Mitteilungen 01/2012, Seite 29, Nr. 22
BGH: GEMA-Vergütung für Musikaufführungen bei Straßenfesten und -märkten
Laut BGH-Urteil vom 27. Oktober 2011 darf die GEMA die Vergütungen für Musikaufführungen bei Freiluftveranstaltungen wie Straßenfesten oder Weihnachtsmärkten nach der Größe der gesamten Veranstaltungsfläche bemessen. Es wäre nicht zumutbar, bei jeder der zahlreichen Veranstaltungen im Bundesgebiet jeweils die Fläche zu ermitteln, die von der Bühne mit Musik beschallt wird und die Flächen festzustellen, auf denen sich keine Besucher aufhalten oder auf die andere Musik einwirkt. Das GEMA-Urteil (I ZR 125/10 u.a.) könnte Straßenfeste verteuern bzw. stark verändern, indem z.B. auf Musik verzichtet wird.
Dem BGH-Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: In einem Rechtsstreit geht es um den „Weihnachtsmarkt" in Bochum, in einem anderen Verfahren um die Stadt- bzw. Straßenfeste „Barmen Live", „Bottrop Live", „Elberfelder Cocktail" und „Hammer Straße". Die beklagte Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) hatte zum Zeitpunkt der Veranstaltungen keinen eigenen Tarif für solche Musikaufführungen im Freien aufgestellt. Sie ermittelte die Vergütung deshalb nach einem Tarif, der für Musikaufführungen in Räumen gilt und bei dem sich die Höhe der Vergütung nach der Größe des Veranstaltungsraumes richtet. Sie berechnete die Vergütung dementsprechend nach der Größe der Veranstaltungsfläche, gerechnet vom ersten bis zum letzten Stand und von Häuserwand zu Häuserwand. Die klagenden Veranstalter der Musikaufführungen halten diese Berechnungsweise für unangemessen. Sie sind der Ansicht, es dürfe nur auf den Teil der Veranstaltungsfläche abgestellt werden, der von der Bühne mit Musik beschallt werde. Davon seien die Flächen abzuziehen, die von Besuchern nicht betreten werden könnten oder dürften (z.B. öffentlicher Verkehrsraum) oder auf denen die Musik von der Bühne durch andere Musik überlagert werde. Wie vor LG und OLG hatten die Kläger auch bei den gegen die GEMA-Bescheide gerichteten Revisionen vor dem BGH keinen Erfolg.
Zu den Gründen führt der BGH aus: Für Freiluftveranstaltungen wie die hier in Rede stehenden Straßenfeste oder Weihnachtsmärkte ist es typisch, dass das Publikum vor der Bühne ständig wechselt und damit insgesamt wesentlich mehr Zuhörer die Musik wahrnehmen, als auf der beschallten Fläche Platz fänden. Es kommt hinzu, dass die Musik von der Bühne regelmäßig die gesamte Veranstaltung prägt. Der GEMA wäre es nicht zumutbar, bei jeder der zahlreichen und verschiedenartigen Veranstaltungen im gesamten Bundesgebiet jeweils die Fläche zu ermitteln, die von der Bühne mit Musik beschallt wird und die Flächen festzustellen, auf denen sich keine Besucher aufhalten können oder dürfen oder auf die andere Musik einwirkt. Die Berechnung nach der Gesamtveranstaltungsfläche ist daher auch aus Gründen der Praktikabilität geboten.
Mittlerweile hat die GEMA einen eigenen Tarif für solche Musikaufführungen im Freien aufgestellt. Auch danach richtet sich die Höhe der Vergütung nach der Größe der gesamten Veranstaltungsfläche.
Gegen diese Praxis, die Konsequenzen für Stadtteilfeste haben dürfte, wurden bereits mehrfach in den Medien kritische Stimmen verlautbart. Zum einen werden sich hierdurch Straßenfeste und Weihnachtsmärkte verteuern oder bei Verzicht auf Musik grundlegend verändern. Zum anderen wird der Gebührenmaßstab als zu undifferenziert bemängelt. So sagte der Geschäftsführer von Bochum Marketing: „Live-Konzertveranstaltungen werden genauso veranschlagt wie Beschallung aus der Konserve, und es wird auch nicht unterschieden zwischen einem Rock-Gig oder dem weitaus leiseren Auftritt des Kinderensembles der Musikschule“.
(Quelle: DStGB Aktuell 4411)
Az: 300-03