MITTEILUNGEN 08/2007, Seite 249, Nr. 155
Im Land Brandenburg weiterhin keine rechtliche Grundlage, Tariftreueerklärungen von Bietern in Vergabeverfahren zu verlangen
Eine Tariftreueerklärung kann in Ausschreibungen im Land Brandenburg von Bietern nicht gefordert werden. Darauf hat die Landesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage eines Landtagsabgeordneten zur Praxis der Vergabe von Empfangs-, Einlass und Bewachungsdiensten hingewiesen (Landtag Brandenburg, Drucksache 4/4824). Die einzelnen Ministerien schreiben auf Grundlage der Verdingungsordnung für Leistungen, Teil A (VOL/A) unter Beachtung der haushaltsrechtlichen Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit derartige Leistungen nach Bedarf selbst aus. Der Zuschlag werde auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt. Die Landesregierung beteilige sich nicht am Lohndumping. So könnten Angebote im Einzelfall gegebenenfalls unter dem Aspekt des Vorliegens eines unangemessen niedrig erscheinenden Angebots auch auf die ihnen zu Grunde liegende Lohnstruktur überprüft werden.
Die Landesregierung plane zurzeit keine Ausweitung der Anforderungen an Unternehmen für die Teilnahme am Wettbewerb für öffentliche Aufträge. Auch wenn eine rechtliche Grundlage für die Forderung nach einer Tariftreueerklärung nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11.7.2006 im Ergebnis einer erforderlichen Abwägung des Gesetzgebers verfassungsrechtlich unbedenklich sein könne, dürfe ein entsprechendes Gesetz nicht gegen Internationales Vertragsrecht verstoßen. Nach Auffassung der Landesregierung soll daher die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes über die Vorlagefragen des Oberlandesgerichts Celle im Verfahren C-346/06 abgewartet werden. Das OLG Celle halte einen Verstoß gegen die Verpflichtung EG-Vertrages für möglich, der es verbietet, neue Handelshemmnisse zu errichten.
Der Städte und Gemeindebund Brandenburg hat bisher Forderungen nach Einführung einer Tariftreueerklärung in Vergabeverfahren abgelehnt. Die kommunalen Vergabestellen seien nicht in der Lage die Einhaltung des Tarifsrechts im Rahmen der Vergabeverfahren wirksam zu überprüfen. Der Städte und Gemeindebund hatte u.a. im vergangenen Jahr auch darauf hingewiesen, dass von den ca. 69.000 im Gemeinsamen Tarifregister Berlin-Brandenburg eingetragenen und archivierten Tarifverträgen mit Geltung in Berlin und Brandenburg über 20.000 gültig seien. Rund 5.800 seien von den Tarifvertragsparteien (Arbeitsgeberverbände/Gewerkschaften) für bestimmte Branchen/Wirtschaftszweige in ihrer Gesamtheit geschlossen worden. Zudem verfügten viele Firmen mit Sitz oder Niederlassungen in Berlin und/oder Brandenburg über Firmen- oder Haustarifverträge. Es überfordere die Vergabestellen der Kommunen in den Vergabeverfahren, die vielfältigen arbeitsrechtlichen Vereinbarungen in Prüfungen der Vergabeverfahren einzubeziehen. Von den Unternehmen lediglich eine Tariftreue-Eigenerklärung zu verlangen, hätte die gleiche Wirkung, wie „Verkehrsregeln, deren Einhaltung nicht von der Polizei überwacht werden“ (vgl. Pressemitteilung vom 7. Oktober 2006).
siehe auch: http://www.berlin.de/sen/arbeit/tarifregister/index.html
Az. 601-00