MITTEILUNGEN 06-07/2007, Seite 212, Nr. 128
BVerfG zur Genehmigung einer Mobilfunksendeanlage
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit Beschluss vom 24.01.2007 (1 BvR 382/05) zu den Genehmigungsvoraussetzungen einer Mobilfunksendeanlage Stellung genommen. Dem Beschluss zufolge können die geltenden Grenzwerte der 26. BImSchV für elektromagnetische Felder nur dann verfassungsrechtlich beanstandet werden, wenn erkennbar ist, dass sie die menschliche Gesundheit völlig unzureichend schützen. Hierfür gibt es derzeit allerdings keine Anhaltspunkte.
Im zugrunde liegenden Sachverhalt wandte sich eine Grundstückseigentümerin gegen die bauaufsichtliche Genehmigung einer Mobilfunksendeanlage in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft. Für diese Anlage war zuvor eine Standortbescheinigung über die Einhaltung der Sicherheitsabstände und Grenzwertanforderungen durch die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (heutige Bundesnetzagentur) erteilt worden. Die Grundstückseigentümerin hatte mit ihren Rechtsbehelfen gegen die Genehmigung keinen Erfolg. Das BVerfG hat über die gegen diese Entscheidungen gerichtete Verfassungsbeschwerde nunmehr entschieden.
Das BVerfG hat die letzte Entscheidung der Instanzgerichte zwar aus formalen Gründen aufgehoben. In der Sache selbst hat es aber bestätigt, dass vorliegend der Grundstückseigentümerin kein immissionsschutzrechtlich begründeter nachbarlicher Abwehranspruch gegen die Mobilfunksendeanlage zustand.
Seit dem Beschluss des BVerfG vom 28.02.2002 zu den in der 26. BImSchV festgelegten Grenzwerten stehe fest, dass dem Verordnungsgeber bei der Erfüllung der staatlichen Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsbereich zukomme. Hiernach seien nicht alle denkbaren Schutzmaßnahmen zu treffen, um private Interessen zu wahren. Die geltenden Grenzwerte könnten nur dann verfassungsrechtlich beanstandet werden, wenn erkennbar sei, dass sie die menschliche Gesundheit völlig unzureichend schützen.
Nach Auffassung des BVerfG liegen derzeit aber keine verlässlichen wissenschaftlichen Erkenntnisse über komplexe Gefährdungslagen – wie etwa schädliche Wirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Felder – vor. Darüber hinaus könne die Grundstückseigentümerin auch Wertverluste ihres grundrechtlich geschützten Eigentums nicht erfolgreich geltend machen. Hoheitlich bewirkte Minderungen des Marktwerts, die durch eine behördliche Zulassung eines Vorhabens in der Nachbarschaft eintreten, seien regelmäßig nicht durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützt. Die weitere Frage, ob Mobilfunksendeanlagen als Nebenanlagen im Sinne von § 14 Abs. 2 S. 2 BauNVO (1990) einzustufen sind, ist bislang in der obergerichtlichen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte umstritten und höchstrichterlich noch nicht entschieden worden.
Anmerkung:
Schädliche Umwelteinwirkungen durch Mobilfunksendeanlagen beschäftigen die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung bereits seit vielen Jahren. Zunächst wurden (nur) immissionsschutzrechtliche Argumente gegen die Errichtung von Sendeanlagen vorgetragen. Nach dem Inkrafttreten der 26. BImSchV hat sich die Diskussion indes in das Bauordnungs- und Bauplanungsrecht verlagert. Das BVerfG hat in seinem Beschluss noch einmal unterstrichen, dass derzeit keine verlässlichen wissenschaftlichen Erkenntnisse über Gefährdungslagen durch elektromagnetische Felder vorliegen. Vor diesem Hintergrund können die derzeit geltenden Grenzwerte der 26. BImSchV verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden.
Az: 804-04