MITTEILUNGEN 12/2007, Seite 438, Nr. 247

Diskussionsforum zum Abgabenrecht im Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg

Der Vollzug des Abgabenrechts durch Verwaltungsbehörden und Gerichtsbarkeit war Thema eines Diskussionsforums  am 5. November 2007 zu dem der Präsident des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg und der Städte- und Gemeindebund Brandenburg gemeinsam Vertreter der Verwaltungsgerichtsbarkeit und der Kommunen eingeladen hatten.

Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen dabei die Prüfungsmaßstäbe der Verwaltungsgerichtsbarkeit. In seinem Eröffnungsbeitrag erinnerte der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg daran, dass nach der politischen Wende nicht nur die Kommunalverwaltungen neu aufgebaut wurden, sondern auch das bisher unbekannte Kommunalabgabenrecht im Land Brandenburg wieder eingeführt wurde. Böttcher machte darauf aufmerksam, dass der Gesetzgeber auch auf die spätere Vollziehbarkeit der Normen gerade im Kommunalabgabenrecht ein besonderes Augenmerk zu richten habe. Er sprach in diesem Zusammenhang die Novellierung des Wassergesetzes und die damit verbundenen Problem der Umlage der Verbandesbeiträge durch die Gemeinden an. Er warnte davor, dass im Zuge der Novellierung des Kommunalverfassungsrechts die Anforderungen an den Inhalt der Hauptsatzungen ausgeweitet werden und diese vermehrt angreifbar würden.

Aus Sicht einer mittleren Stadt erläuterte der Bürgermeister der Stadt Forst, Jürgen Goldschmidt, die Auswirkungen der Rechtsprechung auf das Verwaltungshandeln. Er zeigte auf, welche Vollzugsprobleme sich aus unklarer Rechtsprechung ergeben. Zur Kontrolldichte bei der gerichtlichen Prüfung von Abgabensatzungen sprach der Vorsitzende Richter am Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Jürgen Schmidt. Die Handhabung des Abgabenrechts in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erläuterte der Richter am Bundesverwaltungsgericht, Prof. Dr. Rüdiger Rubel. Er machte die Anforderungen deutlich, die nach dem Rechtsstaatsprinzip an den Erlass des Abgabenrechts zu stellen sind.

Am Beispiel des Landes Schleswig-Holstein erläuterte der Vizepräsident des Deutschen Anwaltsvereins, Rechtsanwalt Prof. Dr. Ewer, Auswirkungen der Rechtsprechung. Er ging auch der Frage nach, ob die derzeitige Arbeitsweise der Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht dazu führe, dass immer mehr Rechtsgebiete anderen Gerichtszweigen zugewiesen wurden. Als Beispiel verwies er auf die Sozialrechtsreformen (Sozialgerichtsbarkeit) oder auf die Kontrolle des Vergaberechts (ordentliche Gerichtsbarkeit). Aus dem Blickwinkel der Kommunen setzte sich Referatsleiter Jens Graf (StGB Bbg.) kritisch mit den Anforderungen auseinander, die die Rechtsprechung im Land Brandenburg zum Vollzug öffentlicher Bekanntmachungen entwickelt hatte. In Brandenburg werde in vielen Gemeinden erwartet, dass Bekanntmachungen auch in so genannten Ortsnachrichtenblättern erfolgen könnten. Mit der Rechtsprechung solle gemeinsam ein Weg gesucht werden, der dies zuließe.

Gegen eine Aufhebung aber für eine Lockerung der derzeitigen Bekanntmachungsverordnung sprach sich Ministerialrat Dr. Grünewald, Ministerium des Innern des Landes Brandenburg, aus. Dem gegenüber zeigte der Vorsitzende Richter am Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Dr. Andreas Korbmacher auf, dass in verschiedenen Bundesländern auch ohne eine Bekanntmachungsverordnung Ortsrecht wirksam in Kraft gesetzt werde. In Berlin gäbe es Probleme, wie sie in Brandenburg bekannt seien, nicht.

Zum Prüfungsumfang im Abgabenrecht sprach der Vorsitzende Richter am Verwaltungsgericht Dr. Deppe. Einen interessanten Vergleich der Prüfungsweise der Finanzgerichte und der Verwaltungsgerichte nahm der Richter am Finanzgericht Dr. Günter Beck vor. Der Präsident des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg appellierte an Rechtsprechung und Verwaltung, gemeinsam nach Wegen zu suchen, die anhängigen abgabenrechtlichen Streitigkeiten einer Erledigung zuzuführen.  An der Veranstaltung nahm auch Präsident des Bundesverwaltungsgerichts a.D. Dr. Eckart Hien als Gast teil. Eine Dokumentation der Veranstaltung ist in Vorbereitung.

Jens Graf, Referatsleiter

Az: 009-03

                                                    

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