Mitteilungen 07/2016, Seite 297, Nr. 138

Informationsveranstaltung des VKU und des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg zum Breitbandförderprogramm des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) vom 27. Juni 2016

Karl-Ludwig Böttcher, Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebund Brandenburg, eröffnete die Informationsveranstaltung des VKU und des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg zum Breitbandförderprogramm des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) am 27. Juni 2016 mit nachfolgendem Grußwort (es gilt das gesprochene Wort):

„Sehr geehrter Herr Wittig, sehr geehrter Herr Brauckmüller, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen … ,

schnelle Internetverbindungen mit daran angekoppelten Informationsdiensten, online-Dienstleistungen und automatisierten Geschäftsprozessen sind derzeit der wichtigste Wachstumsmotor – besonders für den Wirtschaftsstandort Brandenburg. Schnelle Internetverbindungen bieten neue Impulse zur Schaffung weiterer Onlineangebote und Geschäftsmodelle in den Bereichen der Unternehmen, der Verwaltung sowie des Tourismus. Internetinformationen und -dienstleistungen sind nicht nur Ausfluss eines zusätzlichen Kommunikationskanals, sondern sind mittlerweile nicht mehr trennbar mit der Entwicklung unserer Gesellschaft verbunden, haben das menschliche Miteinander revolutioniert und virtualisiert und halten Einzug in alle Lebensbereiche. Internetbasierte Endgeräte wie Smartphones und Tablets erlauben bereits heute einen ständigen und ortsunabhängigen Internet-Zugang, 24 Stunden am Tag jeden Tag in der Woche, und werden in allen Lebenslagen, insbesondere beim online-Handel, online-Banking, im Tourismussektor sowie bei der Nutzung von sozialen Netzwerken, aber auch zunehmend in der öffentlichen Verwaltung, im E-Learning-(Bildungs-)Bereich sowie im Bereich der Telemedizin genutzt. Für Privatpersonen ist eine schnelle Internetanbindung ein sehr wichtiges Entscheidungskriterium bei der Wahl des Wohnortes. Viele Arbeitgeber bieten neue Arbeitszeitmodelle mit Telearbeit an. Regionale Unternehmen drohen mit Abwanderung, wenn die für die Geschäftsprozesse erforderliche Brandbreitanbindung nicht zeitnah und kostengünstig zur Verfügung gestellt werden kann. In den kommenden Jahren wird der Bedarf an Bandbreiten für Anwendungen weiter stetig ansteigen. Allein durch den Aufbau von zukunfts- und hochleistungsfähigen Breitbandnetzen kann dem steigenden Bedarf an Bandbreiten kontinuierlich Rechnung getragen werden.

Auf welchem Platz steht Deutschland mit seinen Anstrengungen im Breitbandausbau weltweit? Deutschland steht im Ranking der Länder mit dem schnellsten Internetzugang derzeit auf Platz 22 mit einer durchschnittlichen Übertragungsrate von 12,9 Mbit/s – Stand Ende 2015. An der Spitze steht Südkorea mit einer durchschnittlichen Übertragungsrate von 26,7 Mbit/s. Aber auch in Europa kann in vielen Ländern deutlich schneller gesurft werden, als hierzulande. Am schnellsten in Schweden (19,1 Mbit/s) und Norwegen (18,8 Mbit/s), die auf Platz zwei und drei im Ranking liegen. Aber auch die Niederlande, die Schweiz und Dänemark haben es unter die besten 10 Länder geschafft. Dieses Ergebnis ist für Deutschland ernüchternd, nicht zeitgemäß und eines mitteleuropäischen Technologielandes nicht würdig.

Obwohl Ministerpräsident a.D. Platzeck in seiner Regierungserklärung vom 18. Dezember 2008 bereits versprach, „die weißen Flecken auf der Landkarte bis Ende 2009 im Wesentlichen zu beseitigen“, befindet sich das Land Brandenburg im bundesweiten Vergleich nur auf Platz 12. Im Land Brandenburg verfügen laut des Berichts des TÜV Rheinland vom Ende 2015 61,2 Prozent der Haushalte über eine Breitbandversorgung größer/gleich 30 Mbit/s. Damit bleibt Brandenburg sogar hinter dem bundesweiten Durchschnitt von 74,94 Prozent zurück. Bei der Breitbandversorgung der Haushalte größer/gleich 50 Mbit/s nimmt das Land Brandenburg mit 51,3 Prozent bundesweit ebenfalls den Platz 12 ein, hier liegt der Bundesdurchschnitt bei 67,17 Prozent.
Deutschland und Brandenburg haben den Ausbau einer flächendeckenden Breitbandversorgung verschlafen. Aber wer hat da geschlafen? Wessen Aufgabe ist es eigentlich, für eine bedarfsgerechte Breitbandversorgung im gesamten Land zu sorgen?!

Gemäß Artikel 87f Absatz 1 des Grundgesetzes gewährleistet der Bund im Bereich des Postwesens und der Telekommunikation flächendeckend angemessene und ausreichende Dienstleistungen. Diese Dienstleistungen werden nach Artikel 87f Absatz 2 GG durch die Deutsche Telekom AG und durch andere private Anbieter erbracht.

Demnach werden seit der Privatisierung der Deutschen Bundespost im Rahmen der sog. Postreformen I und II Dienstleistungen im Bereich der Telekommunikation als privatwirtschaftliche Tätigkeit durch die Wirtschaftsunternehmen im Rahmen des Wettbewerbs erbracht. Das führte in den vergangenen Jahren dazu, dass Kernstadtlagen von mehreren Unternehmen versorgt, aber dünnbesiedelte - und somit wirtschaftlich nicht lukrative - Randbereiche und Flächengemeinden kaum versorgt wurden. Immer dann, wenn eine privatwirtschaftliche Dienstleistung unwirtschaftlich zu werden droht, werden die Stimmen laut, diesen Bereich in eine staatliche, kommunale Daseinsvorsorge zurückzuführen. So geschehen auch im Bereich der Breitbandversorgung.
Aufgrund des Marktversagens erklärte die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag vom 26. Oktober 2009, dass eine flächendeckende Breitbandversorgung zur Daseinsvorsorge gehöre. „Moderne Kommunikationsnetze schaffen verstärkten Zugang zu Informationen und damit mehr wirtschaftliches Wachstum und Lebensqualität. Für die Entwicklung von Industrienationen sind sie daher entscheidend. Wettbewerb, Regulierung und Kooperation sind die maßgeblichen Säulen für eine zügige Umsetzung der Breitbandstrategie.“, heißt es hierzu im Koalitionsvertrag.

Das Breitbandförderprogramm des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) mit einem Volumen von 2,7 Milliarden Euro stellt insofern ein klares Bekenntnis des Bundes zur Verbesserung der Breitbandversorgung dar, darf jedoch vor dem Hintergrund des stetig steigenden Bandbreitenbedarfs keine einmalige Aktion bleiben. Eventuell muss der Bund zu einem späteren Zeitpunkt bedarfsgerecht nachsteuern.
Vielen Bürgermeistern und Amtsdirektoren wird die Frage gestellt, ob eine Stadt, Gemeinde bzw. ein Amt verpflichtet ist, für einen ausreichenden Breitbandzugang zu sorgen? Die Frage kann mit „Nein!“ beantwortet werden. Zwar hat sich der Landtag Brandenburg mit dem „Gesetz zur Stärkung der kommunalen Daseinsvorsorge“ vom Dezember 2011 des Themas Breitband angenommen und die Gewährleistung eines ausreichenden Breitbandzuganges in den Aufgabenkatalog der örtlichen Gemeinschaft gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 BbgKVerf aufgenommen, über das „Ob“ und „Wie“ des Breitbandausbaus dürfen die Kommunen jedoch nach wie vor eigenverantwortlich entscheiden.

In der Gesetzesbegründung zum § 2 Abs. 2 BbgKVerf heißt es hierzu: „ § 2 Abs. 2 Kommunalverfassung des Landes Brandenburg enthält eine nicht abschließende Aufzählung von Aufgaben, die zu den Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft gehören. Dieser Katalog wird um die Gewährleistung eines ausreichenden Breitbandzuganges ergänzt. Die Breitbandversorgung der Einwohnerschaft und der Unternehmen und damit der schnelle Zugang zum Internet sind ein wichtiger Standortfaktor und gerade auch in den ländlichen Räumen wesentlich, um den Zugang zu modernen Medien und Dienstleistungen zu ermöglichen. Mit der Aufnahme in den Katalog des § 2 Abs. 2 wird klargestellt, dass diese Aufgabe regelmäßig durch einen öffentlichen Zweck gerechtfertigt ist und damit den Anforderungen des § 91 Abs. 2 Nr. 1 genügt. Ob und in welcher Weise diese Aufgabe wahrgenommen wird, entscheiden die Gemeinden eigenverantwortlich.“
Wenngleich die Breitbandversorgung keine pflichtige Daseinsaufgabe der örtlichen Gemeinschaft ist, widmen sich die Kommunen und ihre kommunalen Unternehmen sehr wohl der Aufgabe und haben in den vergangenen Jahren große Anstrengungen zur Verbesserung der regionalen Breitbandversorgung in der Fläche unternommen. Damit wurden sie ihrer Verantwortung für Bürger und Unternehmen gerecht:

  • 21,67 Mio. Euro wurden im Rahmen der GAK-Förderrichtlinie für den Förderzeitraum 2007 bis 2013 beantragt und bewilligt. Es wurden 231 Maßnahmen umgesetzt und ca. 40.000 brandenburgische Haushalte mit mindestens 2 Mbit/s breitbandtechnisch versorgt.
  • Ferner wurden 4,41 Mio. Euro Zuschuss bei Abschluss des Breitbandausbaus aus der GRW-I-Förderung gezahlt. Es wurden 46 Anträge aus 29 Kommunen gestellt und bewilligt.
  • Darüber hinaus gab es lobenswerte Aktivitäten zur Verbesserung der Breitbandversorgung in den Kommunen - auch über die Förderprojekte hinaus - in Form von Kooperationen.

Kennzeichen für die Breitband-Unterversorgung in den Jahren 2007 bis 2013 waren gemäß Förderrichtlinien Downloadgeschwindigkeiten von weniger als 2 Mbit/s. Angestrebt wurden Datenübertragungsraten von bis zu 6 Mbit/s. Heute sind Bandbreiten mit Übertragungsraten von 30 Mbit/s und mehr Standard, bei den Bandbreiten bis 2013 handelt es sich heute um so genannte „weiße Flecken“. Dies zeigt die Schnelllebigkeit der Internettechnologien.

Wir müssen derzeit aufpassen, dass die seinerzeit fleißigen Städte und Gemeinden nicht technologisch abgehängt und somit doppelt bestraft werden. Die mit kommunaler Förderung ausgebauten Gebiete, die heute zu den so genannten „weißen Flecken“ gehören, dürfen während der teilweise noch laufenden Bindungsfristen von 7 bzw. 15 Jahren nicht im Rahmen der aktuellen Breitbandförderung des Bundes überbaut werden. Es kann schlussfolgernd nicht sichergestellt werden, dass nach jetziger Projektumsetzung keine „weißen Flecken“ in den Kommunen verbleiben. Für diese Lücken in der Breitbandversorgung müssen schnellstmöglich Lösungen, eventuell mittels so genannten „Modernisierungsinvestitionen“, gefunden werden.
Das Ministerium für Wirtschaft und Europaangelegenheiten des Landes Brandenburg (MWE) hat darüber hinaus zum Ende 2015 die Umsetzung des Entwicklungskonzepts „Brandenburg - Glasfaser 2020“ abgeschlossen. Mit 55 Millionen Euro aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) sind 1.919 Kabelverzweiger aufgerüstet und 2.935 Kilometer Glasfaserkabel verlegt worden. Positiv hervorzuheben ist, dass die Kommunen zur Umsetzung des Entwicklungskonzeptes keine eigenen Haushaltsmittel aufwenden mussten.

Bedauerlich ist jedoch, dass den Bürgermeistern, Amtsdirektoren und Landräten aus wettbewerbsrechtlichen Gründen keine Unterlagen aus dem Entwicklungskonzept „Brandenburg - Glasfaser 2020“ zur Verfügung gestellt werden können. Dies haben wir in einem Gespräch am 1. März 2016 gegenüber Herrn Staatssekretär Fischer, Wirtschaftsministerium des Landes Brandenburg, kritisiert, da dies die Antragstellung auf Förderung zusätzlich erschwert.

Nach Inkrafttreten der Breitbandförderrichtlinie des Bundes haben wir unsere Mitgliedschaft informiert und ermuntert, sich mit den Breitbandverantwortlichen der Landkreise über die Breitbandversorgungslage vor Ort zu verständigen. Wir wissen, dass zunächst Anträge zum Abruf von Beratungs- und Planungsleistungen prioritär sind, mittlerweile liegen Antragstellungen aus allen Landkreisen vor.
Wir müssen uns jedoch beeilen, entsprechende Fördermittel aus der Bundesförderung abzurufen, da wir in Konkurrenz zu den anderen Bundesländern stehen und bereits viele Anträge gestellt und bewilligt wurden und damit ein Großteil der Mittel gebunden wurde. Details wird sogleich Herr Brauckmüller vortragen.
Auch wenn mit der Bund mit dem Inkrafttreten des E-Government-Gesetzes die Einführung elektronischer Behördendienste befördern will und die Breitbandanbindung die Datenautobahnen für viele online-Dienstleistungen sind, darf der Bereich des virtuellen Lebens nicht überschätzt werden. Unsere Bürgermeister, Amtsdirektoren und ehrenamtlichen Bürgermeister geben der Verwaltung vor Ort ein Gesicht und eine gewichtige Stimme.

Wir warnen zudem davor, dass elektronische Behördendienste neue Großkreise und möglicherweise auch künftige Großgemeinden mit erheblichen Entfernungen im Zuge der anstehenden Verwaltungsstrukturreform rechtfertigen könnten. Die gemeindliche Verwaltung gemeinsam mit der örtlichen Gemeinschaft und dem ehrenamtlichen Engagement vieler Helfer werden auch in den kommenden Jahren ihre ausschlaggebende Rolle für das bürgerliche Miteinander nicht verlieren.
Um das Ziel des Bundes der „Digitalen Agenda für Deutschland“ einer flächendeckenden Verfügbarkeit breitbandiger Netze mit einer Geschwindigkeit von mindestens 50 Mbit/s bis zum Jahr 2018 zu erreichen, braucht es einen dauerhaften engagierten Breitbandausbau in der Fläche. Wir wissen, dass sich die brandenburgischen Kommunen dem nicht verschließen werden. Wir wissen, dass das Land Brandenburg die Kofinanzierung des Bundesprogramms mit Mitteln aus der Digitalen Dividende II sicherstellt. Jetzt geht es daran, qualifizierte Anträge zum Abruf der Fördermittel des Bundes zu stellen. Und wie das gelingen kann, wollen wir heute vorstellen und mit Ihnen gemeinsam diskutieren. Ich freue mich auf einen spannenden Erfahrungsaustausch am heutigen Tag und darüber hinaus.“

Silke Kühlewind, Referatsleiterin

Az: 804-00

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