Mitteilungen 02/2011, Seite 27, Nr. 18
Anhörung im Landtag Brandenburg zur Änderung des Landesstraßenbedarfsplangesetzes
Die Landesregierung hat einen Gesetzentwurf zur Änderung des Landesstraßenbedarfsplangesetzes vorgelegt (Drucksache 5/2238). Der für diesen Gesetzentwurf federführend Verantwortung zeichnende Ausschuss für Infrastruktur und Landwirtschaft des Brandenburger Landtages hat am 17. Februar 2011 eine Anhörung zum Gesetzentwurf durchgeführt. Der Städte- und Gemeindebund Brandenburg hat im Rahmen dieser Anhörung kritisch zu dem Gesetzentwurf Stellung genommen. Unsere vorab dem Landtag schriftlich übergebene Stellungnahme möchten wir Ihnen in Auszügen zur Kenntnis geben:
„Anhörung zum Gesetzentwurf der Landesregierung eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Landesstraßenbedarfsplangesetzes, Drucksache 5/2238 einschließlich Korrekturblatt
Ihr Schreiben vom 11. Januar 2011
Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
zunächst dürfen wir uns bedanken, dass uns der Ausschuss für Infrastruktur und Landwirtschaft die Möglichkeit gewährt, im Rahmen der Anhörung zu sprechen. Gerne kommen wir Ihrer Bitte nach und übersenden Ihnen unsere Stellungnahme vorher schriftlich.
Der Landesstraßenbedarfsplan bildet die Grundlage der Straßenplanung für Landesstraßen in Brandenburg. Nur für die Straßen, die hierin enthalten sind, ist ein Neu- oder Ausbau möglich. Insoweit hat der Landesstraßenbedarfsplan besondere Bedeutung für die Städte und Gemeinden im Land, da einerseits eine gute infrastrukturelle Anbindung grundlegend für die Entwicklung von Städten und Gemeinden ist und andererseits eine Verkehrsentlastung der Städte und Gemeinden, etwa durch Umgehungsstraßen, zur Erhöhung der Lebens- und Wohnqualität beiträgt.
Der vorgelegte Entwurf des Landesstraßenbedarfsplanes 2010 soll eine Laufzeit bis zum Jahr 2024 haben und enthält insgesamt 18 Maßnahmen. 14 dieser Maßnahmen waren bereits im Landesstraßenbedarfsplan 1995 enthalten sind als so genannte indisponible Vorhaben dargestellt. Neu sind lediglich 4 Maßnahmen. Ein Blick auf den derzeit gültigen Landesstraßenbedarfsplan aus dem Jahr 1995 - hier waren 82 Maßnahmen enthalten - macht deutlich, dass das Land den Bereich des Straßenneubaus deutlich einschränken wird. Wie im Gesetzentwurf betont wird, wurden die Maßnahmen des vorliegenden Entwurfs des Landesstraßenbedarfsplanes 2010 auf Grundlage einer Schwachstellenanalyse aller 1500 Ortsdurchfahrten sowie einer in diesem Zusammenhang vorgenommenen strategischen Umweltprüfung (SUP) ermittelt.
Besondere Bedeutung dürften nach unserer Auffassung aber die vorgegebenen finanziellen Rahmenbedingungen besitzen. So wurde bereits vor der eigentlichen Schwachstellenanalyse auf Grundlage der äußerst knappen finanziellen Ressourcen festgelegt, dass nur Maßnahmen des Grundnetzes Eingang in den Landesstraßenbedarfsplan 2010 finden können. Für Straßen des Grünen Netzes sind lediglich (außerhalb dieses Verfahrens) Unterhaltungsmaßnahmen vorzusehen. Diese Gewichtung nach finanziellen Interessen setzt sich auch in der Schwachstellenanalyse selbst fort. So wurde methodisch, um die Schwachstellenausweisung transparent und nachvollziehbar zu gestalten, ein Prüfverfahren konzipiert, dass auf quantifizierbaren Kenngrößen basiert. Hierzu wurden die sieben Kenngrößen herangezogen. Diesbezüglich heißt es dann im Methodikbericht:
„ … … Die Kenngrößen der vorgenannten 7 Kriterien wurden für jede Ortsdurchfahrt des Landesstraßengrundnetzes ermittelt.
Allein die Vielzahl der behandelten Kriterien führte dazu, dass für sehr viele Ortsdurchfahrten mindestens eine Schwachstelle festgestellt wurde.
Aus fachlichen Gründen, aber auch vor dem Hintergrund der begrenzten Haushaltsmittel war es erforderlich, die Schwachstellenanalyse so auszulegen, dass nur für eine begrenzte Anzahl von Ortsdurchfahrten ein weiterer Handlungsbedarf ausgewiesen wurde. … …“
Obwohl die verwendeten Kenngrößen aus unserer Sicht schon von erheblichem Gewicht waren, wurden weitere Kriterien eingeführt, um die Zahl der zu berücksichtigenden Schwachstellen nach unten zu drücken. Letztlich wurden 56 Ortsdurchfahrten ermittelt, welche gravierende Schwachstellen aufweisen. Diese gravierenden Schwachstellen wurden planerisch überprüft und es wurde festgestellt, dass es für 25 dieser gravierenden Schwachstellen möglich ist, die Schwachstellen durch den Bau von Ortsumgehungen beziehungsweise von Netzergänzungen zu beheben. Auf der Grundlage weitergehender Bewertungen wurden 14 Maßnahmen gefunden, welche einer strategischen Umweltprüfung unterzogen wurden. Im Ergebnis der Beteiligung werden im Methodikbericht von den Gutachtern 10 Maßnahmen vorgeschlagen, welche als neue Maßnahmen in den Landesstraßenbedarfsplan 2010 aufgenommen werden sollten .
Selbst von diesen 10 Maßnahmen, welche von den eigenen Gutachtern der Landesregierung, wie oben dargestellt, bereits unter Berücksichtigung der finanziellen Situation des Landes empfohlen wurden, finden sich nicht alle Maßnahmen im Entwurf des Landesstraßenbedarfsplanes 2010 wieder. Vielmehr wurde eine weitere Bewertung vorgenommen, in welche wiederum insbesondere auf finanzielle Belange des Landes abgestellt wurde (Verfügbarkeit von Neubaumitteln, Maßnahmenanzahl bis maximale Kostensumme aus Mitte Verfügbarkeit für 15 Jahre) .
Letztlich bleibt festzustellen, dass das Land seine Aktivitäten im Bereich Straßenneubau aufgrund seiner finanziellen Situation massiv zurückfährt. Vor diesem Hintergrund muss befürchtet werden, dass dies negative Auswirkungen auf die Infrastruktur des Landes hat. Nachdem die Gutachter der Landesregierung festgestellt haben, dass es 56 Ortsdurchfahrten mit gravierenden Schwachstellen gibt, aber nur vier neue Maßnahmen vorgesehen sind, stellt sich die Frage, wie die übrigen Schwachstellen beseitigt werden sollen. Auch hier ist ein konkretes Konzept notwendig.
Weiterhin ist dem Gesetzentwurf zu entnehmen, dass Maßnahmen mit sehr hohem Umweltrisiko nicht berücksichtigt wurden . Sowohl dem Methodikbericht als auch dem Umweltbericht zur Strategischen Umweltprüfung ist zu entnehmen, dass auch die Realisierung von Maßnahmen mit sehr hohem Umweltrisiko nicht grundsätzlich ausgeschlossen sind. Es bedarf hier weitergehender Prüfungen in den nachfolgenden Planungen. Dem Gesetzentwurf ist nicht zu entnehmen, ob diese Vorgabe aus grundsätzlichen umweltpolitischen Gesichtspunkten getroffen wurde und generell von solchen Vorhaben Abstand genommen werden soll oder ob damit den begrenzten finanziellen Mitteln Rechnung getragen wurde (erhöhter Aufwand für zusätzliche Untersuchungen). Soweit generell aus umweltpolitischen Gesichtspunkten solche Vorhaben nicht mehr realisiert werden sollen, bedarf es Lösungen, in welcher Weise die dort gleichwohl betroffenen Bürger entlastet werden können.
Im Rahmen der Verständigung mit unseren Mitgliedern haben uns mehrfach Stellungnahmen erreicht, welche auf den mangelhaften Zustand von Landesstraßen im so genannten „Grünen Netz“ hingewiesen haben. Diesen Stellungnahmen war auch zu entnehmen, dass es seitens des Landes keine konkreten Vorgaben gibt, wann die Schwachstellen dort beseitigt werden. Wir halten es deshalb für dringend erforderlich, dass auch die Schwachstellen im so genannten Grünen Netz ermittelt werden und konkret auch mit den Verantwortlichen vor Ort abgestimmt wird, in welchem zeitlichen Rahmen die Schwachstellen beseitigt werden. Vor diesem Hintergrund möchten wir auch darauf verweisen, dass die Landesregierung gerade ein Eckpunktepapier zur Nachhaltigkeitsstrategie verabschiedet hat. Für uns gehört zu einer nachhaltigen Politik auch eine entsprechende Unterhaltung der Straßeninfrastruktur. Es muss deshalb sichergestellt werden, dass entsprechende Haushaltsmittel bereitgestellt werden, um Unterhaltungsmaßnahmen sowohl im „Grünen Netz“ als auch im „Grundnetz“ durchzuführen.
Abschließend möchten wir Sie bitten, zumindest noch einmal zu überprüfen, inwieweit nicht die gutachterlich vorgeschlagenen Maßnahmen (also insgesamt 10 neue Maßnahmen) umgesetzt werden können.
Im Folgenden möchten wir noch spezielle Probleme aus den Stellungnahmen der Städte und Gemeinden aufzeigen. Dies soll gleichzeitig dazu dienen, einen besseren Eindruck von der Problematik vor Ort zu vermitteln: … … …“
Auf die Darstellung der einzelnen Probleme vor Ort haben wir aus Platzgründen verzichtet. Nach unserer Einschätzung haben sich alle eingeladenen Anzuhörenden kritisch mit dem Gesetzentwurf auseinandergesetzt. Es bleibt deshalb zu hoffen, dass die Abgeordneten noch Änderungen am Gesetzentwurf vornehmen.
Thomas Golinowski, Referatsleiter
Az: 608-00