Mitteilungen 02/2015, Seite 62, Nr. 42
Stellungnahme an Jugendminister Baaske vom 29. Januar 2015 zur Kita-Entwicklung
„Sehr geehrter Herr Minister Baaske,
wir möchten Sie über das Beratungsergebnis des Präsidiums unseres Verbandes informieren und erlauben uns, angesichts der jüngsten Befassung des Landtages mit diesem Thema nachrichtlich auch die Landtagsabgeordneten in Kenntnis zu setzen.
Das Präsidium des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg hat in seiner Sitzung vom 26. Januar 2015 das Vorhaben der Koalition von SPD und DIE LINKE begrüßt, den Personalschlüssel in den Kindertageseinrichtungen im Bereich der 0- bis 3-Jährigen von 1:6 auf 1:5 und im Bereich der 3- bis 6-Jährigen von 1:12 auf 1:11 zu verbessern.
Das Präsidium hat sich darüber hinaus einstimmig für ein Inkrafttreten der Verbesserungen in bei-den Altersbereichen zum Beginn des kommenden Kita-Jahres am 1. August 2015 ausgesprochen.
Denn Brandenburg hat im Vergleich der Bundesländer hinsichtlich der personellen Rahmenbedingungen erheblichen Nachholbedarf. Auch mit den Verbesserungen blieben die Rahmenbedingungen weiter unterdurchschnittlich. Die letzte Personalschlüsselverbesserung datiert bereits aus dem Jahre 2010. Zwischenzeitlich haben die Kindertageseinrichtungen neben den ohnehin gestiegenen fachlichen Anforderungen an die Kindertagesbetreuung zusätzliche Herausforderungen, wie den Inklusionsprozess sowie die Bildung und Betreuung von Flüchtlings- und Asylbewerberkindern zu bewältigen. Auch die im Koalitionsvertrag benannte Verbesserung der Kooperation zwischen Kindertageseinrichtungen und Schule benötigt entsprechende Ressourcen.
Das Präsidium hält ein Inkrafttreten der Personalschlüsselverbesserungen zum 1. August 2015 für erstrebenswert und umsetzbar. Denn es handelt sich um ein Vorhaben, dass weder die Kommunen noch das Land unvorbereitet trifft. Vielmehr hatten nahezu alle politischen Kräfte die Personalschlüsselverbesserungen in ihren Wahlprogrammen als Vorhaben definiert. Forderungen nach zeitnahen Verbesserungen sind ferner unmittelbar aus dem kommunalen Raum artikuliert worden.
Der Rechtsrahmen für die Umsetzung der Personalschlüsselverbesserung ist ebenfalls vorgezeichnet, insbesondere hinsichtlich der Anwendung des strikten Konnexitätsprinzips waren die Leitsätze des Urteils des Verfassungsgerichtes des Landes Brandenburg vom 30. April 2013 eine große Unterstützung. Die daraufhin durch das Kindertagestättenanpassungsgesetz vom 28. April 2014 in § 16a KitaG getroffene Neuregelung des Kostenausgleichs bezüglich der letzten Personalschlüsselverbesserung hatte die Landesregierung bereits im Jahre 2014 als Grundlage für etwaige weitere Verbesserungen angesehen.
Mit Blick auf den zusätzlichen Personalbedarf zum 1. August 2015 halten wir fest, dass die nach-haltige Personalentwicklung eine Daueraufgabe der Träger der Kindertageseinrichtungen ist, in der gegenwärtig vor allem der Generationswechsel, aber auch die Wettbewerbssituation mit anderen Kommunen und/oder Bundesländern zu bewältigen sind. Wir sehen insoweit jedoch keine Anhaltspunkte, warum sich die Gewinnung der zusätzlich erforderlichen Fachkräfte in den Jahren 2016 und/oder 2017 einfacher gestalten sollte als in diesem Jahr. Vielmehr können durch die zügige Verbesserung des Personalschlüssels Ausbildungs- und Beschäftigungsperspektiven eröffnet und damit eine Abwanderung von Absolventen der Fachschulen gemindert werden.
Unsere Zuversicht basiert auch auf den positiven Wirkungen der im Jahre 2010 geschaffenen Neu-regelungen in § 10 Kita-Personalverordnung. Die Regelungen haben den Trägern mehr Flexibilität in der Personalentwicklung eingeräumt. Insbesondere die tätigkeitsbegleitende Qualifizierung, die Qualifizierung auf der Grundlage eines individuellen Bildungsplanes sowie die Beschäftigung von Ergänzungskräften als anrechenbares notwendiges pädagogisches Personal haben Gestaltungsspiel-räume eröffnet, um auf den zusätzlichen Personalbedarf zu reagieren.
Wir begrüßen daher auch das Vorhaben der Koalition, auch die Beschäftigung von Heilerziehungspflegern in Kindertageseinrichtungen durch eine Änderung der Kita-Personalverordnung zu ermöglichen. Damit würde die Fachkräftegewinnung spürbar unterstützt und zugleich eine Anregung des Städte- und Gemeindebundes aus dem Jahre 2010 aufgegriffen.
Der Koalitionsvertrag sieht ein Inkrafttreten der Verbesserungen jeweils zum Beginn des Kalenderjahres vor. Dies mag mit Blick auf die Haushaltsplanungen auf Ebene von Bund und Kommunen sinnvoll sein. Ein Inkrafttreten der Personalschlüsselverbesserungen zu Beginn eines Kita-Jahres (1. August) ist aus unserer Sicht jedoch vorzugswürdig, denn diese würde die Planung des Personaleinsatzes in den Einrichtungen erleichtern, einem unterjährigen Wechsel von Bezugspersonen vorbeugen und mit Beginn und Ende der Ausbildungen in den Fachschulen korrespondieren.
Das Präsidium hält in einem weiteren Schritt die Verbesserung der Leitungsfreistellung in der Kindertagesbetreuung für erforderlich. Diese ist im bundesweiten Vergleich ebenfalls unterdurchschnittlich und wird der Tatsache nicht gerecht, dass mit den gestiegenen Anforderungen an die Kindertageseinrichtungen auch erhöhte Ressourcen für eine fachlich qualifizierte Leitung erforderlich sind, insbesondere zum umfassenden Einrichtungsmanagement nach innen und außen. Eine Verbesserung der Leitungsfreistellung ist zwar im Koalitionsvertrag nicht vorgesehen, wurde aber in der Fachdebatte seit Jahren thematisiert und zählt neben der Personalschlüsselverbesserung zu den wichtigsten Aspekten rund um die Verbesserung der personellen Rahmenbedingungen in den Kindertageseinrichtungen.
Da die rechtliche Umsetzung der Verbesserung der Leitungsfreistellung einen höheren Abstimmungsbedarf zwischen Land und kommunalen Spitzenverbänden hat, schlagen wir vor, zunächst zügig die Verbesserung des Personalschlüssels zum 1. August 2015 vorzunehmen, ggf. mit einer Gesetzesinitiative aus der Mitte des Landtages. Parallel stehen wir für Verhandlungen zur Vorbereitung der Verbesserung der Leitungsfreistellung zur Verfügung, deren Inkrafttreten für das übernächste Kita-Jahr (1. August 2016) angestrebt werden könnte.
Das Präsidium bekräftigte abschließend seine Forderung gegenüber dem Land Brandenburg, die seit dem Jahre 2009 vom Bund bereitgestellten Betriebskostenzuschüsse für den Ausbau der Kindertagesbetreuung an die Kommunen weiterzuleiten. Denn bis heute verbleiben diese Mittel im Landeshaushalt.
Hierbei handelt es sich zunächst um einen Betrag in Höhe von 79,7 Mio. € für den Zeitraum der Haushaltsjahre 2009 bis 2014 sowie 25,17 Mio. € jährlich ab dem Jahre 2015. Diese Mittel stellt der Bund dem Land Brandenburg auf der Grundlage des Kinderförderungsgesetz (2008) und des Gesetzes zur zusätzlichen Förderung von Kindern unter drei Jahren in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege vom 15. Februar 2013 zur Verfügung.
Im Ergebnis des vom Bundestag am 4. Dezember 2014 verabschiedeten Gesetzes zur weiteren Entlastung von Ländern und Kommunen ab 2015 und zum quantitativen und qualitativen Ausbau der Kindertagesbetreuung erhält das Land Brandenburg für ein drittes Kita-Investitionsprogramm von 2015 bis 2018 weitere 15,6 Mio. € und über die Umsatzsteuerverteilung weitere 5-10 Mio. € jährlich an Betriebskostenzuschüssen durch den Bund.
Folglich belaufen sich die Betriebskostenzuschüsse des Bundes für die Kindertagesbetreuung an das Land Brandenburg nunmehr auf einen Betrag in Höhe von ca. 30-35 Mio. € jährlich ab 2015. Wir fordern die Landesregierung auf, die Bundesmittel endlich an die Städte, Gemeinden und Ämter weiterzuleiten. Insoweit nehmen wir Bezug auf die Stellungnahme unseres Verbandes vom 19. März 2014 anlässlich der Anhörung zum Kindertagesstättenanpassungsgesetz im Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport des Landtages Brandenburg sowie zwei unbeantwortete Schreiben an die in der letzten Wahlperiode verantwortlichen Bildungs- und Finanzminister des Landes.
Wir würden sehr freuen, wenn unsere Anregungen und Positionen Ihre politische Unterstützung finden und wir dem Präsidium hierüber berichten könnten. Wir stehen Ihnen gern für weitere Gespräche zur Verfügung und bieten Ihnen die konstruktive Unterstützung unseres Verbandes an.
Mit freundlichen Grüßen
Karl-Ludwig Böttcher“
Az: 406-00