Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Kommunalrechts
Beschluss des Präsidiums des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg vom 24. April 2023.
- Die Erwartung des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg, dass mit etwaigen Änderungen der Kommunalverfassung, die sich seit ihrem Inkrafttreten bewährt hat, maßvoll umgegangen wird, wird durch den Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Kommunalrechts nicht erfüllt. Vielmehr tritt eine gegenteilige Wirkung ein. Die Umsetzung der vorgesehenen Regelungen wird in den Städten, Gemeinden und Ämtern einen nicht darstellbaren erheblichen Aufwand verursachen. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund der von den Kommunen zu erbringenden Aufgaben nicht zu rechtfertigen. Eine Zurückstellung des Gesetzgebungsverfahrens ist daher geboten.
- Die kommunalen Hauptorgane, die Vertretungskörperschaften und die Hauptverwaltungsbeamten sind das Rückgrat der parlamentarischen Demokratie. In ihnen kommt der Leitgedanke der repräsentativen Demokratie zum Ausdruck. Vor diesem Hintergrund sieht es der Städte- und Gemeindebund Brandenburg mit großen Bedenken, wenn mit den in der jüngeren Vergangenheit vorgenommenen Änderungen der Brandenburgischen Kommunalverfassung die Rechte von Ortsbeiräten und Ortsvorstehern ausgeweitet werden. Eine Gleichheit der Stimmen bei Wahlen zur Gemeindevertretung wird zunehmend gefährdet, wenn Bürger in Ortsteilen mit Ortsbeiräten und Ortsvorstehern mehr Informations- und Mitsprachemöglichkeiten erhalten als Wähler derselben Gemeinde, die in einem Gemeindegebiet ohne Ortsteil wohnen. Vielmehr sind die Hauptorgane, die die am Gemeinwohl orientierten Abwägungsentscheidungen zwischen gegenläufigen Belangen und konkurrierenden Einzel- und Sonderinteressen zu treffen haben, zu unterstützen und zu stärken.
- Regelungen, mit denen der Landesgesetzgeber sich an die Stelle der für die innere Organisation der Gemeinde zuständigen Gemeindevertretung setzt, werden als Eingriffe in die kommunale Selbstverwaltung abgelehnt. Dies gilt insbesondere, wenn das Gesetz Sachverhalte unmittelbar regelt, die nach geltendem Recht in der Regelungskompetenz der Gemeindevertretung oder des Hauptverwaltungsbeamten liegen.
- Die Vorschläge zu den haushaltsrechtlichen Vorschriften dürften,
- dem Recht der Kommunen auf kommunale Selbstverwaltung entgegenstehen,
- dem Haushalts- und Budgetrecht sowie der Finanzhoheit der Gemeindevertretung widersprechen,
- dem Wesen des doppischen Haushalts- und Kassenrechts, insbesondere dem Wirtschaftlichkeitsgebot für kommunales Handeln zuwiderlaufen und sich zugleich als praxisun-tauglich herausstellen,
- das Erlangen des Haushaltsausgleiches der Kommunen grundsätzlich erschweren,
- damit zugleich den Herausforderungen der Kommunen im Zusammenhang mit den aktuellen Krisenlage nicht gerecht werden,
- dem Gebot des finanziellen Gleichrangs zwischen Landkreisen und kreisangehörigen Gemeinden widersprechen,
- die Investitionstätigkeit der Kommunen weiter einschränken, anstatt sie zu beschleunigen und zu stärken,
- und damit letztlich den politischen Zielen der Landesregierung und des Landtages Brandenburg sowie der gegenwärtigen Arbeit des Ministeriums des Innern und für Kommunales im Zusammenhang mit der Vereinfachung des Zuwendungsrechts entgegenstehen.
- Die Kommunalverfassung wird von einigen Tausend im Ehrenamt wirkenden Menschen in Brandenburg vollzogen. In ihr ist festgehalten, was in der täglichen Arbeit der Gemeindevertretungen, Stadtverordnetenversammlung oder Amtsausschüsse Geltung hat. Sie muss verständliche, eindeutige und klare Formulierungen enthalten, die dem Sprachgebrauch der Brandenburgerinnen und Brandenburger entspricht. Die deutliche Mehrheit der Bevölkerung hat große Vorbehalte gegen eine geschlechtergerechte Sprache. Zwar setzen einige Kommunalverwaltungen eine gendergerechte Sprache um und haben sich selbst hierfür Regeln gegeben, auch haben Vertretungskörperschaften Hauptsatzungen in gendergerechter Sprache. Die große Mehrheit ehrenamtlich tätiger Mitglieder der Vertretungskörperschaften spricht sich für eine lesbare und verständliche Sprache aus und lehnt deshalb Gesetze mit durchgehender Paarschreibung und Nutzung ungebräuchlicher Wortschöpfungen ab. Darüber hinaus wird gefordert, dass Städte, Gemeinden, Ämter und die Verbandsgemeinde selbst über die von ihnen verwendete Sprache entscheiden und ihr Ortsrecht nach eigener Entscheidung gestalten können.
- Die Umsetzung der vorgeschlagenen Änderungen in den Städten, Gemeinden und Ämtern wird einen erheblichen Arbeitsaufwand mit sich bringen: Der Rechtssatz, wonach keine gleichlautenden Benennungen von Straßen, Wegen und Plätzen im Gemeindegebiet zugelassen ist, wird in der Umsetzung die betroffenen amtsfreien Gemeinden und die Ämter sowie die Einwohner mehrere Jahre lang beschäftigen und sich als vollkommen unverhältnismäßig herausstellen. Die geschlechtergerechte Sprache des Entwurfs wird die Änderung von mehreren hundert Hauptsatzungen und Geschäftsordnungen sowie des gesamten Ortsrechts nach sich ziehen. Die Verpflichtung, Vereinbarungen des Gebietsänderungsvertrages, die Ortsteile betreffen und der Hauptsatzung vorbehalten sind, in die Hauptsatzung aufzunehmen, läßt bei ca. 1.785 Ortsteilen in Brandenburg tiefgehende, möglicherweise dreißig Jahre zurückreichende Prüfungen in allen amtsfreien Gemeinden und in den Ämtern befürchten. Die Stärkung der Rechte von Ortsbeiräten und Ortsvorstehern geht einher mit einem höheren Personal- und Sachaufwand in den Kommunalverwaltungen. Insgesamt stellt das Präsidium deshalb fest, dass der Gesetzentwurf die tatsächliche Situation in den Städten und Gemeinden, den Ämtern und der Verbandsgemeinde, die vor Ort herrschende Arbeitsbelastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie den Fachkräftemangel nicht im erforderlichen Maße widerspiegelt.