Mitteilungen 08/2014, Seite 323, Nr. 157
Oberbürgermeister wollen städtische Selbstverwaltung bewahren
Mit einer weiteren gemeinsamen Initiative sind die Oberbürgermeister der kreisfreien Städte Brandenburg an der Havel, Cottbus und Frankfurt (Oder) Bestrebungen des Landes Brandenburg entgegengetreten, ihre Städte in umliegende Kreise einzugliedern. Die Oberbürgermeister hatten bereits in einer Anhörung der Enquete-Kommission gemeinsam deutlich gemacht, dass Eingliederungen in Landkreise nicht dazu geeignet sind, die Haushaltslage ihrer Städte zu konsolidieren. Vielmehr werde der mit einer Einkreisung verbundene Verlust von städtischen Gestaltungs- und Entscheidungskompetenzen die Städte in ihren Entwicklungsmöglichkeiten massiv schwächen.
Oberbürgermeisterin Dr. Dietlind Tiemann erklärte auf der Bürgerversammlung mit mehr als 150 Teilnehmern im historischen Rolandsaal des Altstädtischen Rathauses in Brandenburg an der Havel, dass diese Einigkeit „ein starkes Signal an die Landesregierung ist. Wir werden mit weiteren Veranstaltungen auch in Cottbus und Frankfurt (Oder) dafür sorgen, dass das Thema nicht von der Landesregierung vor der kommenden Landtagswahl totgeschwiegen wird und dann nach der Wahl Fakten geschaffen werden.“ Brandenburgs Oberbürgermeisterin erklärte, es gehe bei der Frage der Kreisfreiheit für die Städte ganz konkret um die Zukunft von Theatern und Orchestern, Museen, Musikschulen, Hochschulen, Verkehrsbetrieben, Bädern oder Volkshochschulen, aber auch um Pflegestützpunkte, große kommunale Krankenhäuser, Frauenhäuser, die Unterstützung von Sportvereinen und nicht zuletzt die weiterführenden Schulen oder die freien alternativen Schulformen, wie sie vorwiegend in den kreisfreien Städten angeboten werden. „Verlieren die Oberzentren ihre Kreisfreiheit, würde unser Land insgesamt auf sozialem, kulturellem, sportlichem und wirtschaftlichem Gebiet ärmer werden“ erklärte Dr. Tiemann. Vielmehr brauche man für eine positive Entwicklung einfach eine Stadt als Ganzes.
Die möglichen Folgen einer Einkreisung auf die Stadt Brandenburg an der Havel zeigte Referatsleiter Jens Graf vom Städte- und Gemeindebund Brandenburg auf. Er erinnerte daran, dass die bürgerschaftliche Mitverantwortung für die Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft Kern der kommunalen Selbstverwaltung ist. Die Beispiele der ehemaligen kreisfreien Städte Schwedt (Oder) und Eisenhüttenstadt zeigten, dass nach einer Einkreisung wegen der hinzukommenden Kreisumlagebelastung die ehemals kreisfreien Städte viele Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft nicht mehr finanzieren und schrittweise an den Kreis abgeben mussten. Die bei der Einkreisung Schwedt (Oder) und Eisenhüttenstadt in Aussicht gestellte Aufgabensicherung habe sich in vielen Fällen wegen unzureichender Finanzierung als nicht belastbar erwiesen. Auch sei der rechtliche Status Großer kreisangehöriger Städte im Land Brandenburg in den letzten Jahren immer weiter ausgehöhlt worden. Hinzu komme, dass bei künftigen Einkreisungen Entschuldungen der eingekreisten Städte zum Teil durch die übrigen kreisangehörigen Gemeinden des neuen Regionalkreises erfolgen würden. Entscheidend sei aber die Frage, dass jedenfalls mittelfristig über viele örtliche Aufgaben und Probleme nicht mehr die von den Bürgern gewählte Stadtverordnetenversammlung bzw. der Oberbürgermeister, sondern ein Kreistag bzw. ein Landrat entscheiden werde.
Jens Graf, Referatsleiter
(Quelle: Mitteilung der Stadt Brandenburg an der Havel, eigener Bericht)