Mitteilungen 07/2013, Seite 231, Nr. 121
VG Potsdam: Zur Rechtswidrigkeit von Bedingungen im Rahmen der Genehmigung einer Ersatzschule unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Privatschulfreiheit (Art. 7 Abs. 4 GG, Art. 30 Abs. 6 Satz 1 BbgVerf, § 121 BbgSchulG)
Der Träger einer Privatschule hat einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf die Genehmigung als Ersatzschule, wenn er die in Artikel 7 Abs. 4 Grundgesetz (GG) genannten Voraussetzungen, auf die Artikel 30 Abs. 6 Satz 1 Verfassung des Landes Brandenburg (BbgVerf) Bezug nimmt, erfüllt. Dem Landesgesetzgeber steht es nicht zu, die Genehmigung von weiteren – über Artikel 7 Abs. 4 und 5 GG genannten – Anforderungen abgängig zu machen.
Zwar hat der Landesgesetzgeber in § 121 Abs. 2 Nr. 2 BbgSchulG in Übereinstimmung mit Art. 7 Abs. 4 GG geregelt, dass die Lehrkräfte der Ersatzschule fachlich und pädagogisch eine wissenschaftliche Ausbildung und Prüfung nachweisen müssen, die hinter der Ausbildung der Lehrkräfte an Schulen in öffentlicher Trägerschaft nicht zurücksteht. Allerdings greift die Festsetzung einer bestimmten Quote von Lehrkräften, die eine im Land Brandenburg erworbene oder anerkannte Lehrbefähigung besitzen, in die nach Artikel 7 Abs. 4 GG i.V.m. Artikel 30 Abs. 6 Satz 1 BbgVerf garantierte Privatschulfreiheit des Schulträgers ein. Der Nachweis in Form von freien Leistungen ist dem Nachweis einer gleichwertigen Ausbildung und Prüfung gleichrangig.
Zwar ist die Genehmigung einer Ersatzschule nach Artikel 7 Abs. 4 GG i.V.m. Artikel 30 Abs. 6 Satz 1 BbgVerf zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist. Allerdings braucht die Stellung der Lehrer nicht in vollem Umfang der Stellung von Lehrern an öffentlichen Schulen entsprechen, kann dies angesichts des Beamtenstatus der meisten Lehrer dort auch gar nicht. Aus § 121 Abs. 3 BbgSchulG folgt kein kategorischer Ausschluss von Lehrkräften auf Honorarbasis. Die Art des Vertragsverhältnisses ist nicht ausschlaggebend, sondern ob im Einzelfall das gewählte Vertragsverhältnis mit der jeweiligen Lehrkraft insgesamt einen geordneten Unterrichtsbetrieb unter Einbeziehung möglichst weitgehender pädagogischer Freiheit sowie wirtschaftliche und rechtliche Sicherheit der jeweiligen Lehrkraft gewährleistet.
(Orientierungssätze der Redaktion)
Verwaltungsgericht Potsdam, Urteil der 12. Kammer vom 28. Januar 2013, VG 12 K 1986/12, nicht rechtskräftig
Zum Sachverhalt:
Die Beteiligten streiten um Nebenbestimmungen zu der Genehmigung einer privaten Berufsfachschule um einen weiteren Bildungsgang.
Die Klägerin beantragte bei dem Beklagten eine Genehmigung für die Errichtung einer Fachschule für Sozialwesen mit der Fachrichtung Sozialpädagogik am Standort … zum Schuljahr 2013/2014. Mit Bescheid vom 10. August 2012 erteilte ihr der Beklagte die Genehmigung zum Schuljahr 2013/2014 unter zwei Bedingungen. Diese in Ziffer 1 und Ziffer 5 des Bescheides enthaltenen Nebenbestimmungen lauten wie folgt:
Ziffer 1:
Die Genehmigung zur Errichtung einer Beruflichen Schule, Fachschule für Sozialwesen, Fachrichtung Sozialpädagogik zum Schuljahr 2013/2014 am Standort ... wird unter der Bedingung erteilt, dass die Schulträgerin spätestens bis zum 1. Juni 2013 nachweist, dass der überwiegende Anteil (mehr als 50 Prozent) der zu erteilenden Unterrichtsstunden nach der Stundentafel fachgerecht und schulstufengerecht durch Lehrkräfte erteilt wird, die über eine im Land Brandenburg erworbene oder anerkannte Lehrbefähigung verfügen. Der Nachweis gilt auch als erbracht, wenn durch das für Schule zuständige Ministerium festgestellt wurde, dass die Schulträgerin in ausreichendem Maße nachgewiesen hat, dass der überwiegende Anteil (mehr als 50 Prozent) der zu erteilenden Unterrichtsstunden nach Stundentafel durch Lehrkräfte erteilt wird, die über eine im Land Brandenburg erworbene oder eine anerkannte Lehrbefähigung verfügen und auf Grund ihrer fachlichen Erfahrungen geeignet sind, Unterricht fachfremd zu erteilen.
Ziffer 5:
Die Genehmigung steht unter der aufschiebenden Bedingung, dass der Genehmigungsbehörde bis spätestens 1. Juni 2013 gemäß § 121 Abs. 3 Nr. 1 BbgSchulG die unterzeichneten Arbeitsverträge bzw. Änderungsverträge für die gemäß Nummer 1 des Bescheides zu benennenden Lehrkräfte vorgelegt werden. Die vorzulegenden vorgesehenen Arbeitsverträge/Änderungsverträge müssen die grundsätzlich zu regelnden wesentlichen Bestandteile eines Arbeitsvertrages - Urlaubsanspruch, wöchentliche Arbeitszeit, wöchentliche Unterrichtsverpflichtung und Vergütung (§ 121 Absatz 3 Nr. 3 BbgSchulG) - enthalten.
Die Klägerin hat hiergegen am 10. September 2012 Klage erhoben. Sie ist der Ansicht, dass es für die beiden Nebenbestimmungen in dem Genehmigungsbescheid keine gesetzliche Grundlage gebe und sie daher rechtswidrig seien.
Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheides vom 10. August 2012 die Genehmigung für die Errichtung einer beruflichen Schule mit dem Bildungsgang der Fachschule für Sozialwesen, Fachrichtung Sozialpädagogik in Teilzeitform am Standort ... zum Schuljahr 2013/2014 antragsgemäß ohne die streitgegenständlichen Bedingungen zu Ziffer 1 und 5 zu erteilen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht, dass die beiden Nebenbestimmungen rechtmäßig seien, weil sie sicherstellten, dass die Genehmigungsvoraussetzungen vor Beginn des neuen Bildungsgangs erfüllt würden.
Mit Ziffer 1 solle erreicht werden, dass die zu genehmigende Ersatzschule entsprechend den Anforderungen aus dem Brandenburgischen Schulgesetz (BbgSchulG) in ihren Lehrzielen und Einrichtungen nicht hinter den Schulen in öffentlicher Trägerschaft zurückstehe und die Lehrkräfte fachwissenschaftlich und pädagogisch ausgebildet und geprüft seien. Dafür müsse der Träger der Ersatzschule den überwiegenden Teil der Unterrichtsstunden durch Lehrkräfte abdecken, die über eine im Land Brandenburg anerkannte Lehrbefähigung verfügten und damit sogenannte Erfüller sind. Zwar könne die fachliche und pädagogische Befähigung auch durch gleichwertige freie Leistungen nachgewiesen werden. Dies habe aber dort seine Grenze, wo die Erfüllung der Lehrziele in Gefahr gerate. Daher könne eine Schule nicht nur mit sogenannten Nichterfüllern unterrichten. Selbst eine befristete Unterrichtsgenehmigung könne nur dann erteilt werden, wenn die Einhaltung der Lehrziele garantiert sei. Dies diene dem Schutz der Allgemeinheit, insbesondere dem der Schülerinnen und Schüler, vor unzureichenden Bildungseinrichtungen. Um dieses Ziel zu erreichen müsse wenigstens die Hälfte aller Lehrkräfte über fachliche und pädagogische Kompetenzen verfügen und sich die intensive Begleitung einzelner Lehrkräfte auf einen bestimmten Anteil beschränken.
Mit der unter Ziffer 5 aufgestellten Bedingung solle erreicht werden, dass die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte genügend gesichert sei. Mit Honorarverträgen könne dieses Ziel nicht erreicht werden, da es sich hierbei um ein freies Mitarbeiterverhältnis handle, für das kein Urlaubsanspruch, kein Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und kein Kündigungsschutz bestehe. Zudem seien für auf Honorarbasis Beschäftigte keine Sozialversicherungsbeiträge abzuführen. Dabei sei unerheblich, ob die Lehrkraft durch außerhalb des Beschäftigungsverhältnisses zur Klägerin liegende Umstände, wie etwa durch eine Pension oder ein weiteres Arbeitsverhältnis, gesichert sei und kein Interesse an einer Festanstellung habe. Die verfassungsrechtlichen und gesetzgeberischen Vorgaben setzten zwingend ein Angestelltenverhältnis voraus, da nicht allein die „wirtschaftlichen“ Aspekte eine Rolle spielten, sondern die „rechtliche“ Stellung der Lehrkräfte zu beachten sei. Nach dem Willen des Verfassungs- bzw. Gesetzgebers sollten dabei nicht für jede Lehrkraft die individuellen Voraussetzungen geprüft werden müssen, die den Abschluss eines Honorarvertrages rechtfertigen könnten. Der Bildungsbereich werde daher bewusst von Beschäftigungsmöglichkeiten ausgenommen, die in anderen Bereichen des Arbeitsmarktes üblich seien. Im Übrigen seien Lehrer trotz Vereinbarung einer Tätigkeit als Honorarkraft im arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Sinne als abhängig beschäftigt anzusehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Verwaltungsvorgang (zwei Ordner) verwiesen.
Aus den Gründen:
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 10. August 2012 für das Schuljahr 2013/2014 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung ohne die streitgegenständlichen Nebenbestimmungen Ziffer 1 (unten 1.) und Ziffer 5 (unten 2.), § 113 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Gemäß § 121 Abs. 1 BbgSchulG dürfen Ersatzschulen nur mit Genehmigung des für Schule zuständigen Ministeriums errichtet oder geändert werden. Eine Genehmigung ist bei beruflichen Ersatzschulen auch für die Errichtung eines Bildungsganges, eines Berufs oder einer Fachrichtung erforderlich.
Rechtsgrundlage für die beantragte Genehmigung ist § 121 Abs. 2 BbgSchulG. Danach ist eine Genehmigung zu erteilen, wenn die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Der Träger einer Privatschule hat einen verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf die Genehmigung als Ersatzschule, wenn er die in Artikel 7 Abs. 4 Grundgesetz (GG) genannten Voraussetzungen, auf die Artikel 30 Abs. 6 Satz 1 Verfassung des Landes Brandenburg (BbgVerf) Bezug nimmt, erfüllt. Der Landesgesetzgeber kann, wie in § 121 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 BbgSchulG geschehen, die verfassungsrechtlichen Vorgaben konkretisieren. Ihm steht es allerdings nicht zu, die Genehmigung von weiteren - über jene in Artikel 7 Abs. 4 und 5 GG genannten - Anforderungen abhängig zu machen (vgl. Niehues/Rux, Schul- und Prüfungsrecht Band 1 Schulrecht, 4. Aufl., Rz. 952 m. w. N.).
1. Gemessen an diesen Vorgaben erweist sich die im angegriffenen Bescheid unter Ziffer 1 aufgestellte Bedingung als rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
Nach Artikel 7 Abs. 4 Satz 3 GG dürfen private Ersatzschulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen. Damit sollen die Schüler und die Allgemeinheit vor unzureichenden Bildungseinrichtungen geschützt werden (BVerfG, Entscheidung vom 14. November 1969, 1 BvL 24/64, BVerfGE 27, 195, 205). In Übereinstimmung mit Artikel 7 Abs. 4 GG hat der Landesgesetzgeber in § 121 Abs. 2 Nr. 2 BbgSchulG geregelt, dass die Lehrkräfte fachlich und pädagogisch eine wissenschaftliche Ausbildung und Prüfung nachweisen müssen, die hinter der Ausbildung der Lehrkräfte an Schulen in öffentlicher Trägerschaft nicht zurücksteht. Den Privatschulträgern wird zudem in § 121 Abs. 2 Nr. 2 BbgSchulG die Möglichkeit eröffnet, die fachliche und pädagogische Befähigung ihrer Lehrkräfte durch gleichwertige freie Leistungen nachzuweisen.
Innerhalb dieses gesetzlichen Rahmens kann eine Privatschule frei über die Einstellung des pädagogischen Personals entscheiden. Das Recht auf freie Einstellung findet dort seine Grenze, wo durch die Verwendung ungeeigneter Lehrkräfte das Leistungsniveau unter das Niveau öffentlicher Schulen gleichen Typs sinken würde. Sobald eine Ersatzschule ihren Schulbetrieb aufnimmt, muss daher ein hinreichender Anteil der Lehrkräfte über die erforderliche fachliche und pädagogische Qualifikation verfügen (Niehues/Rux, aaO Rz. 972). Daran mangelt es, wenn eine ganz überwiegende Zahl von Lehrkräften die Eignung lediglich durch eine befristete Unterrichtsgenehmigung gemäß § 121 Abs. 4 Satz 2 BbgSchulG nachweisen kann. Denn diese Lehrkräfte müssen erst in einer Art Erprobungsphase unter Beweis stellen, dass sie tatsächlich die Anforderungen, die an eine Lehrkraft nach dem BbgSchulG gestellt werden, erfüllen. Sie müssen beispielsweise an fachlichen und pädagogischen Fortbildungen teilnehmen und durch Mentoren begleitet werden. Bei einem überwiegenden Anteil von Lehrkräften, die diese Art von Begleitung für ihre Unterrichtstätigkeit benötigen, erscheint ein geordneter Schulbetrieb nicht mehr sichergestellt. Insoweit hält die Kammer an ihrer bisherigen Rechtsprechung fest, dass es an der Gleichwertigkeit der fachlichen und pädagogischen Fähigkeit der Lehrkräfte fehlt, wenn eine ganz überwiegende Zahl von Lehrkräften die Eignung erst auf Basis einer befristeten Unterrichtsgenehmigung nach § 121 Abs. 4 Satz 2 BbgSchulG unter Beweis stellen muss (Urteil der Kammer vom 22. Januar 2010, VG 12 K 1534/09, zitiert nach juris). Allerdings greift nach Auffassung der Kammer die Festsetzung einer bestimmten Quote von Lehrkräften, die eine im Land Brandenburg erworbene oder anerkannten Lehrbefähigung besitzen, in die nach Artikel 7 Abs. 4 GG i. V. m. Artikel 30 Abs. 6 Satz 1 BbgVerf garantierte Privatschulfreiheit des Schulträgers ein. Dafür bedürfte es einer parlamentarisch-gesetzlichen Grundlage, denn der parlamentarische Gesetzgeber darf für die Verwirklichung der Grundrechte wesentliche Entscheidungen nicht der Schulverwaltung überlassen (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 7. April 1992, 19 A 3019/91, zitiert nach juris). Daran fehlt es hier.
Im Brandenburgischen Schulgesetz findet sich für die Festsetzung einer Quote von sogenannten Erfüllern kein Anhaltspunkt. Ebenfalls keine Rechtsgrundlage für die Regelung bietet § 36 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) i. V. m. § 1 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Brandenburg (VwVfGBbg). Eine Ersatzschulgenehmigung ist, wie oben ausgeführt, ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht. Bei gebundenen Verwaltungsakten sind nach § 36 Abs. 1 VwVfG i. V. m. § 1 Abs. 1 VwVfGBbg Nebenbestimmungen nur dann rechtmäßig, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen sind oder wenn sie sicherstellen sollen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt werden.
Beides ist hier nicht der Fall, denn es fehlt an entsprechenden Regelungen. Weder in §§ 120 ff. BbgSchulG, noch in der Ersatzschulgenehmigungsverordnung - ESGAV - vom 9. Mai 2008 (GVBl. II S. 166) werden Nebenbestimmungen zu Genehmigungen ausdrücklich zugelassen. Entgegen der Ansicht des Beklagten werden mit der Quote von mehr als 50 Prozent von Erfüllern auch nicht die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Genehmigung nach dem Schulgesetz sichergestellt. Das BbgSchulG setzt in § 121 Abs. 2 Nr. 2 lediglich voraus, dass die Lehrkräfte an Ersatzschulen in fachlicher und pädagogischer Hinsicht eine wissenschaftliche Ausbildung und Prüfung nachweisen, die hinter der Ausbildung der Lehrkräfte an öffentlichen Schulen nicht zurücksteht. Alternativ können sie die fachliche und pädagogische Befähigung durch gleichwertige freie Leistungen nach § 121 Abs. 4 Satz 2, Abs. 2 Nr. 2 BbgSchulG nachweisen. Der Nachweis in Form von freien Leistungen steht nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht hinter dem Nachweis einer gleichwertigen Ausbildung und Prüfung, sondern ist gleichrangig. Lehrkräfte, die ihre Befähigung durch gleichwertige freie Leistungen erbracht haben und daher über eine unbefristete Unterrichtsgenehmigung nach § 121 Abs. 4 Satz 2 BbgSchulG verfügen, befinden sich schulrechtlich mit den Erfüllern auf einer Ebene. Die Regelung einer starren Quote von Erfüllern steht der gesetzgeberisch gewollten und verfassungsrechtlich gebotenen Gleichstellung der Lehrkräfte, die das Anforderungsprofil des § 121 Abs. 2 Nr. 2 BbgSchulG erfüllen, entgegen. Sie ist zur Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen nicht erforderlich, greift unverhältnismäßig in die Privatschulfreiheit der Klägerin ein und ist daher rechtswidrig. Ebenso verhält es sich mit der in Ziffer 1 enthaltenen Bedingung, dass mehr als 50 Prozent der Lehrkräfte auf Grund ihrer fachlichen Erfahrungen geeignet sein müssen, Unterricht fachfremd zu erteilen.
Ausgehend von den vorstehend dargestellten Maßstäben erfüllt der Antrag der Klägerin die in § 121 BbgSchulG normierten Anforderungen an die Ausbildung der Lehrkräfte. Sieben Lehrkräfte verfügen über eine im Land Brandenburg erworbene oder anerkannte Lehrbefähigung und sechs Lehrkräfte besitzen eine unbefristete Unterrichtsgenehmigung. Nur drei Lehrkräfte, die zudem in Teilzeit beschäftigt sind, müssen auf Basis einer befristeten Unterrichtsgenehmigung erst unter Beweis stellen, ob sie den fachlichen und pädagogischen Anforderungen, die an eine Lehrkraft gestellt werden, auf Dauer gerecht werden. Hier muss also nur ein geringer Anteil an Lehrkräften in ihrer Unterrichtstätigkeit begleitet werden, so dass nicht zu befürchten ist, dass dadurch das Leistungsniveau der Ersatzschule unter das Niveau öffentlicher Schulen gleichen Typs sinken wird.
2. Ebenfalls rechtswidrig ist die in Ziffer 5 des angegriffenen Bescheides enthaltene Bedingung.
Nach Artikel 7 Abs. 4 Satz 4 GG i. V. m. Artikel 30 Abs. 6 Satz 1 BbgVerf ist die Genehmigung für eine Ersatzschule zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist. Diese verfassungsrechtliche Vorgabe dient dem Schutz der Lehrkräfte und dem der Schüler und Eltern (Robbers in: v. Mangoldt-Klein-Starck, GG Kommentar 4. Auflage, Artikel 7 Abs. 4 Rz. 200).
Allerdings braucht die Stellung der Lehrer an Ersatzschulen nicht in vollem Umfang der Stellung von Lehrern an öffentlichen Schulen entsprechen, kann dies angesichts des Beamtenstatus der meisten Lehrer dort auch gar nicht. Auch muss die Bezahlung der Lehrkräfte nicht diejenige im öffentlichen Schulwesen erreichen (Robbers aaO). Die Bezüge sollten jedoch so bemessen sein, dass es der einzelnen Lehrkraft möglich ist, ein standesgemäßes Leben zu führen (Niehues/Rux, Schulrecht, Rz. 979). In § 121 Abs. 3 BbgSchulG ist geregelt, welche Voraussetzungen zumindest erfüllt sein müssen, damit die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte genügend gesichert ist. Danach muss ein schriftlicher Vertrag über das Angestelltenverhältnis abgeschlossen worden sein, in dem der Anspruch auf Urlaub festgelegt und die Pflichtstundenzahl geregelt sind (§ 121 Abs. 3 Nr. 1 und 2 BbgSchulG). Dem Wortlaut der Vorschrift nach fallen Honorarverträge nicht darunter, denn diese werden nicht im Rahmen eines Angestelltenverhältnisses geschlossen, sondern regeln ein freies Mitarbeiterverhältnis. Anders als bei Dienstverträgen, sind bei Honorarverträgen üblicherweise kein Urlaubsanspruch der Honorarkraft und kein Weisungsrecht enthalten.
Daraus kann nach Ansicht der Kammer jedoch nicht geschlossen werden, dass nach dem Brandenburgischen Schulgesetz die Beschäftigung von Honorarkräften überhaupt nicht zulässig ist. Zwar spricht der Wortlaut des § 121 Abs. 3 Nr. 1 und 2 BbgSchulG zunächst für eine Unzulässigkeit. Auch spricht § 2 Abs. 2 Nr. 4 der Ersatzschutzzuschussverordnung für die Ansicht des Beklagten. Danach sind bei der Berechnung der vergleichbaren Personalkosten die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung einzubeziehen. Dem Beklagten ist insofern zuzustimmen, dass bei einem Komplettausschluss von Honorarkräften an Ersatzschulen nicht mehr die Gefahr bestünde, dass bei den Ersatzschulen ein ungewollter Überschuss entsteht.
Dagegen ist die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung zu der Beschäftigung von Honorarkräften hier nicht ohne weiteres übertragbar, denn die Klägerin betreibt – anders als in der von dem Beklagten zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts – keine allgemeinbildende, sondern eine berufsbildende Schule.
Entgegen der Darstellung des Beklagten ist offen, ob der Gesetzgeber den kompletten Ausschluss von Honorarkräften im Ersatzschulbereich mit seiner Formulierung in § 121 Abs. 3 BbgSchulG bezweckt hat. In den Gesetzesmaterialien zum Regierungsentwurf ist zu dieser Frage nichts enthalten. Zur Begründung der Regelung wird darin lediglich ausgeführt:
„Absatz 3 fordert die wirtschaftliche und rechtliche Sicherung der Stellung der Lehrkräfte, um vor allem einen geordneten Unterrichtsbetrieb unter Einbeziehung möglichst weitgehender pädagogischer Freiheiten der Lehrkräfte zu gewährleisten. Die dafür vom Träger darzulegenden Mindestvoraussetzungen entsprechen der bisher geltenden Regelung im Berliner Privatschulgesetz“ (Begründung zum Entwurf der Landesregierung Brandenburg des Brandenburgischen Schulgesetzes 24. Oktober 1995, Seite 198).
Der Gesetzesbegründung zufolge ist offenbar bei der Prüfung, ob die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte gesichert ist, nicht ausschlaggebend, welche Art von Vertragsverhältnis besteht, sondern ob im Einzelfall das gewählte Vertragsverhältnis mit der jeweiligen Lehrkraft, insgesamt einen geordneten Unterrichtsbetrieb unter Einbeziehung möglichst weitgehender pädagogischer Freiheit sowie wirtschaftliche und rechtliche Sicherheit der jeweiligen Lehrkraft gewährleistet.
Die Kammer ist daher der Auffassung, dass § 121 Abs. 3 BbgSchulG im Lichte der in Artikel 7 Abs. 4 GG i. V. m. Artikel 30 Abs. 6 Satz 1 BbgVerf verbürgten Privatschulfreiheit auszulegen ist. Artikel 7 Abs. 4 Satz 4 GG verlangt lediglich eine hinreichende Absicherung der wirtschaftlichen und rechtlichen Stellung der Lehrkräfte. Dies ist auch außerhalb eines Angestelltenverhältnisses möglich. Eine weitergehende Einschränkung würde deshalb in die in Artikel 7 Abs. 4 GG garantierte Freiheit der Errichtung und des Betriebs einer Privatschule unverhältnismäßig eingreifen. § 121 Abs. 3 BbgSchulG ist daher verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass darin keine abschließende Regelung zur Vertragsgestaltung mit den Lehrkräften enthalten ist. Die Vorschrift gibt der Ersatzschule lediglich ein Leitbild vor, nach dem der Unterricht jedenfalls überwiegend durch Lehrkräfte erfolgen muss, die die gleiche wirtschaftliche und rechtliche Stellung besitzen wie Lehrkräfte an vergleichbaren öffentlichen Schulen (Urteil der Kammer aaO). Demzufolge kommt es nicht allein auf die Vertragsart, das heißt auf Angestellten- oder Honorarvertrag an, sondern auf die vertraglichen Konditionen im Einzelnen. Denkbar ist, dass beispielsweise der fehlende Urlaubsanspruch oder die Arbeitgeberanteilsbefreiung für Sozialabgaben durch die Höhe des Honorars aufgewogen wird. Dadurch würde der Gefahr vorgebeugt, dass ein Überschuss beim Schulträger entsteht, weil er für Honorarkräfte keine Sozialabgaben leistet und dadurch einen geringeren finanziellen Aufwand hat. Zudem ist in bestimmten Fällen denkbar, dass die wirtschaftliche und rechtliche Stellung einer Lehrkraft mit einem Honorarvertrag genügend gesichert ist, etwa im Fall von Lehrkräften, die eine Beamtenpension oder Altersrente beziehen. Schließlich spricht gegen einen kompletten Ausschluss von Honorarkräften im Privatschulbereich die Regelung in § 2 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VI. Danach gelten selbständig tätige Lehrer für die gesetzliche Rentenversicherung als versicherungspflichtig. Daraus kann geschlossen werden, dass der Bundesgesetzgeber die Beschäftigung einer selbständig tätigen Lehrkraft für rechtlich zulässig hält.
Aus § 121 Abs. 3 BbgSchulG folgt daher kein kategorischer Ausschluss von Lehrkräften auf Honorarbasis. Die Kammer hält insofern an ihrer Rechtsprechung fest, dass § 121 Abs. 3 BbgSchulG nicht verlangt, dass Unterricht an Ersatzschulen in freier Trägerschaft ausschließlich durch Lehrer erfolgt, die in einem Angestelltenverhältnis stehen (Urteil der Kammer aaO). Bei der Prüfung der Stellung der Lehrkräfte kommt es auf materiell-inhaltliche Fragen des Vertragsverhältnisses an: Lehrkräfte sollen insbesondere in Zeiten hoher Nachfrage nach Arbeitsplätzen vor Missbräuchen infolge einer wirtschaftlichen Vormachtstellung der Schulträger geschützt sein. Sie dürfen nicht durch ausgesucht schlechte Arbeitsbedingungen, beispielsweise mit einem übermäßig hohen Stundendeputat verschlissen werden und die Verträge mit Lehrkräften müssen insgesamt gewährleisten, dass damit ein geordneter Schulbetrieb möglich ist (vgl. Hanßen/Glöde, Brandenburgisches Schulgesetz Kommentar § 121 Anm. 7).
Diese Anforderungen an das Vertragsverhältnis erfüllt die Klägerin mit den vorgelegten Verträgen. Lediglich zwei von insgesamt sechzehn der geplanten Lehrkräfte werden mit Honorarverträgen gebunden. Dies auf ausdrücklichen Wunsch der beiden Lehrkräfte, da sie Altersrente bzw. Pension beziehen und daher eine Beschäftigung aufgrund eines Angestelltenvertrages ablehnen. Die vereinbarte Honorarhöhe von 25 € bzw. 30 € pro Stunde bleibt nicht wesentlich hinter dem Gehalt eines Lehrers an einer öffentlichen berufsbildenden Schule zurück. Vor dem Hintergrund des geringen Stundendeputats dieser beiden Lehrkräfte besteht hier nicht die Gefahr, dass durch die fehlende Sozialversicherungsbeitragspflicht bei der Klägerin ein ungewollter Überschuss entstehen könnte.
Die Ausgestaltung der beiden Honorarverträge verstößt auch im Übrigen nicht gegen die gesetzlichen Anforderungen:
Die den Honorarkräften in Ziffer 1 des Honorarvertrages eröffnete Möglichkeit, die Unterrichtsverpflichtung durch einen hinreichend qualifizierten Mitarbeiter durchführen zu lassen, setzt die vorherige Abstimmung mit dem Ersatzschulträger voraus. Aufgrund der schulgesetzlichen Anforderungen, die der Ersatzschulträger bei der Zusammensetzung seines Lehrpersonals im Verhältnis zur Schulaufsicht beachten muss, ist davon auszugehen, dass er einer schulrechtlich unzulässigen Vertretung nicht zustimmen wird.
Die in Ziffer 10 der Honorarverträge enthaltene Regelung, wonach der Ersatzschulträger der Honorarkraft keine methodischen und/oder didaktischen Anweisungen erteilen darf und die Honorarkraft nicht weisungsgebunden und nicht verpflichtet ist, Vertretungsstunden zu übernehmen, steht der Genehmigung ebenfalls nicht entgegen. Zum einen ist sowohl in der einschlägigen Literatur als auch in der Rechtsprechung anerkannt, dass Lehrkräfte – ob verbeamtet, angestellt oder auf Honorarbasis arbeitend – einen gewissen Spielraum für ihre Tätigkeit benötigen, weil sie nur dann ihrer pädagogischen Verantwortung gerecht werden können (Niehues/Rux, aaO Rz. 896 m. w. N.).
Zum anderen ist in Ziffer 1 des Honorarvertrages sichergestellt, dass die Honorarkraft die nötigen Kenntnisse zum jeweiligen Inhalt des Lehrauftrages vermitteln wird. Im Übrigen ist nicht zu befürchten, dass die fehlende Vertretungsverpflichtung zu einer Beeinträchtigung des Schulbetriebs führen wird, denn die fehlende Vertretungsverpflichtung betrifft lediglich zwei Lehrkräfte mit einem relativ geringen Stundenumfang.
Az: 200-02