Mitteilungen 01-02/2013, Seite 39, Nr. 26
Bundesfinanzhof hegt keine Verfassungszweifel an der Gewerbesteuer
Die Hinzurechnungsvorschriften des Gewerbesteuergesetzes in § 8 Nr. 1 Buchstabe a, d, e und f sind voraussichtlich nicht verfassungswidrig. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Beschluss vom 16. Oktober 2012 (AZ: I B 128/12) entschieden. Die Entscheidung erging in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes aufgrund „summarischer Prüfung“. Der BFH hat danach keine "ernstlichen Zweifel", dass die Vorschrift verfassungsgemäß ist.
Sachverhalt
Der Streitfall betraf eine GmbH, die ein Hotel betreibt und daraus Verluste erwirtschaftete. Sie wandte Schuldentgelte in Höhe von rund 50.000 Euro, Pachtzinsen für bewegliche Wirtschaftsgüter in Höhe von rund 9,4 Mio. Euro und für unbewegliche Wirtschaftsgüter in Höhe von rund 56 Mio. Euro sowie Lizenzgebühren in Höhe von rund 87.000 Euro auf. Diese Aufwendungen führten bei der Ermittlung des Gewerbeertrages zu Hinzurechnungen zum Gewinn in Höhe von insgesamt 9,6 Mio. Euro und zu einem Gewerbesteuermessbetrag von rund 62.000 Euro.
BFH widerspricht FG Hamburg
Der BFH widerspricht mit seinem Beschluss einer Entscheidung des Finanzgerichts (FG) Hamburg, das von der Verfassungswidrigkeit der Hinzurechnungsvorschriften überzeugt ist und deswegen durch Beschluss vom 29. Februar 2012 (AZ: 1 K 138/10) das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur Durchführung eines Normenkontrollverfahrens angerufen hat. Anlass dafür gaben dem FG Hamburg die umgestalteten, seit 2008 anzuwendenden Hinzurechnungsvorschriften in § 8 Nr. 1 Buchstabe a, d und e GewStG. Danach ist dem Gewinn des Gewerbebetriebs ein Viertel der Schuldentgelte, ein Fünftel der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung beweglicher Wirtschaftsgüter sowie die Hälfte der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung unbeweglicher Wirtschaftsgüter hinzuzurechnen, wenn sie zuvor als Betriebsausgaben abgezogen worden sind. Gleiches gilt nach § 8 Nr. 1 Buchstabe f GewStG für ein Viertel der Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten. Aus Sicht des FG Hamburg hat sich die Gewerbesteuer von einer sog. Objekt- zu einer „normalen“ Ertragsteuer entwickelt. Vor diesem Hintergrund erkennt das FG Hamburg in den Hinzurechnungsvorschriften insbesondere einen Verstoß gegen das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit.
BFH sieht keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit
Der BFH teilt diese Überzeugung angesichts der ständigen Spruchpraxis des BVerfG nicht. Die Hinzurechnungsregelungen und damit auch der angefochtene Gewerbesteuermessbescheid werfen keine hinreichend qualifizierten verfassungsrechtlichen Bedenken auf. Die Gewerbesteuer ist als sog. Realsteuer eine finanzverfassungsrechtlich garantierte kommunale Steuer. Grundlage dieser Steuer ist wie bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer zunächst der Gewinn des Gewerbebetriebs. Um den Kommunen einerseits einen Ausgleich für die durch den Betrieb verursachten Lasten zu schaffen und ihnen andererseits ein möglichst verstetigtes Steueraufkommen zu sichern, wird dieser Gewinn dann aber durch Hinzurechnungen und Kürzungen modifiziert. Besteuerungsgegenstand soll auf diese Weise der Gewerbebetrieb als „Objekt“ sein. Der Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer ist in den letzten Jahrzehnten zwar durch vielfache Gesetzesänderungen zurückgedrängt worden, um die Belastung der Unternehmen mit Substanzsteuerelementen zu vermindern. Das BVerfG spricht deshalb auch in ständiger Spruchpraxis von einer „ertragsorientierten Objektsteuer“, die aber nach wie vor den verfassungsrechtlichen Anforderungen genüge.
BFH gewährt keinen vorläufigen Rechtsschutz
Insofern geht der BFH davon aus, dass das Normenkontrollersuchen „offensichtlich“ erfolglos bleiben wird. Die einschlägigen Steuerbescheide der Finanzämter sind deshalb uneingeschränkt vollziehbar. Vorläufigen Rechtsschutz gewährt der BFH nicht. Die Entscheidung des BVerfG wird durch den Beschluss des BFH allerdings nicht vorweggenommen.
Der Beschluss des BFH kann nachgelesen werden unter:
http://juris.bundesfinanzhof.de/cgi-bin/rechtsprechung/druckvorschau.py?Gericht=bfh&Art=pm&nr=26994
(Quelle: DStGB Aktuell 4712)
Az: 912-00