Mitteilungen 12/2008, Seite 503, Nr. 245

Gesetzentwurf der Landesregierung eines Gesetzes zur Strukturreform des amtlichen Vermessungswesens

Die Landesregierung bereit eine Reform des amtlichen Vermessungswesens vor. Dem Landtag Brandenburg liegt derzeit der Entwurf eines Gesetzes zur Strukturreform des amtlichen Vermessungswesens vor (Drucksache 4/6675). Der Ausschuss für Inneres führte am 27. November 2008 eine öffentliche Anhörung durch. Der Städte- und Gemeindebund Brandenburg wurde durch Geschäftsführer Karl-Ludwig Böttcher vertreten. Das Protokoll der Anhörung ist bereits  in das Internetangebot des Landtages Brandenburg eingestellt worden und über folgende Adresse aufrufbar: http://www.landtag.brandenburg.de/de/Aktuelles_aus_dem_Landtag/294393.html. Nachfolgend wird die schriftliche Stellungnahme des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg in Auszügen dokumentiert:

„Sehr geehrter Herr Vorsitzender,

für die Möglichkeit in einer öffentlichen Anhörung zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Strukturreform des amtlichen Vermessungswesens gegenüber dem Ausschuss für Inneres Stellung zu nehmen, danken wir Ihnen. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens hatte der Städte- und Gemeindebund bereits mehrere Stellungnahmen gegenüber dem Ministerium des Innern abgegeben.

I. Vorbemerkung:

1. Von hier wird ein Neuausrichtung des Vermessungswesens und die Erweiterung der Zugangsmöglichkeiten und größere Transparenz des Datenaustausches weiterhin grundsätzlich unterstützt. Der Städte- und Gemeindebund Brandenburg hält in diesem Bereich eine engere Zusammenarbeit mit Berlin für erforderlich. Für den Bereich der Geodatenstruktur ist eine solche Zusammenarbeit mit Berlin auch institutionell vertieft und war auch bereits Gegenstand gemeinsamer Sitzungen der Landesregierung und des Senats von Berlin. Dies sollte daher auch ausdrücklich im Gesetz verankert werden. Zudem erneuern wir unseren Vorschlag, mit Berlin eine gemeinsame Landesoberbehörde für die Aufgaben des Landesbetriebs Landesvermessung und Geobasisinformation (LGB) zu bilden.

2. Wir unterstützen grundsätzlich das Ziel des Entwurfs, zu einer größeren Harmonisierung von Geodaten beizutragen und die Grundlage für den zügigen Aufbau einer Geodateninfrastruktur zur schaffen. In Stellungnahmen gegenüber dem Ministerium des Innern hatten wir deutlich gemacht, dass die Mitwirkung der Städte, Gemeinden und Ämter am Aufbau einer Geodateninfrastruktur nicht unerhebliche finanzielle Aufwendungen erforderlich machen wird und eine angemessene Beteiligung des Landes an diesen Kosten gefordert. Das jetzt von der Landesregierung aufgelegte Förderprogramm ist für den umfassenden Ansatz des Entwurfs nicht auskömmlich. Insbesondere ist die Frage offen, wie landesweit die Schaffung einer Basis-Infrastruktur im Bereich der Städte, Gemeinden und Ämter finanziert werden kann.

3. In diesem Zusammenhang ist auch in den Blick zu nehmen, dass derzeit im Deutschen Bundestag der Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesetzes über den Zugang zu digitalen Geodaten (Geodatenzugangsgesetz  - GeoZG, Drucksache 16/10530) beraten wird. Mit dem GeoZG soll die INSPIRE-Richtlinie der Europäischen Union auf der Ebene des Bundes umgesetzt werden. Es dient dem Aufbau einer nationalen Geodateninfrastruktur und schafft den rechtlichen Rahmen für den Zugang zu Geodaten, Geodatendiensten und Metadaten von geodatenhaltenden Stellen des Bundes und der bundesunmittelbaren juristischen Personen öffentlichen Rechts. Der Entwurf formuliert allerdings auch Bereitstellungspflichten für zuständige Stellen der Länder (vgl. § 5 GeoZG-E).

Ein Vergleich dieses Gesetzentwurfs mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung des Landes Brandenburg weist auch bei der Regelung ähnlicher Sachverhalte erhebliche Unterschiede auf. Diese rühren zum einen daher, dass für gleiche Tatbestände unterschiedliche Begriffe verwendet werden. Zum anderen wird nach unserem Eindruck vom Bund versucht, die EU-Richtlinie 1 : 1 umzusetzen. Daher ist der Anwendungsbereich auf bestimmte Geodaten und Geodatendienste eingeschränkt. Auch ist vorgesehen, dass Geodaten haltende Stellen, die Geodaten Externen anbieten für deren Nutzung Lizenzen erteilen und Geldleistungen fordern können, soweit durch besondere Rechtsvorschrift nichts anderes bestimmt ist (§ 13 Abs. 3 GeoZG-E). Offenbar wird versucht, die mit der Bereitstellung der Daten und der Herstellung der Interoperabilität der Geodaten verbundenen Aufwendungen auf diese Weise jedenfalls zum Teil zu refinanzieren.

Wegen der erheblichen Unterschiede beider Entwürfe und der ungeklärten Finanzierung der Anforderungen an die Städte, Gemeinden und Ämter im Land Brandenburg hatte sich der Städte- und Gemeindebund Brandenburg gegenüber dem Ministerium des Innern dafür ausgesprochen, den ersten Teil des Gesetzentwurfes (Geoinformation) solange zurückzustellen, bis Klarheit über die voraussichtliche Bundesregelung besteht. Der Gesetzentwurf des Landes sollte sodann an die Begrifflichkeit des Bundesentwurfs angepasst werden. Es ist anzustreben, dass in Bundes- und Landesrecht keine unterschiedliche Terminologie (vgl. Bestimmungen im Einzelnen) verwendet wird. Ferner sollten Finanzierungsvorschläge unterbreitet werden.

Zwischenzeitlich wird Ministerium des Innern ein Anhörungsverfahren zu einem Ersten Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Geoinformations- und Vermessungsgesetzes – BbgGeoVermG durchgeführt, mit dem eine Anpassung an das Bundesrecht erreicht werden soll. Vor diesem Hintergrund macht es wenig Sinn, jetzt ein Gesetz zu verabschieden, dessen wesentlicher Teil bereits wieder einer grundlegenden Novellierung unterzogen werden soll.

4. Ferner ist es nicht akzeptabel, dass das Erfassen der Geobasisdaten der Liegenschaften, die Ermittlung von Grenzen, ihre amtliche Bestätigung und die Widmung von Grenzzeichen grundsätzlich privatisiert werden soll. Der Entwurf sieht in § 26 Abs. 2 vor, dass die Katasterbehörden diese Aufgaben nur noch von Amts wegen oder zur Erfüllung eigener Aufgaben der Gebietskörperschaften erledigen dürfen. Dies führt dazu, dass den Bürgern die bisherige Wahlmöglichkeit genommen wird, z.B. Grenzfeststellungen durch eine Verwaltungsbehörde oder einen Öffentlich bestellten Vermessungsingenieur vornehmen zu lassen. Vor dem Hintergrund, dass die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure im wirtschaftlichen Wettbewerb tätig sind und neben übertragenen hoheitlichen Aufgaben regelmäßig auch ein breites Spektrum an anderen Dienstleistungen anbieten (z.B. Liegenschaftsmanagement) hat sich dies in der Vergangenheit als wichtiges Korrektiv erwiesen. Bei einem Rückzug der Kataster- und Vermessungsämter würde hier eine Kernkompetenz staatlichen Handelns unnötig aufgegeben werden. Zudem konnte bislang mit den behördlichen Vermessungen ein wichtiger Beitrag zur Mitfinanzierung der Aufgabenerfüllung der Kataster- und Vermessungsämter der kreisfreien  Städte geleistet werden.

5. Schließlich mangelt der Gesetzentwurf an einem Kostenerstattungskonzept. Das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg hat im Urteil vom 14. Februar 2002 folgende Leitsätze formuliert:

1. Eine Verpflichtung zur Erfüllung neuer Aufgaben im Sinne von Art. 97 Abs. 3 der Landesverfassung liegt auch dann vor, wenn eine Aufgabenübertragung auf die Kommunen unter Ergänzung um weitere Aufgaben und unter auf die Aufgabenwahrnehmung Einfluss nehmender Veränderung des Erstattungssystems erneuert wird.

2. "Entsprechender finanzieller Ausgleich" im Sinne von Art. 97 Abs. 3 Satz 3 der Landesverfassung bedeutet eine vollständige und finanzkraftunabhängige Erstattung der mit der Wahrnehmung der übertragenen Aufgabe verbundenen notwendigen Kosten.

3. a) Der Gesetzgeber ist im Rahmen der Kostenausgleichsregelung nicht daran gehindert, ein Kostenerstattungskonzept zu verfolgen, welches Anreize für eine sparsame Aufgabenwahrnehmung gibt und dadurch eine kostensenkende Wirkung entfaltet. Die Ausgleichsregelung muss jedoch jeder einzelnen betroffenen Kommune die realistische Möglichkeit eröffnen, durch zumutbare eigene Anstrengungen zu einem vollständigen Kostenausgleich zu kommen.

b) Voraussetzung für eine Regelung gemäß a) ist eine fundierte und plausible gesetzgeberische Prognose zu den mit der Aufgabenwahrnehmung verbundenen Kosten einerseits und ihrer Beeinflussbarkeit durch die Kommunen andererseits unter vertiefter Auseinandersetzung mit den tatsächlichen Gegebenheiten und Besonderheiten vor Ort.

4. Fallzahlobergrenzen für die Kostenerstattung, wie sie durch die Haushaltsstrukturgesetze 2000 und 2002 für die Eingliederungshilfe für Behinderte festgelegt worden sind, sind in dieser Form mit dem strikten Konnexitätsprinzip des Art. 97 Abs. 3 der Landesverfassung nicht vereinbar.

5. Die Regelung des Kostenausgleichs muss den Kommunen hinreichende Planungs- und Finanzierungssicherheit eröffnen und darf die Frage der vollständigen Kostendeckung nicht letztlich der Exekutive überlassen. Erfolgt die Aufgabenübertragung durch Gesetz, muss auch die Kostenerstattungsregelung mindestens in den Grundzügen durch Gesetz getroffen werden.
   
Diese verfassungsrechtlichen Anforderungen erfüllt der von der Landesregierung vorgelegte Gesetzentwurf nicht. Der Entwurf sieht zwar eine die Kommunen einbeziehende grundlegende Reform des Kataster- und Vermessungswesens vor. Die Landkreise und kreisfreien Städte sollen weiterhin die Aufgaben der Katasterbehörden erfüllen.

Der Entwurf enthält aber abweichend von Leitsatz 3 weder eine Prognose der bei den Kommunen anfallenden Kosten noch ein Konzept, wie die Kosten gedeckt werden können.

Vielmehr hat die Landesregierung mit der am 2. September 2008 nach einer Mitteilung des Ministeriums des Innern ein von dem Entwurf unabhängiges Konzept von Kostenerstattungen für die Kataster- und Vermessungsämter der kreisfreien Städte und Landkreis für die Jahre 2008 bis 2018 beschlossen. Der Mitteilung des Ministeriums des Innern haben wir entnommen, dass die Beträge von 30,56 Mio. EUR im Jahre 2008 auf 22,87 Mio. EUR im Jahre 2018 sinken sollen. Damit sollen landesweit im Jahr 2008 623 und 2018 391 Stellen der Kataster- und Vermessungsämter finanziert werden.

Demgegenüber sieht der Abschlussbericht der Projektgruppe „Strukturreform des amtlichen Vermessungswesens“ landesweiten Bedarf (optimierte Personalausstattung) von etwa 800 Stellen, die bis 2018 auf und 600 Stellen zurückgeführt werden sollen (vgl. Übersicht auf Seite 19 des Abschlussberichts).

Es ist nicht erkennbar, dass die Deckungslücke durch eigene Einnahmen der Städte ausgeglichen werden kann. Die eigenen Einnahmemöglichkeiten der Städte werden nämlich infolge des Wegfalls der Antragsvermessungen und der Erweiterung der Datenabgabe auf den Landesbetrieb und die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure nach übereinstimmenden Prognosen der Städte um mehr als 50 % sinken.

Die unabhängig von dem Gesetzgebungsverfahren in Aussicht gestellte Kostenerstattung ist damit nicht geeignet, den im Rahmen des Projektes Strukturreform des amtlichen Vermessungswesens bemessenen Personalbedarf der Städte zu finanzieren.

So geht die Landeshauptstadt Potsdam davon aus, dass die jährliche Finanzierungslücke von  209.079 im Jahr 2009 auf 661.119 EUR im Jahre 2018 steigen wird. Die Stadt Cottbus erwartet, dass rund ein 1/3 der nach dem im Rahmen des in der Strukturreform ermittelten Stellenbedarfs nicht finanziert sein werden.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die nachfolgenden Beispiele der Landeshauptstadt Potsdam und der Stadt Frankfurt (Oder) verwiesen:

(…)

Nach alledem ist der Entwurf ohne Verbindung zu einem tragfähigen Kostenerstattungskonzept als verfassungswidrig anzusehen und sollte vom Landtag Brandenburg daher nicht verabschiedet werden. Die fortdauernde Verletzung der Landesverfassung darf nicht weitergeführt werden.

Zu den Bestimmungen im Einzelnen:

Zu Artikel 1 – Gesetz über das Geoinformations- und amtliche Vermessungswesen im Land Brandenburg (Brandenburgisches Geoinformations- und Vermessungsgesetz – BbgGeoVermG) 

Zu § 1 – Anwendungsbereich

Ein Vergleich des Entwurfs mit § 4 GeoZG zeigt, dass der Bund in den Anwendungsbereich seines Gesetzes nur bestimmte enumerativ aufgezählte Geodatenbestände aufnimmt, während das Land Brandenburg sämtliche Geoinformationen in den Anwendungsbereich seines Landesgesetzes stellen will. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass im Entwurf des Landes von „Geoinformationen“ (§ 1 Abs. 2 Satz 1), demgegenüber aber im Entwurf des Bundes von „Geodaten“ (§ 3  Abs. 1 GeoZG) gesprochen wird. Für den Anwender wird diese unterschiedliche Herangehensweise und Begrifflichkeit erhebliche Vollzugsprobleme mit sich bringen.

Zu § 2 - Geodaten-Infrastruktur

Die Bestimmung trifft Regelungen für den Aufbau einer „Geodaten-Infrastruktur Brandenburg“. Insbesondere geht Absatz 3 davon aus, dass im Land Brandenburg eine separate Geodaten-Infrastruktur aufgebaut werden soll. Der Städte- und Gemeindebund Brandenburg hatte sich in den vergangenen Jahren für den Aufbau einer gemeinsamen Geodateninfrastruktur im Wirtschaftsraum Berlin-Brandenburg ausgesprochen. Eine gemeinsame Geodateninfrastruktur Berlin-Brandenburg ist jetzt im Aufbau. In diesem Zusammenhang hatte sich der Lenkungsausschuss der gemeinsamen  Geodateninfrastruktur dafür ausgesprochen, für beide Länder eine gemeinsame in der öffentlichen Verwaltung angesiedelte Organisationseinheit zu schaffen. Es ist nicht erkennbar, warum die bisherigen Initiativen keinen Niederschlag in der Formulierung des Gesetzestextes entfaltet haben. Vielmehr wird ein gegenteiliger Eindruck vermittelt. Eine gesetzliche Verankerung einer Brandenburger Geodateninfrastruktur dürfte den Aufbau einer kooperativen Einrichtung erschweren.

Zu § 3 - Harmonisierung

Vom Städte- und Gemeindebund werden Bestrebungen zur Harmonisierung der qualitativen und technischen Anforderungen an die Gewinnung und Verarbeitung der Geoinformationen grundsätzlich unterstützt. Allerdings sind dabei die rechtsstaatlichen Anforderungen zu beachten.

Dies ist nicht in Absatz 2 der Bestimmung gewährleistet. Danach sollen „bestehende nationale und internationale Normen und Standards“ einzuhalten sein, ohne dass erkennbar ist, welche Regelungen im Einzelnen gemeint sind und in welchem Verfahren diese Regelungen zustande gekommen sind. 
Das in der Verfassung verankerte Bestimmtheitsgebot soll sicherstellen, dass die gesetzesausführende Verwaltung für ihr Verhalten steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe vorfindet und die Gerichte die Rechtskontrolle durchführen können; ferner erlauben die Bestimmtheit und Klarheit der Norm, dass der betroffene Bürger sich auf mögliche belastende Maßnahmen einstellen kann (vgl. BVerfGE 110, 33, 52 ff.; 113, 348, 375 ff.). Der Anlass, der Zweck und die Grenzen eines Eingriffs müssen in der Ermächtigung grundsätzlich bereichsspezifisch, präzise und normenklar festgelegt werden (vgl. BVerfGE 100, 313, 359 f., 372; 110, 33, 53; 113, 348, 375).
§ 3 Abs. 2 des Entwurfs lässt mit seiner Verweisung auf „bestehende nationale und internationale Normen und Standards“ dem entgegenstehend völlig offen, welche Vorschriften im Einzelnen gelten sollen und ob diese Vorschriften dem Normadressaten überhaupt durch ordnungsgemäße Veröffentlichung zugänglich sind (vgl. zu den Anforderungen nur BVerfGE 47, 285, 311 m.w.N.).
Hinzu kommt, dass die vorgesehene" dynamische" Verweisung auf sämtliche nationalen und internationalen Normen und Standards die Schutzfunktion des Art. 97 Abs. 3 LV des § 1 Abs. 5 BbgKVerf vor der Einführung von Rechtsnormen oder Verwaltungsvorschriften unterlaufen würde.
Der Absatz ist durch eine hinreichend bestimmte Regelung, ggf. auch mit Hilfe einer Verordnungsermächtigung zu ersetzen.

Zu § 4 - Zugang und Nutzen

Abs. 1 sieht vor, dass bei den § 1 Abs. 1 S. 1 des Entwurfs definierten öffentlichen Stellen (also auch den Städten, Gemeinden und Ämtern) verfügbaren Geoinformationen allen zugänglich sein sollen und von jeder Person oder Stelle genutzt werden dürfen. Dieser Grundsatz wird lediglich durch die Regelungen des Datenschutzes und des Urheberrechts eingeschränkt. Für einen solchen Grundsatz spricht sicherlich die möglichst weite Verbreitung von Geodaten. Allerdings wirft die Regelung im Detail verschiedene Probleme auf, die im Gesetzentwurf keiner Lösung zugeführt werden. Insbesondere ist nicht geklärt, wie die Bereitstellung der Geodaten finanziert werden kann, ohne dass hierfür eine Gegenleistung verlangt werden kann. Hier kann der Entwurf des GeoZG als Orientierung dienen, der kommerzielle Weiterverwertung der öffentlichen Daten einschränkt bzw. an Bedingungen knüpft.

Zum anderen verfügen die Kommunen vielfach nicht über die technischen Voraussetzungen, um Geoinformationen über Geoportale oder Geodatennetzwerke bereitzustellen. Die Einführung einer solchen Verpflichtung in § 4 Abs. 3 des Entwurfs setzt voraus, dass vom Land die anfallenden Kosten der Kommunen ermittelt und ausgeglichen werden müssen!

Zu Teil 2 – Amtliches Vermessungswesen

Zu § 6 -  Geobasisinformationssystems

Bei der Definition des Geobasisinformationssystems sollte auf eine Harmonisierung mit § 5 GeoZG-E hingewirkt werden.

Zu § 8 – Liegenschaften

Die Anforderungen an die Darstellung baulicher Anlagen sind zu unbestimmt formuliert. Die im Entwurf vorgeschlagene weite Formulierung „als deren Nachweis zur Erfüllung der Anforderungen des Rechts, der Verwaltung, der Wirtschaft oder der Gesellschaft von Bedeutung ist" lässt keine vollziehbare Eingrenzung zu. Es ist vor dem Hintergrund des Parlamentsvorbehaltes zweifelhaft, ob die erforderliche Eingrenzung lediglich durch eine von der für das amtliche Vermessungswesen zuständigen obersten Landesbehörde zu führende Liste erfolgen kann (vgl. oben zu § 3).

Zu § 11 – Inhalt des Liegenschaftskatasters

Das Liegenschaftskataster soll auch Daten zu öffentlich-rechtlichen Festlegungen enthalten. Der Begründung ist zu entnehmen, dass der Inhalt des Liegenschaftskatasters offen gestaltet werden soll. Vor dem Hintergrund der mit dem Inhalt für Eigentümer und Kommunen verbundenen Informations- und Aktualisierungspflichten (vgl. § 23 des Entwurfs) ist ein Tatbestandsmerkmal erforderlich, dass weniger ausfüllungsbedürftig ist (vgl. oben zu § 3). Andernfalls ist ein unkontrolliertes Ausufern der Inhalte und damit der Informationspflichten zu befürchten. Dies wird von hier abgelehnt. Zudem wäre dann das Verhältnis zwischen Fachdaten und den Daten des Liegenschaftskastasters unklar. 

Zu § 15 - Abmarkung

An der bisherigen Abmarkungspflicht ist festzuhalten. Die öffentlich-rechtliche Abmarkungpflicht bewirkt zurzeit standardmäßig die Einbringung von Grenzzeichen. Ein nennenswerter finanzieller Mehraufwand entsteht den abmarkenden Stellen dadurch regelmäßig nicht, da die Beschäftigten den Grenzpunkt bereits bestimmt haben und nur eine „Kunststoffmarke“ einzubringen haben. Nur in begründeten Ausnahmefällen kann davon abgesehen werden. Diese Regelung dient u.a. dem Grenzfrieden zwischen benachbarten Grundstückseigentümern. Der Grenzfrieden muss als hohes Gut angesehen werden. So ist beim Fehlen von Abmarkungen mit einer erhöhten Flut von Nachbarschaftsstreitigkeiten zu rechnen. Die streitenden Parteien suchen in diesen Fällen meist Rat bei den Katasterämtern, aber auch den Gemeinden. Ursache hierfür ist, dass der Betroffene meist die Kosten einer Rechtsverfolgung scheut und vom Staat Unterstützung erwartet.

Hinzu kommt, dass bei offenkundigen Grenzverhältnissen die Rechte und Pflichten der Grundstückseigentümer z.B. auch durch die Ordnungsbehörden leichter vollzogen werden können. Die Hinweise der Begründungen, die Genzen könnten heutzutage auch ohne dauerhafte und sichtbare Kennzeichnung jederzeit zuverlässig bestimmt werden bezieht sich nur auf die Beschäftigten des Vermessungswesen. Andere Behörden verfügen, wie auch die überwiegende Zahl der Bürger, nicht über die erforderlichen technischen Instrumente zur Grenzfeststellung. Hinzu kommt, dass die Grenzfeststellung auf ein ausländisches Satellitensystem angewiesen ist. 

Die Abmarkung dient damit auch ganz weitgehend dem öffentlichen Interesse.

Mit dem Wegfall der Abmarkung würde sich der Staat aus einer Kernaufgabe zurückziehen, ohne dass es zu einer tatsächlich vertretbaren Verwaltungoptimierung kommt, da die Abmarkung nur einen geringen Teil des Arbeitsaufwandes ausmacht. Ein Handlungsbedarf auf Grund von Beschwerden aus der Bevölkerung kann ebenfalls nicht gesehen werden, da die Abmarkung regelmäßig von den Eigentümern begrüßt wird.

Beispiele anderer Bundesländer belegen, dass dort eine Abmarkung nicht als entbehrlich angesehen wird (vgl. z.B. das Vermessungsgesetz des Saarlandes).

Zu § 16 – Mitwirkung der Beteiligten bei der Grenzfeststellung

Die Formulierung des § 16 Abs. 2 Satz 2 könnte zu Missverständnissen führen. Wegen § 13 Abs. 1 muss das Ergebnis einer Grenzermittlung von den Beteiligten anerkannt werden. Es handelt sich also um einen zustimmungsbedürftigen Verwaltungsakt. § 16 Abs. 2 Satz 2 müsste dies berücksichtigen. Es könnte z.B. wie folgt formuliert werden:

„Dabei sind sie darauf hinzuweisen, dass der Grenztermin auch ohne ihre Anwesenheit abgehalten werden kann.“

Zu § 18 – Betreten und Befahren von Grundstücken

Es sollte am rechtsstaatlichen Grundsatz festgehalten werden, die Absicht von Behörden, Wohnungen oder umfriedete Besitztümer zu betreten, den Eigentümern beziehungsweise Besitzern vorher mitzuteilen. Es ist nicht angemessen, die vorherige Benachrichtigung nur nach Zweckmäßigkeitsüberlegungen eines Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs vorzunehmen. Der Nebensatz „ , soweit dies mit Rücksicht auf die Interessen … zweckmäßig erscheint.“ ist zu streichen.
Zu § 21 - Mitteilungen anderer Stellen

Im Vergleich zum Vorentwurf sind die Informationspflichten der Gemeinden deutlich verringert worden. Dies begrüßen wir. So weit die Gemeinden allerdings allgemein verpflichtet werden sollen, den Katasterbehörden die ihnen „bekannt gewordenen aktuellen Anschriften der Eigentümerinnen und Eigentümer sowie der Inhaberinnen und Inhaber grundstücksgleicher Rechte“ mitzuteilen, ist dies zu unbestimmt (s.o.). Nach dem Wortlaut müssen die Katasterbehörden über jede irgendwie bekannt gewordene Anschriftenveränderung gleichzeitig in Kenntnis gesetzt werden. Soweit auf die Inhaber grundstücksgleicher Rechte abgestellt wird besteht keine Meldepflicht gegenüber der Gemeinde. Wenn diese Daten erfasst werden sollen, müssten die das Grundbuch führenden Stellen zur Mitteilung verpflichtet werden. Nur so wäre eine vollständige Erfassung möglich.

Vor dem Hintergrund, dass derzeit vom Ministerium des Innern ein landesweites elektronisches Meldedatenauskunftsregister aufgebaut wird (vgl. § 38 des Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Brandenburgischen Meldegesetzes), wird vielmehr angeregt, die Katasterbehörden zu einem Abgleich mit den Meldedaten zu berechtigen. Ggf. sollte ein automatisierter Abgleich vorgesehen werden.

Im Absatz 2 ist der Halbsatz „… sowie über ihnen bekannt gewordene aktuelle Anschriften der Eigentümerinnen und Eigentümer sowie der Inhaberinnen und Inhaber grundstücksgleicher Rechte zu unterrichten.“ zu streichen.

Zu § 23 – Pflichten zur Fortführung des Liegenschaftskatasters

§ 23 Abs. 1 des Entwurfs verpflichtet die Eigentümer, die Kosten der Fortführung des Liegenschaftskatasters auch für solche Mängel des Liegenschaftskastasters zu tragen, die sie oder ihre Beauftragen nicht verschuldet haben. Regelmäßig wird es sich um Kosten für die Beauftragung Öffentlich bestellter Vermessungsingenieure handeln.

Der derzeitige Wortlaut des Absatzes 1 wird nämlich grundsätzlich alle Eigentümer von Grundstücken verpflichten, auch solche Übereinstimmungsmängel auf eigene Kosten beseitigen zu lassen, die auf Fehler früherer Vermessungen oder fehlerhafte Fortführungen des Liegenschaftskatasters zurückzuführen sind. Dies betrifft insbesondere die Mängel, die noch auf die Praxis in der ehemaligen DDR zurückzuführen sind. Vor dem Hintergrund der anerkannt notwendigen anstehenden Verbesserungen der Qualität der Liegenschaftskataster ist es nicht sachgerecht, die dafür anfallenden Kosten auch solchen Eigentümern zu übertragen, die diese strukturellen Mängel nicht zu verantworten haben.

Zu § 26 - Zuständigkeit

1. Wir begrüßen es, dass, anders als noch im Vorentwurf vorgesehen, die Katasterbehörden allgemein und die Ämter und amtsfreien Gemeinden in analoger Form berechtigt sein werden, landesweite Geobasisinformationen der Liegenschaften bereitzustellen.  Damit wird ein ortsnaher Zugang zu Geobasisinformationen für die Bevölkerung erleichtert. Die Regelung greift auch eine Empfehlung der Projektgruppe zur Fortführung der Funktionalreform des Ministerium des Innern auf. Es ist nicht zu befürchten, dass die Landkreise nennenswerte Einnahmeausfälle zu verzeichnen haben werden.

2. § 26 Abs. 2 des Entwurfs soll künftig regeln, dass die Katasterbehörden nur von Amts wegen oder zur Erfüllung eigener Aufgaben der Gebietskörperschaft Geobasisdaten der Liegenschaften erfassen, Grenzen ermitteln, Grenzen amtlich bestätigen und Grenzzeichen widmen können.

Bereits der Referentenentwurf vom 15. Juni 2006 sah den Wegfall des bestehenden § 1 Abs. 3 VermLiegG Bbg und somit die Kompetenzbeschneidung der „behördlichen Vermessungsstellen“ vor. Der aktuelle Entwurf geht noch einen Schritt weiter, indem er die Katasterbehörden vom operativen Vermessungsgeschäft weitestgehend fernhalten möchte. Der Entwurf meint, mit der Neuregelung den Katasterbehörden eine Verpflichtung zu Durchführung von Liegenschaftsvermessungen genommen und sie damit entlastet zu haben. Das Gegenteil ist der Fall. Den Katasterbehörden wird nämlich die Berechtigung entzogen, diese Aufgaben zu erfüllen.

Liegenschaftsvermessungen für Dritte nicht ausführen zu dürfen, muss außerdem noch unter dem Aspekt des Einnahmenwegfalls betrachtet werden. Ein beträchtlicher Teil der oben gezeigten Einnahmeverluste sind auf den Wegfall der Antragsvermessung zurückzuführen.

Neben den zwei bereits genannten Aspekten sollte ein weiterer Gesichtspunkt nicht unberücksichtigt bleiben. Es gibt eine Reihe von Antragstellern, die die Arbeiten von einer behördlichen Stelle erledigt haben möchten. In den Städten wurde über viele Jahre ein Kundenstamm aufgebaut, der auf Zuverlässigkeit, Qualität und Betreuung gesetzt hat. Vor dem Hintergrund, dass die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure im Wettbewerb tätig sind und neben übertragenen hoheitlichen Aufgaben regelmäßig auch ein breites Spektrum an anderen Dienstleistungen anbieten (z.B. Liegenschaftsmanagement) hat sich in der Vergangenheit die Möglichkeit, die Arbeiten von einer behördlichen Stelle ausführen zu lassen, als wichtiges Korrektiv erwiesen. Es ist unserer Meinung nach auch nicht notwendig, dem  Berufsstand der ÖbVI weitere öffentliche Aufträge zukommen zu lassen, da dieser bereits den Großteil aller Aufträge im Land bearbeitet. Die Problematik einer hohen Dichte Öffentlich bestellter Vermessungsingenieure im Land Brandenburg sollte man hiermit jedenfalls nicht zu Lasten der Kommunen lösen. Bei einem Rückzug der Kataster- und Vermessungsämter würde hier einen Kernkompetenz staatlichen Handelns unnötig aufgegeben werden.

3. Die Aufsicht über die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure sollte Landkreisen und kreisfreien Städte übertragen werden. Eine Aussage, wonach Aufsicht am wirtschaftlichsten und wirksamsten wahrgenommen werden kann, wenn sie zentral durchgeführt wird, ist in dieser Form nicht zutreffend. Beispielsweise ist die Kommunalaufsicht über die kreisangehörigen Städte und Gemeinden auch nicht zentral beim Ministerium des Innern, sondern dezentral bei den Landräten angesiedelt. Die Zahl der Gemeinden ist vergleichbar zu der Zahl der Vermessungsingenieure im Land Brandenburg. Hinzu kommt, dass der überwiegende Teil der Ausübung in einer Kontrolle von Gebührenbescheiden liegt. Dies kann ohne weiteres auch von kommunalen Dienststellen wahrgenommen werden. Alternativ wäre allenfalls in den Blick zu nehmen, die Aufsicht beim Ministerium des Innern zu konzentrieren. Dies hätte den Vorteil, dass die Aufsicht über die Kommunen als Vermessungsbehörde und die beliehenen Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure von einer Stelle ausgeübt werden würde.

Zu § 27 - Katasterbehörden

Absatz 1 weist die Aufgaben der Kataster- und Vermessungsverwaltung den Landkreisen und kreisfreien Städten zu. Dies wird unterstützt und sollte im weiteren Gesetzgebungsverfahren nicht angetastet werden.

In Absatz 2 ist auf die gesetzliche Verankerung von Personalstandards zu verzichten. Die Regelung hat nämlich dazu geführt, dass sich viele weitere Ressorts zur Verankerung von Personalstandards in Fachgesetzen aufgerufen fühlten. Zu denken ist etwa an das Ministerium für Infrastruktur und Raumordnung mit der Brandenburgischen Bauordnung oder das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur mit dem Brandenburgischen Denkmalschutzgesetz. Im Ergebnis führen diese – von den Ressorts vielleicht gut gemeinten Regelungen -  dazu, dass die kommunale Organisationshoheit durch Einzelstandards erstickt wird.

Gleichermaßen ist darauf zu verweisen, dass Personalstandards, die zu erhöhten Personalkosten führen, dem strikten Konnexitätsprinzip unterliegen! Das Ministerium des Innern sollte als das Ressort, welches besonders zum Schutz der kommunalen Selbstverwaltung berufen ist, seine bisherige Leitfunktion in diesem Sinne wahrnehmen.

(…)“

Jens Graf, Referatsleiter

Az: 614-00