigt; dieser Mangel der Kalkulation führte zur Unwirksamkeit aller auf ihrer Grundlage erlassenen Satzungen (vgl. Urteil vom 3. Dezember 2003 - 2 A 417/01 -, S. 14 ff., insbes. S. 24 ff. zur Satzung vom 25. Juni 2003). Die Maßstabsregelungen der am 29. März 2004 und 14. April 2004 beschlossenen Beitragssatzungen sahen keinen Artzuschlag für gewerbliche und industrielle Nutzung vor, der zwar nicht mehr zum Zeitpunkt ihres Erlasses, wohl aber zum Zeitpunkt ihres jeweils in § 17 Abs. 1 rückwirkend zum 1. Januar 2001 angeordneten Inkrafttretens erforderlich war. Diese Satzungen waren daher jedenfalls insoweit nichtig, als sie sich rückwirkend zum 1. Januar 2001 Geltung beimaßen (vgl. schon Beschluss des Senats vom 7. April 2006 - 9 M 70.05 -). Ob diese Nichtigkeit jeweils die gesamte Satzung erfasste oder sich in entsprechender Anwendung des § 139 BGB auf die Inkrafttretensregelung beschränkte, kann dahinstehen. Im letzteren Fall wären die Satzungen – mit Ausnahme der nichtigen Bestimmung des § 17 Abs. 1 - gemäß § 5 Abs. 5 der Gemeindeordnung am Tag nach ihrer Bekanntmachung, die am 31. März 2004 veröffentlichte Beitragssatzung vom 29. März 2004 also am 1. April 2004 in Kraft getreten. Auch danach wäre die sachliche Beitragspflicht gemäß § 8 Abs. 7 Satz 2 n.F. KAG zu diesem Zeitpunkt entstanden; vorliegend würde dennoch die Beitragssatzung vom 8. November 2004 Anwendung finden, weil sie in ihrem § 16 Abs. 2 die vorherigen Satzungen mit Wirkung zum 1. April 2004 aufhebt und deren für die Beitragserhebung maßgebliche - fast wort-, jedenfalls aber inhaltsgleiche - Bestimmungen für die Beitragspflichtigen im Allgemeinen und die Klägerin im Besonderen nicht günstiger waren als diejenigen der BS 11/2004 (zum sog. Schlechterstellungsverbot bei der rückwirkenden Ersetzung fehlerfreier Bestimmungen einer Abgabensatzung vgl. BVerwG, Urteil v. 15. April 1983 - 8 C 170.81 -, BVerwGE 67, 129 ff.; Urteil v. 7. April 1989 - 8 C 83.87 -, NVwZ 1990, 168 f.).
§ 8 Abs. 7 Satz 2 n.F. KAG ist vorliegend ungeachtet dessen anwendbar, dass das Grundstück der Klägerin schon vor Inkrafttreten der Neufassung an die öffentliche Abwasserentsorgung angeschlossen war. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die Anwendung der Neufassung insbesondere nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes unter dem Gesichtspunkt des Rückwirkungsverbots ausgeschlossen.
Allerdings ist für die Neufassung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG keine Rückwirkungsanordnung getroffen worden (vgl. Art. 10 des Zweiten Gesetzes zur Entlastung der Kommunen von pflichtigen Aufgaben; zur Geltung der Neufassung mit Wirkung nur für die Zukunft vgl. OVG Bbg, Beschluss vom 8. September 2004 - 2 B 112/04 -, Mitt. StGB Bbg 2004, 356, und Beschluss des Senats vom 2. September 2005 - 9 N 96.05 -). Bis zum 31. Januar 2004 galt die Bestimmung des § 8 Abs. 7 Satz 2 a.F. KAG, wonach die Beitragspflicht für leitungsgebundene Einrichtungen und Anlagen, die der Versorgung oder der Abwasserbeseitigung dienen, entstand, sobald das Grundstück an die Einrichtung oder Anlage angeschlossen werden konnte, „frühestens jedoch mit dem Inkrafttreten der Satzung“, die wiederum auch einen späteren Zeitpunkt bestimmen konnte. Diese Vorschrift war und ist nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg wie auch des erkennenden Senats dahingehend auszulegen, dass es für die Festlegung des Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht nicht auf die formelle und materielle Gültigkeit der ersten erlassenen Satzung, sondern ausschließlich auf den formalen Akt des Satzungserlasses ankam (grundlegend OVG Bbg, Urteil vom 8. Juni 2000 - 2 D 29/98.NE -, LKV 2001, 132 ff.; s.a. Beschlüsse des Senats vom 1. September 2005 - 9 S 33.05 - und vom 2. September 2005 - 9 N 96.05 -). An dieser im Wesentlichen auf Erwägungen zum Sinn und Zweck des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG a.F. und den systematischen Zusammenhang zur Bestimmung des § 8 Abs. 7 Satz 1 KAG (Entstehen der sachlichen Beitragspflicht mit der endgültigen Herstellung der Einrichtung oder Anlage) gestützten Rechtsprechung hält der Senat fest. Dies gilt auch in Ansehung des Hinweises in der Gesetzesbegründung für die Neufassung, der Gesetzgeber hätte beim Erlass des § 8 Abs. 7 Satz 2 a.F. KAG unterstellt, dass es sich um eine rechtswirksame Satzung handeln müsse, die Gesetzesänderung, mit der die Voraussetzung einer rechtswirksamen Satzung ausdrücklich festgeschrieben werde, diene mithin lediglich der „Klarstellung“, um „künftige Beitragsausfälle bei den Gemeinden und anderen Aufgabenträgern zu vermeiden“ (LT-Drs. 3/6324, S. 31), denn diese nachträgliche Interpretation entfaltet keine Verbindlichkeit für die Auslegung der früheren Gesetzesregelung.
Auch ohne Rückwirkungsanordnung findet § 8 Abs. 7 Satz 2 n.F. KAG vorliegend Anwendung, weil die Vorschrift zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der BS 11/2004 mit Wirkung zum 1. April 2004 wie auch des Erlasses des angefochtenen Bescheides bereits galt. Grundsätzlich unerheblich ist insoweit - wie generell für die Beitragserhebung nach § 8 KAG - der Umstand, dass das Grundstück der Klägerin bereits zu DDR-Zeiten an die zentrale Abwasserentsorgung angeschlossen war, denn die Anschlussmöglichkeit bzw. der Anschluss und der daraus resultierende wirtschaftliche Vorteil, an den die Beitragserhebung anknüpft, stellen einen Dauertatbestand dar (vgl. OVG Bbg, Urteil v. 5. Dezember 2001 - 2 A 611/01 -). Für eine einschränkende Interpretation, wie sie das Verwaltungsgericht mit Blick auf die frühere Fassung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG aus Gründen des Vertrauensschutzes für erforderlich hält, besteht kein Anlass. Sie ist insbesondere nicht durch Verfassungsrecht geboten.
Zutreffend weist das Verwaltungsgericht allerdings darauf hin, dass eine Veranlagung des Grundstücks der Klägerin zu einem Herstellungsbeitrag gemäß § 8 Abs. 7 Satz 2 a.F. KAG nicht mehr möglich gewesen wäre: Eine Beitragssatzung hätte nach dieser Vorschrift nur dann die sachliche Beitragspflicht für das Grundstück begründen können, wenn sie sich Rückwirkung auf den Zeitpunkt des erstmaligen - vermeintlichen - Inkrafttretens der im Mai 1993 beschlossenen Beitragssatzung des Beklagten am 1. Oktober 1993 beigemessen hätte. Auf Grund der durch eine rückwirkend zum 1. Oktober 1993 in Kraft getretene Beitragssatzung begründeten sachlichen Beitragspflicht hätte jedoch eine Beitragsfestsetzung für das Grundstück der Klägerin nicht mehr erfolgen können, weil gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b KAG i.V.m. §§ 169, 170 Abs. 1 AO 1977 mit Ablauf des 31. Dezember 1997 Festsetzungsverjährung eingetreten wäre. Einen die Festsetzungsfrist wahrenden (§ 169 Abs. 1 Satz 3 AO 1977) Beitragsbescheid hatte der Beklagte bis zu diesem Zeitpunkt nicht erlassen. Wurde nunmehr die Möglichkeit der Heranziehung durch die Neufassung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG, die für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht auf das Inkrafttreten der ersten rechtswirksamen Satzung abstellt, (neu) eröffnet, so unterliegt dies indessen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken unter dem Gesichtspunkt des Rückwirkungsverbots.
Die Anwendung des § 8 Abs. 7 Satz 2 n.F. KAG auf den vorliegenden Sachverhalt stellt zunächst keinen Fall der echten Rückwirkung bzw. Rückbewirkung von Rechtsfolgen dar. Ein solcher Fall ist gegeben, wenn der Gesetzgeber nachträglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt ändernd eingreift oder Rechtsfolgen für einen vor der Verkündung liegenden Zeitpunkt eintreten sollen (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 28. November 1984 - 1 BvR 1157/82 -, BVerfGE 68, 287, 306; Beschluss vom 14. Mai 1986 - 2 BvL 2/83 -, BVerfGE 72, 200, 242; Beschluss vom 3. Dezember 1997 - 2 BvR 882/97 -, BVerfGE 97, 67, 78 ff.; Jarass, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 9. Aufl. 2007, Rn. 68 zu Art. 20, m.w. Nachw.), bei Abgabengesetzen, wenn im Zeitpunkt der Verkündung die Abgabenschuld bereits entstanden ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. Dezember 1997 - 2 BvR 882/97 -, BVerfGE 97, 67, 80; Beschluss vom 23. März 1971 - 2 BvL 17/69 -, BVerfGE 30, 392, 401). So liegt der Fall hier nicht. Die durch die Neufassung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG bewirkte Rechtsfolge tritt erst nach der Gesetzesänderung ein, nämlich mit dem Inkrafttreten der BS 11/2004 (bzw., bei Annahme einer Nichtigkeit lediglich der Inkrafttretensregelung, der Beitragssatzung vom 29. März 2004) als erster rechtswirksamer Beitragssatzung zum 1. April 2004, die ihrerseits erstmals eine Beitragspflicht für das Grundstück der Klägerin begründet. Hierin liegt auch kein „rückwirkender“ Eingriff in einen der Vergangenheit angehörenden („abgeschlossenen“) Tatbestand, vielmehr werden lediglich für die Zukunft neue abgabenrechtliche Folgerungen an die andauernde Vorteilslage geknüpft (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Januar 1986 - 8 B 123.84 -, NVwZ 1986, 483, 484). Ein Eingriff in einen abgeschlossenen Sachverhalt liegt insbesondere deshalb nicht vor, weil § 8 Abs. 7 Satz 2 n.F. KAG Wirkung nur für Fallkonstellationen entfaltet, in denen vor Inkrafttreten der Neuregelung keine rechtswirksame Beitragssatzung erlassen worden war. Ohne rechtswirksame Satzung konnte indessen noch keine sachliche Beitragspflicht entstehen und daher - wie das Verwaltungsgericht richtig erkennt - auch keine Festsetzungsverjährung eintreten (vgl. OVG Bbg, Beschluss vom 8. September 2004 - 2 B 112/04 -, Mitt. StGB Bbg 2004, 356). Die Klägerin konnte lediglich die Erwartung hegen, dass es dem Beklagten bei unveränderter Gesetzeslage nach deren Auslegung durch die (ober-)verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung nicht mehr möglich sein werde, in Anknüpfung an die bestehende Vorteilslage die sachliche Beitragspflicht für sein Grundstück zu begründen und die Beitragsforderung durch Bescheid geltend zu machen. Eine geschützte Rechtsposition war damit nicht begründet (vgl. dazu schon Beschlüsse des Senats vom 15. November 2006 - 9 S 64.06 - und vom 14. Dezember 2006 - 9 S 54.06 -); es gibt keine schutzwürdige Rechtsposition des Inhalts, dass es bei einer Rechtslage, nach der Abgaben nicht erhoben werden (können), verbleibt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Januar 1986 - 8 B 123.84 -, NVwZ 1986, 483, 484).
Ist danach allenfalls ein Fall der - regelmäßig zulässigen - tatbestandlichen Rückanknüpfung oder unechten Rückwirkung gegeben, zwingen vorliegend auch die Besonderheiten der Fallkonstellation nicht zu der Annahme des Verwaltungsgerichts, eine Veranlagung altangeschlossener Grundstücke, für die bis Ende 1997 kein Herstellungsbescheid erlassen wurde, mithin auch des Grundstücks der Klägerin, sei aus Gründen des Vertrauensschutzes ausgeschlossen.
Eine unechte Rückwirkung ist (nur) ausnahmsweise unzulässig, wenn das Gesetz einen entwertenden Eingriff vornimmt, mit dem der Betroffene nicht zu rechnen brauchte, den er also bei seinen Dispositionen nicht berücksichtigen konnte (vgl. BVerfG, Urteil vom 16. Juli 1985 - 1 BvL 5/80 u.a. -, BVerfGE 69, 272, 309; Beschluss vom 13. Mai 1986 - 1 BvR 99, 461/85 -, BVerfGE 72, 175, 196). Zudem muss das Vertrauen des Betroffenen schutzwürdiger sein als die mit dem Gesetz verfolgten Anliegen. Beides ist hier nicht gegeben. Zwar ist ein Vertrauensschutz entgegen der Auffassung des Beklagten nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil die Erwartung der Klägerin, nicht mehr zu einem Herstellungsbeitrag herangezogen zu werden, auf der Auslegung des § 8 Abs. 7 Satz 2 a.F. KAG durch das Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg basierte, Entscheidungen der Rechtsprechung aber keine dem Gesetzesrecht vergleichbare Rechtsbindung erzeugen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 1991 1 BvR 779/85 -, BVerfGE 84, 212, 227). Dies gilt jedenfalls deshalb, weil die Heranziehung der Klägerin vorliegend nicht durch eine Änderung der oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, sondern durch eine Gesetzesänderung ermöglicht wurde. Mit einer solchen Gesetzesänderung musste die Klägerin aber rechnen, so dass ein überwiegendes schutzwürdiges Vertrauen in die Beibehaltung der früheren Rechtslage unabhängig davon zu verneinen ist, dass vorliegend nicht ersichtlich (und auch vom Verwaltungsgericht nicht festgestellt worden) ist, welche wirtschaftlichen Dispositionen die Klägerin im Hinblick auf die vermeintlich nicht mehr zu erwartende Heranziehung zu einem Herstellungsbeitrag getroffen haben sollte, die durch die Änderung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG entwertet worden wären (vgl. Beschluss des Senats vom 14. Dezember 2006 - 9 S 54.06 -).
Für den Bereich des Abgabenrechts gilt, dass die bloße Erwartung, das geltende Recht werde unverändert fortbestehen, grundsätzlich nicht geschützt wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Januar 1986 - 8 B 123.84 -, NVwZ 1986, 483, 484; BVerfG, Urteil v. 28. November 1984 - 1 BvR 1157/82 -, BVerfGE 68, 287, 307). Danach müssten auf Seiten der Klägerin weitere gewichtige Interessen angeführt werden, die dem öffentlichen Interesse, Beitragsausfälle zu vermeiden, vorgehen würden. Daran fehlt es hier. Nach dem Kommunalabgabengesetz zu Grunde liegenden Konzept der Gesamtfinanzierung durch spezielle Entgelte sollen kommunale öffentliche Einrichtungen, die - wie die vorliegende der Schmutzwasserentsorgung - überwiegend dem Vorteil einzelner Personen oder Personengruppen dienen (vgl. §§ 6 Abs. 1 Satz 1, 8 Abs. 2 Sätze 1 und 2 KAG), nicht aus dem allgemeinen Haushalt, sondern durch den bevorteilten Personenkreis finanziert werden (vgl. OVG Bbg, Urteil v. 3. Dezember 2003 - 2 A 417/01 -, S. 16). Daher kann derjenige, dem - wie der Klägerin - ein solcher wirtschaftlicher Vorteil geboten wird, grundsätzlich kein schutzwürdiges Vertrauen darauf entwickeln, diese öffentliche Leistung auf Dauer ohne Gegenleistung zu bekommen. Zudem ist ein Vertrauen der Klägerin auf das Fortbestehen der früheren Rechtslage auch nach den Besonderheiten der rechtlichen Entwicklung auf dem Gebiet des Anschlussbeitragsrechts im Land Brandenburg nicht in besonderem Maße schutzwürdig. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg hat erstmals in seinem Urteil vom 8. Juni 2000 (- 2 D 29/98.NE -, LKV 2001, 132 ff.) entschieden, dass es für den Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht nach § 8 Abs. 7 Satz 2 a.F. KAG maßgeblich auf das erste „Inkraftsetzen“ einer vermeintlich gültigen Satzung durch den jeweiligen Verband oder die jeweilige Gemeinde, nicht dagegen auf das Inkrafttreten der ersten rechtswirksamen Satzung ankam. Zuvor existierte im Land Brandenburg keine obergerichtliche Rechtsprechung zu dieser Frage; zur Parallelbestimmung des nordrhein-westfälischen Kommunalabgabengesetz, das als Vorlage für das brandenburgische KAG gedient hat (vgl. OVG Bbg, Urteil v. 8. Juni 2000 - 2 D 29/98.NE -, LKV 2001, 132, 134 m. Nachw.), hatte das dortige Oberverwaltungsgericht erst mit seinem Urteil vom 18. Mai 1999 (- 15 A 2880/96 -, NVwZ-RR 2000, 535 ff.) diese Auslegung vertreten und die frühere Rechtsprechung, nach der unwirksame Beitragssatzungen für die Frage des Zeitpunkts des Entstehens der Beitragspflicht unerheblich sein sollten, ausdrücklich aufgegeben (a.a.O., S. 537). Die Klägerin hätte also erst seit Mitte des Jahres 2000 darauf vertrauen können, in Anbetracht der Auslegung des § 8 Abs. 7 Satz 2 a.F. KAG durch die Rechtsprechung nicht mehr zu einem Herstellungsbeitrag herangezogen werden zu können. Angesichts der durch diese Rechtsprechung eröffneten Perspektive, dass Gemeinden und Zweckverbände den Herstellungsaufwand für die der Versorgung oder der Abwasserbeseitigung dienenden leitungsgebundenen Anlagen nur unter Inkaufnahme weit gehender Beitragsausfälle über Beiträge würden finanzieren können, war jedoch mit einer Regelung durch den Gesetzgeber zu rechnen, um eine Klärung zwischen früherem Verständnis der Vorschrift und ihrer Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht herbeizuführen. Ein gefestigtes und damit schutzwürdiges Vertrauen in die Beständigkeit des durch die oberverwaltungsgerichtliche Auslegung des § 8 Abs. 7 Satz 2 a.F. KAG geprägten Rechtszustandes konnte sich in dieser Situation jedenfalls bis zum Erlass der Neufassung im Dezember 2003 nicht entwickeln (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Juni 1986 - 2 BvL 5/80 u.a. -, BVerfGE 72, 302, 325 f.). Dies gilt um so mehr, als die Rechtslage in Brandenburg auch in anderer Hinsicht lange Zeit ungeklärt war: Ob zu DDR-Zeiten an zentrale Ver- oder Entsorgungseinrichtungen angeschlossene (sog. altangeschlossene) Grundstücke - wie das der Klägerin - überhaupt zu Herstellungsbeiträgen nach dem KAG herangezogen werden könnten, war lange zweifelhaft; die Frage ist vom Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg erstmals in seinem Urteil vom 5. Dezember 2001 (- 2 A 611/00 -, Mitt. StGB Bbg 2002, 126) bejaht worden. Die vom Beklagten - vor Erlass der zitierten Entscheidungen - gewählte Vorgehensweise, die Eigentümer altangeschlossener Grundstücke statt zu Herstellungsbeiträgen zu Verbesserungsbeiträgen heranzuziehen, hat das Oberverwaltungsgericht mit Urteilen vom 3. Dezember 2003 - 2 A 733/03 und 734/03 -, LKV 2004, 555) für unzulässig erklärt. Angesichts all dieser Unsicherheiten kann von einem das öffentliche Interesse an der Erhaltung der rechtlichen Möglichkeiten zur Finanzierung der Herstellungskosten für die leitungsgebundenen, der Versorgung oder der Abwasserbeseitigung dienenden Einrichtungen und Anlagen im Sinn des § 8 Abs. 4 Satz 3 KAG durch Herstellungsbeiträge überwiegenden Vertrauensschutz der Eigentümer altangeschlossener Grundstücke nicht die Rede sein. Insbesondere kann der Beklagte nicht von vornherein auf die - ihm offen stehende - Möglichkeit verwiesen werden, die Anlagenfinanzierung von der bisherigen Methode der Finanzierung über Gebühren und Beiträge auf eine reine Gebührenfinanzierung umzustellen (dazu Urteil des Senats vom 6. Juni 2007 - 9 A 77.05 -). Umgekehrt konnte die Klägerin angesichts dieser Möglichkeit ohnehin nicht darauf vertrauen, dauerhaft keine Leistungen für den Investitionsaufwand des Beklagten erbringen zu müssen. Unerheblich ist schließlich auch, ob die Klägerin auf die Gültigkeit der früheren Beitragssatzungen des Beklagten vertraut hat.
Die Heranziehung der Klägerin zu einem Herstellungsbeitrag in Höhe von 1.796,43 EUR durch den angefochtenen Bescheid ist auch im Übrigen rechtmäßig. Die Klägerin ist als Eigentümerin des Grundstücks beitragspflichtig (§ 8 Abs. 1 BS 11/2004), das - unstreitig - mit seiner gesamten Fläche von 771 m² dem Innenbereich zuzuordnen ist (§ 6 Abs. 2 Buchstabe b BS 11/2004). Bei Ansatz eines Vollgeschosses (§ 6 Abs. 3 und Abs. 5 BS 11/2004) ist der Beitrag rechnerisch richtig ermittelt. Da die sachliche Beitragspflicht für das Grundstück - wie ausgeführt - erst mit Inkrafttreten der Satzung am 1. April 2004 entstanden ist, war die Festsetzungsfrist gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b KAG i.V.m. §§ 169, 170 Abs. 1 AO 1977 bei Erlass des Bescheides (und ist bis heute) noch nicht abgelaufen. Die Beitragsforderung des Beklagten ist nicht verwirkt. Der späte Erlass eines Beitragsbescheides wird durch die lange andauernde Unsicherheit über die Zulässigkeit der Veranlagung altangeschlossener Grundstücke erklärt; hinzu kommt die Unsicherheit über die rechtliche Existenz des Beklagten als Zweckverband, die erst durch den Erlass des Feststellungsbescheides nach dem Zweckverbandssicherungsgesetz vom 27. Juni 2000 beendet wurde. Spätestens seit dem Erlass des Bescheides über einen Verbesserungsbeitrag musste der Klägerin zudem bewusst sein, dass der Beklagte auch von ihr einen Beitrag erheben wollte. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte auf Dauer nur diejenigen Beitragspflichtigen zu einem Herstellungsbeitrag heranziehen würde, die sich gegen Verbesserungsbeitragsbescheide gewandt hatten; der Beklagte hat vielmehr im Parallelverfahren OVG 9 B 45.06, in dem die Prozessbevollmächtigten der Klägerin den Kläger vertreten, ausdrücklich erklärt, dass bis zum 31. Dezember 2008 jeder Beitragspflichtige im Verbandsgebiet einen Herstellungsbeitragsbescheid erhalten werde. Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheids in der Fassung des Widerspruchsbescheides ergeben sich schließlich auch nicht aus der missverständlichen Formulierung in der Begründung des letzteren, es sei zu berücksichtigen, dass mit Bescheid vom 14. (richtig wohl: 19.) Dezember 2001 bereits ein Beitrag in Höhe von 470,31 EUR festgesetzt worden sei, der Bescheid vom 25. August 2004 lege somit nur noch den Differenzbetrag in Höhe von 1.326,12 EUR fest. Angesichts des Ausspruchs des Widerspruchsbescheids, mit dem der Widerspruch der Klägerin in vollem Umfang zurückgewiesen wird, stellt diese Formulierung nicht den Regelungsgehalt des Beitragsbescheids - die Höhe des festgesetzten Beitrags - in Frage, sondern ist als bloßer Hinweis darauf zu verstehen, dass die Klägerin durch den Bescheid gegenüber dem früher festgesetzten Verbesserungsbeitrag nur in Höhe des Differenzbetrages zusätzlich belastet wird.
Az: 807-00