Mitteilungen 04/2016, Seite 140, Nr. 78
Bundesnetzagentur legt Vorschlag für Regulierung der "letzten Meile" und Vectoring in Brüssel vor
Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hat am 7. April 2016 ihren Entscheidungsentwurf zur Regulierung der sog. „letzten Meile" der Telekom Deutschland GmbH und zum Ausbau der sogenannten „Nahbereiche" mit Vectoring nach Brüssel notifiziert. Bereits im Februar 2015 hatte die Telekom den zugrunde liegenden Antrag bei der Bundesnetzagentur eingereicht, der ihr alleinigen Zugang zu den Nahbereichen um 8.000 Hauptverteiler erlauben soll. Die Telekom nimmt für sich in Anspruch, mit diesem Schritt den schnellen Internetzugang durch Einsatz der Vectoring-Technologie in weiteren Regionen zu ermöglichen. Nach ihren Angaben sollen zusätzliche 5,9 Millionen Haushalte mit Geschwindigkeiten von bis zu 100 Mbit/s versorgt werden können. Langfristig sollen per Super-Vectoring sogar Übertragungsgeschwindigkeiten von bis zu 250 Mbit/s realisierbar sein.
Das Vorhaben der Telekom ist umstritten. Technisch bedingt müssten in den vom Antrag betroffenen Bereichen die VDSL-Anschlüsse anderer Anbieter umgestellt werden, da Vectoring das Nebeneinander von mehreren Anbietern nicht zulässt. Deshalb stößt das Vorhaben auf heftigen Widerstand bei den Telekom-Konkurrenten, die bereits in Infrastruktur investiert und ihre Technik in den Hauptverteilern der Telekom installiert haben. Sie werfen der Telekom insbesondere vor, die Teilnehmeranschlussleitung (letzte Meile) remonopolisieren zu wollen.
Die Beschlusskammer der BNetzA zeigt sich von dieser wettbewerbspolitischen Argumentation unbeeindruckt. Man habe sich eingehend mit den Stellungnahmen befasst. Der überarbeitete Entwurf gehe ausführlich auf die vorgetragenen Forderungen und Argumente ein und greife konstruktive Vorschläge auf. Nach intensiver Analyse komme die BNetzA zu dem Schluss, dass ein Vectoring-Ausbau der Nahbereiche hilft, den Breitbandausbau zu fördern. Es würden weder der Wettbewerb außer Kraft gesetzt noch werden andere Technologien ausgebremst.
Im Vergleich zu einem ersten Entscheidungsvorschlag der BNetzA können Wettbewerber der Telekom nach dem nunmehr übermittelten Entwurf insgesamt mehr Nahbereiche selbst mit VDSL2-Vectoring erschließen. Außerdem sollen Wettbewerber einen Vectoring-Ausbau der Nahbereiche auch vornehmen können, wenn die Telekom dieses Gebiet vollständig mit Glasfaseranschlüssen bis ins Haus versorgt.
Der Entscheidungsentwurf berücksichtigt die Ausbau- und Investitionszusage, mit der sich die Telekom einseitig verpflichten will, bundesweit alle Nahbereiche bis Ende 2018 mit Vectoring zu erschließen. Die Telekom hat im Februar einen überarbeiteten Entwurf vorgelegt, mit dem sie ihr Ausbauversprechen unabhängig von einem Vertragsschluss mit einem spürbaren Sanktionsmechanismus absichern möchte. Zudem werde sie sich zur Überwachung ihrer Ausbauverpflichtung einem strengen Monitoring durch die Bundesnetzagentur unterwerfen. Die Bundesnetzagentur geht offenbar davon aus, dass die Telekom mit Blick auf andernfalls drohende spürbare Sanktionen ihre Investitions- und Ausbauzusage einhalten wird. Hierdurch werde ein beschleunigter Ausbau von Anschlüssen mit Bandbreiten von mindestens 50 Mbit/s wesentlich gefördert.
Die Europäische Kommission, die Regulierungsbehörden der übrigen Mitgliedstaaten und das Gremium Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (GEREK) können nun innerhalb eines Monats Stellungnahmen zum überarbeiteten Entscheidungsentwurf abgeben. Sofern die Europäische Kommission keine ernsthaften Bedenken äußert, kann die Entscheidung anschließend endgültig in Kraft treten.
Die Entscheidung der BNetzA, den Entscheidungsentwurf der EU-Kommission anzuzeigen, ist aus kommunaler Sicht zu begrüßen, da nunmehr die Möglichkeit geschaffen wird, den mit Vectoring erreichbaren Bandbreitenvorteil technisch zu realisieren. Mehrfach hatte die Hauptgeschäftsstelle davor gewarnt, im Zusammenhang mit dem Vectoring- Antrag eine rhetorisch überladene ordnungspolitische Grundsatzdebatte zu führen. Zweifelsohne wird die Anzahl von schnellen Internetanschlüsse steigen, die Telekom stellt eine flächendeckende Verfügbarkeit von 80 Prozent in Aussicht. Dies ist unstreitig eine positive Entwicklung. Gleichzeitig handelt es sich vielfach um die Veredelung ohnehin schon potenter Infrastruktur in Ballungsräumen. Aus Sicht des un- oder unterversorgten ländlichen Raums wird es keine bahnbrechenden Veränderungen geben. Deshalb stellen die angekündigten Ausbauabsichten der Telekom keine gezielte Investition in den Breitbandausbau in kommunikationstechnische Notstandsgebiete dar, wie es aus Sicht des ländlichen Raums wünschenswert gewesen wäre.
(Quelle: DStGB Aktuell 1516)