Mitteilungen 03-04/2014, Seite 131, Nr. 74
GWE Wirtschaftsinformations GmbH stellt Zahlungsforderungen gegenüber Gemeinden ein
Die GWE Wirtschaftsinformations GmbH nimmt von ihren Zahlungsforderungen gegenüber brandenburgischen Gemeinden offenbar Abstand. Dies haben Mitglieder des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg berichtet. Die GWE Wirtschaftsinformations GmbH hatte sich unter der Bezeichnung „Gewerbeauskunft-Zentrale“ im Sommer 2011 an kommunale Einrichtungen (z.B. Schulen, Feuerwehren, Kindertageseinrichtungen) gewandt und um Rücksendung von vorausgefüllten Formularen gebeten, damit diese in das von der GWE betriebene Internetportal „gewerbeauskunft-zentrale.de“ eingetragen werden. Das Formular war insoweit irreführend, als dass durch die Voreintragungen von Betriebsdaten und die Aufforderung zur Ergänzung und Korrektur der Daten eine bestehende Eintragung suggeriert wurde. Überdies vermittelten das Formular und das Auftreten als „Gewerbeauskunft-Zentrale“ auf den ersten Anschein einen behördlichen Eindruck. Indes handelte es sich um einen kostenpflichtigen Eintrag mit einer Mindestvertragslaufzeit von 24 Monaten sowie einer jährlichen Vergütung in Höhe von 478,20 € zzgl. Umsatzsteuer.
Der Städte- und Gemeindebund Brandenburg hatte mit Rundschreiben vom 13. Juli 2011 vor den unlauteren Methoden der GWE Wirtschaftsinformations GmbH gewarnt und die Anfechtung der Verträge empfohlen, sofern kommunale Einrichtungen bereits mit Rechnungen bzw. Mahnungen konfrontiert waren. Er rät den Kommunen, aber auch privaten Unternehmen, weiterhin zur Wachsamkeit gegenüber Anbietern von Internet-Branchenbuchverzeichnissen. Es ist ratsam, alle kommunalen Einrichtungen über das Vorgehen aufzuklären, um Rücksendungen der Formulare auszuschließen.
Etwaige Zahlungsaufforderungen können unter Bezug auf folgende Rechtsprechung zurückgewiesen werden:
- Das Landgericht Hamburg wertete bereits in einem Urteil vom 14. Januar 2011 (Az. 309 S 66/10) das Versenden von irreführenden Formularen für Internet-Branchenbuchverzeichnisse als Betrug und stellte zudem die Nichtigkeit derartiger Verträge sowie die Schadensersatzpflicht des Versenders fest. In diesem Verfahren handelte es sich jedoch nicht um die GWE-Wirtschaftsinformations GmbH.
- Das Landgericht Düsseldorf entschied in einem vorläufigen Verfügungsverfahren mit Entscheidung vom 15. April 2011 (Az. 38 O 148/10), dass das von der GWE-Wirtschaftsinformations GmbH verwendete Formular irreführend sei. Das Gericht untersagte in einem wettbewerbsrechtlichen Verfahren die Verwendung des Formulars. Es sah eine Irreführung in der Werbung mit einem Monatspreis, da die Mindestvertragslaufzeit bei mehr als einem Monat liegt. Eine Irreführung konstatierte das Gericht auch durch die Verwendung des Formulartitels „Gewerbeauskunft-Zentrale – Erfassung gewerblicher Einträge“, da eine Verwechslung mit dem Gewerberegister naheliegen soll.
- Der Bundesgerichtshof entschied in einem Urteil vom 30. Juni 2011, dass ein schriftliches Angebot für einen Eintrag in ein Branchenverzeichnis, welches beim durchschnittlichen Betrachter den Eindruck erweckt, er erhalte lediglich einen Korrekturabzug für einen bereits getätigten Branchenbucheintrag, irreführend und auch als unlautere Verschleierung wettbewerbswidrig sei. Diese sog. "Branchenbuch-Berg-Entscheidung" ist eine wichtige Entscheidung für den gesamten Bereich der sog. "Branchenbuch-Abzocke".
- Das OLG Düsseldorf bestätigte in einem Urteil vom 14. Februar 2012 die bereits im Frühjahr 2011 vom LG Düsseldorf festgestellte Wettbewerbswidrigkeit der Vorgehensweise der GWE, und insbesondere der Gestaltung des von der GWE verwendeten Formulars. Danach ist die GWE gehalten, das bisher von ihr verwendete Formular, zukünftig nicht mehr in dieser Art zu verwenden. Zudem ist es der GWE untersagt, ausschließlich den Monatspreis auszuweisen, wenn es sich um einen Zweijahresvertrag handelt. Die Entscheidung des OLG Düsseldorf stützt sich auf das oben genannte BGH-Urteil, das einen anderen Anbieter betraf.
- Das Landgericht Düsseldorf entschied mit Urteil vom 21. Dezember 2012 (38 O 37/12), dass der Versuch der GWE-Wirtschaftsinformations-GmbH, Unternehmer im Anschluss an die Versendung von Angebotsformularen für Eintragungen in eine Gewerbedatenbank durch Rechnungen, Mahnungen und Inkassoschreiben zu Zahlungen zu bewegen, eine geschäftlich unlautere Handlung im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG und § 4 Nr. 1 UWG darstellt. Das Gericht stellte ein systematisches Vorgehen und ein Geschäftsmodell fest, welches darauf abziele, aus der Täuschung gewonnene Unterschriften dazu zu verwenden, nicht bestehende Forderungen einzutreiben („Vertragsfalle“). Die Mahntätigkeit stelle eine systematische Fortsetzung des früheren Verhaltens, also der Formularaussendung, dar. Durch die Androhung erheblicher Nachteile für den Fall der Weigerung würden Geschäftsleute durch Ausübung von Druck davon abgehalten, ihre Rechte im Hinblick auf das mindestens anfechtbare Zustandekommen eines Vertrages durchzusetzen.
Strafanzeigen werden nicht empfohlen. Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf hatte auf eine Strafanzeige einer brandenburgischen Gemeinde gegen die GWE Wirtschaftsinfomations GmbH hin entschieden, dass sich bezüglich der Vorgehensweise der GmbH keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Straftat, insbesondere Betrug, ergeben.
Schon im Sommer 2012 zeichnete sich Einsicht bei der GWE Wirtschaftsinformation GmbH ab. In einem Schreiben gegenüber einer brandenburgischen Gemeinde betrachtete die GWE das Verfahren als abgeschlossen und erklärte, dass Forderungen gegenüber der Gemeinde nicht weiter verfolgt würden. In einem Schreiben aus November 2013 an eine Oberschule einer brandenburgischen Gemeinde führte die GWE aus: „Da Sie keinen typischen Gewerbebetrieb führen, sind wir aus Kulanz bereit, auf die Begleichung unserer Kostenrechnung zu verzichten.“
Bianka Petereit, Referatsleiterin
Az: 701-00