Pressemitteilung vom 28.06.2007
Böttcher: Koalitionsstreit um Direktwahl der Landräte lenkt von wirklichen Problemen der Kommuen ab
Verband der Städte, Gemeinden und Ämter meldet in mehr als 50 Punkten Korrekturbedarf an
(Potsdam) Zum Koalitionsstreit um die Direktwahl der Landräte erklärte heute der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg, Karl-Ludwig Böttcher: „Der Streit lenkt von den wirklichen Problemen der Kommunen und den Mängeln des Gesetzentwurfs des Innenministeriums ab.“ Für die erforderlichen Reformen an der inneren Kommunalverfassung fehle offenbar die Kraft. Es sei jetzt schon absehbar, dass nach der Reform die Reibungsverluste zwischen den Gemeindeorganen zunehmen werden. Dies trage nicht dazu bei, die Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit der Gemeinden zu stärken.
In einer Stellungnahme hat der Verband in mehr als 50 Punkte Nachbesserungsbedarf angemeldet. Böttcher appellierte an die Koalitionsparteien, diese Hinweise aus der Praxis zu berücksichtigen.
So enthalte der Referentenentwurf des Ministeriums Vorschläge, die die Stellung der Städte und Gemeinden im Land massiv schwächten. Genannt werden u.a.
- die Ersetzung des Programmsatzes des § 1 Abs. 1 „Die Gemeinde ist Grundlage des Staates“ durch die Wiederholung der in der Verfassung verankerten Selbstverwaltungsgarantie der Kommunen (Gemeinden und Landkreise),
- die Streichung des Kataloges der Selbstverwaltungsaufgaben der Gemeinden als Grundlage ihres Handelns,
- die Streichung des einfachgesetzlichen Kostenerstattungsprinzips,
- Aufhebung des einfachgesetzlichen Anhörungsrechts der kommunalen Spitzenverbände zu Gesetzen, Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften sowie des Zusammenarbeitsgebotes der Landesregierung mit den kommunalen Spitzenverbänden bei der Vorbereitung dieser Regelungen oder
- die drittschützende Ausgestaltung für die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen betreffenden Normen.
Hinzu kämen Vorschläge des Referentenentwurfs, die neue Rechtsunsicherheit schafften, die die Arbeitsabläufe in den Kommunen erschwerten oder neue Reibungsverluste nach sich ziehen werden. Dies betreffe u.a. die
- die Aufblähung der Hauptsatzung durch eine Vielzahl zusätzlicher Vorschriften (u.a. zu den Instrumenten der Bürgerbeteiligung),
- die Schaffung der Möglichkeit, Beigeordnete gegen den Willen des Hauptverwaltungsbeamten zu wählen oder
- die Pflicht, eine neue Verwaltungseinheit „Beteiligungsmanagement“ aufzubauen.
Diese Eingriffe bzw. Verschlechterungen sieht der Städte- und Gemeindebund Brandenburg als so schwerwiegend an, dass sie nicht durch möglicherweise mittelfristig erzielbare Vorteile einer neu formulierten, in einem Gesetz zusammengefassten Kommunalverfassung aufgewogen werden. Der vorliegende Entwurf wurde vom Präsidium des Verbandes abgelehnt, da noch nicht einmal Kernforderungen des Verbandes der Städte, Gemeinden und Ämter Berücksichtigung fanden.
Der Verband hat jetzt erneut vorgeschlagen, den notwendigen Bereich des so genannten doppischen Haushaltswesens aus der Novelle herauszulösen und als eigenständiges Gesetz zu verabschieden, die im Bereich der wirtschaftlichen Betätigung erforderlichen Anpassungen an die Anforderungen liberalisierter Märkte vorzunehmen und im Übrigen, die Reform der Kommunalverfassung zurückzustellen. Bei der Änderung des Kommunalwahlgesetzes sollte - wie in den meisten anderen Bundesländern - auch hauptamtlichen Bürgermeistern und Amtsdirektoren endlich die Möglichkeit eingeräumt werden, Mitglied im Kreistag werden zu können, unterstreicht Böttcher eine weitere, langjährige Forderung des kommunalen Spitzenverbandes. „Das auch Bürgermeistern nicht weiter die Türen der Kreistage verschlossen bleiben, ist auch Wunsch der Wähler, wie Wahlergebnisse zu den letzten Kommunalwahlen bewiesen haben“, verdeutlicht Böttcher. Das wäre weit wichtiger als der unsinnige Streit um die Direktwahl der Landräte.
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