Mitteilungen 05/2014, Seite 187, Nr. 95
Landesverfassungsgericht bekräftigt Grundsatz der Exklusivität der Wahlprüfung
Das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg hat im Vorfeld der Kommunalwahlen bereits mehrere Anträge auf Erlass einstweiliger Anordnungen unter Hinweis auf den Grundsatz der Exklusivität der Wahlprüfung als unzulässig verworfen. Danach ist im Anwendungsbereich des Wahlprüfungsverfahrens die Verfassungsbeschwerde ausgeschlossen. Gegen Entscheidungen und Maßnahmen, die sich unmittelbar auf das Wahlverfahren beziehen, kann das Verfassungsgericht nur angerufen werden, wenn nach der Wahl das Wahlprüfungsverfahren durchlaufen worden ist.
In dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung des Kreisverbandes Havelland der Piratenpartei Deutschland wegen der Anerkennung von Unterstützungsunterschriften führte das Gericht aus:
Nach § 55 Abs. 4 BbgKWahlG können Entscheidungen und Maßnahmen, die sich unmittelbar auf das Wahlverfahren beziehen, nur mit den Rechtsbehelfen, die im Brandenburgischen Kommunalwahlgesetz oder in einer aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnung vorgesehen sind, sowie im – nach Abschluss der Wahl eröffneten - Wahlprüfungsverfahren angefochten werden. Die Zurückweisung von Wahlvorschlägen durch den Wahlausschuss nach § 37 BbgKWahlG, die der Antragsteller verhindern möchte, gehört zu den Entscheidungen und Maßnahmen im Sinne von § 55 Abs. 4 BbgKWahlG (vgl. Schumacher, a. a. O., § 55 BbgKWahlG Nr. 7.2). Im Anwendungsbereich des Wahlprüfungsverfahrens ist die Verfassungsbeschwerde ausgeschlossen (Grundsatz der Exklusivität der Wahlprüfung; vgl. zu § 68 Brandenburgisches Landeswahlgesetz, Art. 63 LV: Beschluss vom 2. September 1999 – VfGBbg 29/99 EA -, LVerfGE 10, 235, 236; st. Rspr. des Bundesverfassungsgerichts zu § 49 Bundeswahlgesetz, Art. 41 Grundgesetz, vgl. zur Nichtzulassung von Wahlvorschlägen: Beschluss vom 1. September 2009 - 2 BvR 1928/09, 2 BvR 1937/09 -, BVerfGK 16, 153, 154 f). Im Übrigen ist auch gegen die Wahlprüfungsentscheidung nach § 57 BbgKWahlG nicht (unmittelbar) der Weg zum Verfassungsgericht eröffnet; zu einem Schutz gegen die Verletzung der von der Verfassung garantierten Wahlrechtsgrundsätze sind (zunächst) die Verwaltungsgerichte berufen (§ 58 Abs. 2 BbgKWahlG).
Der Antragsteller wollte den Wahlleiter im Wege einer einstweiligen Anordnung verpflichten lassen, die von ihm beigebrachten „formlosen“ Unterstützungsunterschriften als gültig anzuerkennen. Schon die Notwendigkeit von Unterstützungsunterschriften, darüber hinaus aber auch die – auf der Ebene der Landtagswahlen nicht bestehenden – Formerfordernisse des § 28a Abs. 4 BbgKWahlG verletzten die Wahlgrundsätze der Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl und sein passives Wahlrecht aus Art. 22 Abs. 1 der Landesverfassung (LV). Ferner verletze § 28a Abs. 7 BbgKWahlG den Antragsteller in seinem Gleichheitsgrundrecht; gegenüber Parteien, die unter diese Regelung fallen, werde er benachteiligt (VerfGBbg, Beschluss vom 19. März 2014 - VfGBbg 3/14 EA -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de).
Mit dem weiteren Beschluss vom 23. April 2014 – VfGBbg 6/14 EA - wurde ein Antrag der Wählergemeinschaft Bürger für Brieselang e.V. (BFB) auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verworfen, der sich gegen die Reihenfolge der Wahlvorschläge auf den Stimmzetteln richtete. In welcher Reihenfolge die Wahlvorschläge in den Städten und Gemeinden auf den Stimmzetteln angeführt werden, richtet sich nach dem Brandenburgischen Kommunalwahlgesetz nach dem Ergebnis der letzten Kreistagswahl, wenn die Wahl zu den Kreistagen und die Wahl zu den Gemeindevertretungen gleichzeitig stattfinden. Auf den Stimmzetteln der Wahl zur Gemeindevertretung folgen im Anschluss an die Bewerber, die in der Vergangenheit an den Kreistagswahlen teilgenommen haben, die örtlichen Bewerber (§ 39 Abs. 4 BbgKWahlG). Weil die Wählergemeinschaft BFB in der Vergangenheit nur vor Ort in Brieselang angetreten war, wird sie auf dem Stimmzettel folglich erst an hinterer Stelle genannt. Die Wählergemeinschaft, die bei den letzten Wahlen sehr erfolgreich war, sah hierin einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichheit der Wahl. Die Reihenfolge der Wahlvorschläge auf dem Stimmzettel signalisiere den Wählern die Bedeutung der jeweiligen Partei und Wählergruppe.
Auch dieser Antrag wurde vom Verfassungsgericht des Landes Brandenburg unter Hinweis auf den Grund der Exklusivität der Wahlprüfung als unzulässig verworfen. Eine Anrufung des Gerichts komme zwar grundsätzlich auch mit Blick auf die Gestaltung der Stimmzettel in Betracht, allerdings nicht während des anlaufenden Wahlvorgangs, sondern erst nach Abschluss der Kommunalwahlen und einer fachgerichtlichen Wahlprüfung. Ob die Reihenfolge der Wahlvorschläge auf dem Stimmzettel überhaupt unmittelbaren Einfluss auf die Wahlchancen habe, blieb – so das Landesverfassungsgericht - deshalb offen.
(Quellen: Presseerklärung des Verfassungsgerichts des Landes Brandenburg vom 24. April 2014, www.verfassungsgericht.brandenburg.de)
Jens Graf, Referatsleiter
Az: 100-03