Mitteilungen 02/2015, Seite 54, Nr. 33
Erwartungen des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg an einen Leitbildentwurf der Landesregierung für eine Verwaltungsstrukturreform im Land Brandenburg
Auf seiner Sitzung am 26. Januar 2015 hat das Präsidium unseres Verbandes Erwartungen an einen Leitbildentwurf der Landesregierung in acht Eckpunkten formuliert. Diese sind nachfolgend dokumentiert:
Erwartungen an einen Leitbildentwurf der Landesregierung
für eine Verwaltungsstrukturreform im Land Brandenburg
Der Städte- und Gemeindebund Brandenburg erwartet von einem Leitbildentwurf der Landesregierung die Berücksichtigung folgender Eckpunkte:
1. Umfassende Vorschläge für eine Landes- und Kreisverwaltungen mit einbeziehende Funktionalreform unter Benennung der einzelnen Aufgaben. Ziel einer umfassenden Verwaltungsstrukturreform muss gerade auch eine Stärkung der bürgerschaftlich getragenen Städte und Gemein-den sein. Insbesondere sind die in der Anlage zum Mitgliederrundschreiben vom 28. Dezember 2012 aufgeführten Aufgaben bei einer interkommunalen Funktionalreform zu berücksichtigen. Der gemeindlichen Ebene darf keine Beweislast für eine sachgerechte Aufgabenerledigung auferlegt werden. Vielmehr ist das verfassungsrechtliche Aufgabenverteilungsprinzip hinsichtlich aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zugunsten der Gemeinden zu respektieren und mit Leben zu erfüllen.
2. Die kreisfreien Städte sind in ihren oberzentralen Funktionen und der Erfüllung ihrer freiwilligen und pflichtigen Aufgaben zu stärken.
3. Der Städte- und Gemeindebund Brandenburg teilt die Auffassung, dass keine Notwendigkeit für eine weitere landeweite Gemeindegebietsreform besteht.
4. Allerdings sollte amtsfreien Gemeinden oder Ämtern die Möglichkeit eingeräumt werden, sich wie nach dem früheren Amtsmodell 3 für ihre Verwaltung der Verwaltung eines anderen Amtes oder einer amtsfreien Gemeinde zu bedienen.
5. Das Amt bzw. eine nach Übernahme substanzieller bisheriger Kreisaufgaben fortentwickelte Amtsgemeinde ist und bleibt im Flächenland Brandenburg eine sinnvolle und notwendige Alter-native zur Einheitsgemeinde. Schon wegen des verfassungsrechtlichen Aufgabenverteilungsprinzips darf ein zwischen Kreis- und Gemeindeebene tretender künftiger Gemeindeverband „Amtsgemeinde“ seinen neuen Aufgabenbestand aber nicht im Wesentlichen aus bislang gemeindlichen Aufgaben ziehen.
6. Gerade auch vor dem Hintergrund, dass die Gemeindestrukturreform erst wenige Jahre zurück-liegt, wird auch kein Vorrang der „Einheitsgemeinde“ vor der Zusammenarbeit im Amt bzw. der Nutzung einer anderen Verwaltung gesehen.
7. Bei der in Aussicht gestellten Fortentwicklung der Ortsteilverfassung ist darauf zu achten, Städte und Gemeinden nicht dadurch zu schwächen, dass sich die Bürger nicht mehr mit ihr als Ganzes, sondern nur noch mit einem „Ortsteil“ identifizieren. Schließlich versteht sich auch eine großflächige Einheitsgemeinde als „örtliche Gemeinschaft“, für die es die Bürger zur Teilnahme an der Aufgabenerfüllung zu wecken gilt.
8. Der Städte- und Gemeindebund Brandenburg erwartet von Landesregierung und Landtag, einen breiten transparenten öffentlichen Dialog über den weiteren Reformprozess.
Vorangegangen war eine breite Aussprache des Präsidiums (vgl. Bericht in diesem Heft). Darin wurde auf den Beschluss des Landtages vom 17. Dezember 2014, den Abschlussbericht der Enquete-Kommission 5/2 des Landtages Brandenburg einschließlich des Sondervotums der sachverständigen Mitglieder Werner Große und Karl-Ludwig Böttcher, das durch das Grundgesetz vorgezeichnete Leitbild der Gemeinde, welches zuletzt durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19. November 2014 zusammengefasst wurde und die bisherigen Vorstellungen des Verbandes zu einer interkommunalen Funktionalreform eingegangen. Viele Mitglieder des Präsidiums berichteten über Stellungnahmen, die an sie aus der Mitgliedschaft herangetragen worden waren. Das Präsidium war sich einig, auf den bisher erarbeiteten Positionen aufzubauen. Aus diesem Grund bestand Einvernehmen, sich hinsichtlich einer künftigen Aufgabeverteilung zwischen Landkreisen und Gemeinden auf die 2012 erarbeiteten Positionen zu beziehen. Das betreffende Rundschreiben stellen wir Mitgliedern gerne erneut zur Verfügung. Präsident Jakobs machte zudem deutlich, dass eine Debatte um eine Verwaltungsstrukturreform im Land Brandenburg nicht auf kommunale Ansätze reduziert werden dürfe.
Die Landesgeschäftsstelle hat die Erwartungen bereits an die Landesregierung und den Landtag Brandenburg herangetragen. Das Thema wird ein Tagesordnungsschwerpunkt der Klausurtagung unseres Landesausschusses Ende April 2015 sein. Die Landesgeschäftsstelle ist ferner gerne bereit, in Kreisarbeitsgemeinschaften zu dem Themenkomplex zu informieren und für Erörterungen zur Verfügung zu stehen.
Jens Graf, Referatsleiter
Az: 011-00