Mitteilungen 03/2012, Seite 75, Nr. 52

Abstimmungsberatung zur Fortentwicklung der Ämter am 1. Februar 2012

"Ämter haben Zukunft". Mit diesen Worten fasste Jens-Hermann Kleine,  Amtsdirektor des Amtes Unterspreewald ein Ergebnis der zweiten Abstimmungsberatung des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg mit den Amtsdirektorin seiner Mitgliedsämter am 1. Februar 2012 zusammen. Die Amtsdirektoren verständigten sich darauf, eine eigene Position zu formulieren, die in die Debatte um eine Verwaltungsstrukturreform des Landes Brandenburg eingebracht werden sollte. Dazu wurde eine Arbeitsgruppe gebildet der Dr. Grit Brinkmann, Amtsdirektorin des Amtes Neuhardenberg und Vorsitzende der Kreisarbeitsgemeinschaft im Landkreis Märkisch-Oderland, Iris Schülzke, Amtsdirektorin des Amtes Schlieben und Vizepräsidentin des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg, Jens-Hermann Kleine, Amtsdirektor des Amtes Unterspreewald sowie Ulrich Noack, Amtsdirektor des Amtes Burg/Spreewald angehören sollten. Die Arbeitsgruppe hat zwischenzeitlich zwei Mal getagt und das Positionspapier „Ämter haben Zukunft“ erarbeitet, welches allen Amtsdirektoren mit Gelegenheit zur Stellungnahme zugeleitet worden war und im folgenden Beitrag veröffentlicht wird.

Über die Arbeit der Enquetekommission 5/2 des Landtages Brandenburg berichtete Werner Große, sachverständiges Mitglied der Kommission, Bürgermeister der Stadt Werder (Havel) und Präsident des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg.  Geschäftsführer Karl-Ludwig Böttcher rief in Erinnerung, dass sich die Position der Landesregierung seit der Mitgliederversammlung des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg erheblich gewandelt habe. Hatte der Ministerpräsident 2010 noch für die Abschaffung der Ämter plädiert, sehe der Minister des Innern zwischenzeitlich keine Alternative mehr zu ihnen.

Über die in der Enquete-Kommission diskutierte Frage, wie viele gemeindliche Selbstverwaltungsaufgaben ein Amt im Land Brandenburg übernehmen dürfe, sprach Prof. Dr. Ihno Gebhardt,  Fachhochschule der Polizei des Landes Brandenburg; Fellow des Kommunalwissenschaftlichen Instituts der Universität Potsdam und sachverständiges Mitglied der Enquete-Kommission 5/2 des Landtages Brandenburg. Gebhardt erinnerte an die Rechtsprechung des Verfassungsgerichts des Landes Schleswig-Holstein. Dieses habe eine Pflicht des schleswig-holsteinischen Gesetzgebers gesehen, eine direkt gewählte Volksvertretung auch für das schleswig-holsteinische Amt einzurichten, wenn schon ein einziges Amt einen den kommunalen Gebietskörperschaften vergleichbaren Bestand an Selbstverwaltungsaufgaben erlangt habe. Die Entscheidung hielt Gebhardt allerdings nicht auf die Ämter nach dem brandenburgischen Landesrecht übertragbar. Einerseits habe das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg im Beschluss vom 21. Januar 1998 und Urteil vom 21. März 2002 entschieden, dass Ämter im Land Brandenburg gerade keine Gebietskörperschaften seien und keine Selbstverwaltungsaufgaben in einem den Gebietskörperschaften Gemeinden und Gemeindeverbänden vergleichbaren Umfang wahrnehmen. Die Ämter im Land Brandenburg zählten nach diesen Entscheidungen nicht zu den Gemeindeverbänden im Sinne der Art. 97 ff. Landesverfassung. Im Urteil vom 21. März 2002 habe das brandenburgische Landesverfassungsgericht dem Gesetzgeber Grenzen gesetzt und hohe Begründungsanforderungen formuliert, bevor gemeindliche Selbstverwaltungsaufgaben von den amtsangehörigen Gemeinden auf die Ämter übertragen werden könnten. Ämter dürften nicht einen den niedersächsischen Samtgemeinden oder den rheinland-pfälzischen/sachsen-anhaltinischen Verbandsgemeinden vergleichbaren Aufgabenbestand haben, da diesen kommunalen Körperschaften Gemeindeverbandsqualität attestiert werde. Er warf die Frage auf, ob in einem oder mehreren Ämtern ein "demokratiedefizitärer" Aufgabenbestand nach Maßgabe der Rechtsprechung des Landesverfassungsgericht Schleswig-Holstein bestehe. Es sei zu untersuchen, ob in einem derartigen Fall Korrekturen bereits durch die betreffenden Gemeinden selbst herbeizuführen seien, weil der jeweilige Übertragungsakt, gemessen an § 135 BbgKVerf möglicherweise rechtswidrig gewesen sei. Offen sei auch, welche Konsequenzen sich für den Gesetzgeber ergeben.

Das Rundschreiben des Ministeriums des Innern vom 24. November 2011 zur Beantwortung des Beschlusses der Enquetekommission zum Aufgabenbestand der brandenburgischen Ämter erläuterte der Unterzeichner. Vor dem Hintergrund der von Gebhardt erläuterten Rechtsprechung des brandenburgischen Landesverfassungsgerichts sei es wichtig, den jeweiligen Zeitpunkt einer  Aufgabenübertragung von den amtsangehörigen Gemeinden auf das Amt zu benennen.

Bernd Boschan, Direktor des Amtes Lieberose Oberspreewald berichtete über die Erfahrungen der Zusammenführung der Ämter Lieberose und Oberspreewald im Rahmen der Gemeindestrukturreform 1998-2003. Dieser Ämter seien gegen ihren Willen vereinigt worden. Das Zusammenwachsen habe mehrere Jahre gedauert. Aufgrund der großen Fläche des Amtes sei es notwendig, zwei Verwaltungsstandorte zu haben. Die Bildung einer Einheitsgemeinde sei wegen der großen Fläche keine Alternative. Im Laufe der Jahre sei es durch die Überprüfung der Organisation gelungen, den Personalbedarf anzupassen.

Praktische Beispiele gelungener interkommunaler Zusammenarbeit standen im Mittelpunkt des zweiten Teils der Tagung:

Karsten Birkholz, Amtsdirektor des Amtes Barnim-Oderbruch, berichtete über die Zusammenarbeit bei der Durchführung von Baumschauen am Beispiel der Ämter Barnim-Oderbruch und Falkenberg-Höhe.

Iris Schülzke, Amtsdirektorin des Amtes Schlieben, informierte über kooperative Zusammenarbeit der Standesämter des Amtes Schlieben und der Gemeinde Schönewalde.
 
Die erfolgreiche Arbeit einer gemeinsamen Vollstreckungsstelle stellte Rolf-Dietrich Dammann, Amtsdirektor des Amtes Märkische Schweiz, am Beispiel seines Amtes und der Stadt Müncheberg vor.

Dr. Grit Brinkmann, Amtsdirektorin des Amtes Neuhardenberg, informierte über die  gemeinsame Erfüllung von Aufgaben auf dem Gebiet der Datensicherheit und im IT-Bereich am Beispiel ihres Amtes. Dies haben einen Spezialisten beschäftigt, der auch für Nachbarkommunen tätig sei.

Die Arbeit des EDV-Zweckverbandes Prignitz erläuterte Gerd Ehrke, Amtsdirektor des Amtes Amtes Putlitz-Berge. Im Verband arbeiten die Ämter Meyenburg und Putlitz-Berge sowie die Gemeinde Groß Pankow (Prignitz) bei der EDV-System- und Anwendungsbetreuung zusammen. Zudem werden Arbeiten für weitere Kommunen erledigt.
Gemeinsame Wirtschaftsförderung am Beispiel der Stadt Finsterwalde und des Amtes Kleine Elster stand im Mittelpunkt des Vortrages von Gottfried Richter, Amtsdirektor des Amtes Kleine Elster. Dieser informierte auch über die Unterstützung der Stadt Finsterwalde beim Beteiligungsmanagement seines Amtes. Durch die Zusammenarbeit könne das Amt auf das betriebswirtschaftliche Fachwissen der Stadt zurückgreifen.

Über die Erfahrungen der gemeinsamen Bußgeldstelle der Gemeinden Kolkwitz,  Neuhausen/Spree und der Ämter Peitz und Burg/Spreewald zur Überwachung des ruhenden und fließenden Verkehrs berichtete Amtsdirektor Ulrich Noack, Amt Burg/Spreewald. Die Ansiedlung auf gemeindlicher Ebene habe Kostenvorteile.

Abgerundet wurde die Veranstaltung durch ein Referat des Vorstandsvorsitzender und Vorstand Ressort Netz der E.ON edis AG,  Bernd Dubberstein, zur Umsetzung der Energiewende durch den Regionalnetzbetreiber E.ON edis AG. das Unternehmen hatte den Städte- und Gemeindebund Brandenburg ermöglicht, die Veranstaltung in seinem Potsdamer Tagungszentrum durchzuführen.

Jens Graf, Referatsleiter

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