Mitteilungen 02/2017, Seite 79, Nr. 33
Modernisierung der Netzentgeltstruktur (NEMoG)
In einem Brief an Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries hat sich der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes Dr. Gerd Landsberg gegen Pläne der Bundesregierung ausgesprochen, die Kraft-Wärme-Koppelung zu schwächen. Im Rahmen des von der Bundesregierung beschlossenen Gesetzes zur Modernisierung der Netzentgeltstruktur ist vorgesehen, dass für so genannte steuerbare Anlagen, zu denen auch die KWK gehört, vermiedene Netzentgelte gekürzt bzw. nicht mehr anerkannt werden. Das hätte negative Auswirkungen auf kommunale bzw. kommunal geprägte Unternehmen und die dahinterstehenden kommunalen Eigentümer. Im Übrigen mahnt der Deutsche Städte- und Gemeindebund in dem Schreiben eine grundsätzliche Reform der Netzentgeltsystematik an, um Standortnachteile für Regionen mit aktuell besonders hohen Netzentgelten abzubauen (vgl. Artikel Mitt. StGB Bbg. 01/2017 s. 33 ff.).
Unter vermiedenen Netz(nutzungs)entgelten versteht man die Vergütung der Kosten die nicht entstehen, weil Strom dezentral – etwa durch Erneuerbare-Energien-Anlagen oder BHKW – eingespeist und dafür aus der nächst höhergestuften Netzebene (Mittel- und/oder Hoch-spannungsnetz) kein Strom auf die entsprechende Netzstufe, zum Beispiel Niederspannungsebene, heruntertransformiert werden muss.
Das Schreiben von Dr. Gerd Landsberg an Bundesministerin Brigitte Zypries wird im Folgenden wiedergegeben.
„Anrede,
ich wende mich an Sie, weil wir erhebliche negative Auswirkungen durch das von der Bundesregierung beschlossene Gesetz zur Modernisierung der Netzentgeltstruktur (NEMoG) für die klimafreundliche Kraft-Wärme-Koppelung (KWK) befürchten. Der Ausbau der KWK ist aber zur Erreichung der Klimaschutzziele und damit für den Erfolg der Energiewende insgesamt notwendig. Mehr als die Hälfte des Endenergieverbrauchs in Deutschland entfällt auf Wärmeanwendungen. Eine Energiewende ist ohne eine KWK-bedingte Wärmewende nicht machbar.
Die KWK braucht stabile Investitions- und Rahmenbedingungen. Gerade dies wird allerdings durch die in dem Gesetzentwurf vorgesehene sofortige Senkung der vermiedenen Netzentgelte und die mittelfristig vorgesehene vollständige Streichung derselben in Frage gestellt. Konkret werden dadurch bestehende KWK-Anlagen und Stromspeicher sowie ihr weiterer Ausbau und ihre Modernisierung gefährdet und damit ihr Beitrag zur Erreichung der klimapolitischen Ziele der Energiewende konterkariert.
Dabei ist die Beibehaltung vermiedener Netzentgelte gerade im Bereich der steuerbaren Anlagen sachgerecht. Diese sorgen für eine verbrauchsnahe Erzeugung auf KWK-Basis und leisten damit einen wesentlichen Beitrag zur Systemstabilität und Netzsicherheit. Im Gegensatz zu nicht steuerbaren Anlagen wie Wind und PV können sie Strom auch dann last- und verbrauchsnah produzieren, wenn der Wind nicht weht bzw. die Sonne nicht scheint. Durch die Optimierung des Leistungsbezugs und die Vermeidung von Lastspitzen tragen die steuerbaren Anlagen langfristig dazu bei, den Ausbau der Hochspannungsleitungen auf das notwendige Maß zu beschränken. Aus diesem Grund halten wir - anders als im Gesetzentwurf vorgesehen - eine Unterscheidung zwischen steuerbaren und nicht steuerbaren Anlagen bei den vermiedenen Netzentgelten für sachgerecht.
Dabei ist aus kommunaler Sicht eine grundsätzliche Reform der Netzentgeltsystematik, wie sie ursprünglich mit dem NEMoG angestrebt war, nach wie vor für erforderlich. Ziel einer solchen Reform sollte sein, die Struktur der Netzentgelte an die durch die Energiewende bedingten Anforderungen anzupassen. Dazu gehört insbesondere auch eine stärkere Angleichung der Netzentgelte, um Standortnachteile für Regionen mit aktuell besonders hohen Netzentgelten abzubauen. Im Rahmen dessen darf es jedoch keine pauschale Vereinheitlichung geben, die regionale Besonderheiten unzureichend berücksichtigt. Dies würde sowohl die Kommunen als auch ihre Bürgerinnen und Bürgerinnen und die Wirtschaft in den betroffenen Regionen belasten.
Im Ergebnis bitten wir Sie dringend, sich dafür einzusetzen, dass die in der jetzigen Entwurfsfassung des NEMoG vorhandene Abschaffung der vermiedenen Netzentgelte nicht verabschiedet wird. Der im Entwurf des NEMoG enthaltene rückwirkende Eingriff bei den steuerbaren KWK-Bestandsanlagen hat unmittelbare wirtschaftliche Auswirkungen auf die Unternehmen, ihre kommunalen Eigentümer bzw. Anteilseigner und entwertet einmal getätigte Investitionen. Zudem wird damit das Energiewendeziel, über die KWK-Förderung zu einer CO-2-Einsparung beizutragen, nachträglich in Frage gestellt.
Gleichzeitig sollte eine Reform der vermiedenen Netzentgelte im Rahmen einer grundsätzlichen Neuregelung der Netzentgeltsystematik erarbeitet werden. Hieran arbeiten wir gerne mit und stehen Ihnen und Ihren Mitarbeitern zum weiteren Dialog bereit.
Für Erläuterungen und Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich jederzeit zur Verfügung.“
Der energiepolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, MdB Jens Koeppen aus Brandenburg, hatte in einem Schreiben vom 31. Januar 2017 an den Städte- und Gemeindebund Brandenburg mitgeteilt, seine Fraktion wolle sich dafür einsetzen, noch in dieser Legislaturperiode Regelungen im Bereich der Netzentgelte im Sinne der auch von uns vertretenen Positionen (s. o.g. Artikel in unseren Mitteilungen 01/2017) erreichen zu wollen. Der Unterzeichner hat Herrn MdB Koeppen dafür jedwede Unterstützung im Interesse des Wirtschafts- und Lebensstandortes Brandenburg zugesagt. Es könne nicht sein, dass die Regionen, die die Hauptlast der Energiewende tragen, durch höhere Netzentgelte und damit höhere Strompreise benachteiligt werden.
Karl-Ludwig Böttcher
Geschäftsführer
Az: 805-06