Mitteilungen 12/2016, Seite 523, Nr. 235
Bundestags-Verkehrsausschuss: Sachverständige sind für die Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen
Das Kabinett, der Bundesrat und nun auch der Verkehrsausschuss des Bundestages haben die Ausweitung der Lkw Maut auf alle Bundesstraßen begrüßt. Prüfaufträge für die Ausweitung auf Fernbusse und auf leichte Lkw sind beschlossen. Offen ist weiter die konkrete Art der Bemessung des Anteils kommunaler Baulastträger von Bundesstraßen (Ortsdurchfahrten).
Der Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages hat am 19. Oktober eine Anhörung über die Ausdehnung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen (Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Bundesfernstraßenmautgesetzes, Bundestagsdrucksache 18/9440) durchgeführt. Neben anderen Sachverständigen stand auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund den Abgeordneten Rede und Antwort.
Die Lkw-Maut soll ab 2018 auf allen Bundesstraßen, also einschließlich der Ortsdurchfahrten von Städten und Gemeinden, erhoben werden. Bisher wird sie nur auf ca. 2.300 km Bundesstraßen und dem 12.800 km langem Netz der Bundesautobahnen erhoben. Ab dem Juli 2018 sollen dann ca. 40.000 km Bundesstraßen dazukommen.
Im Gesetzentwurf wird die Ausweitung unter anderem damit begründet, dass Lkw sämtliche Bundesstraßen befahren und die Verkehrsinfrastruktur damit belasten. Um die Finanzierung der Bundesfernstraßen zu verbessern und damit eine moderne, sichere und leistungsstarke Verkehrsinfrastruktur in Deutschland zu gewährleisten, soll die Nutzerfinanzierung konsequent vorangetrieben werden.
Bis spätestens Ende 2017 soll auch eine Ausweitung der Maut auf leichtere Lkw ab 3,5 t zulässigem Gesamtgewicht und auf Fernbusse geprüft werden. Zudem soll die Einbeziehung der Lärmkosten als sogenannter externer Effekt des Verkehrs in die Wegekosten geprüft werden.
Die Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen wurde von den angehörten Sachverständigen begrüßt.
Aspekte von besonderer Bedeutung waren für die Abgeordneten:
Ob einheitliche oder differenzierte Mautsätze für Bundesautobahnen (BAB) und Bundestraßen vorteilhaft wären, wird noch zu diskutieren sein, da die Anwendung der aktuellen Wegekostenrichtlinie unterschiedlich hohe Mautsätze ergeben könnte. Diese Frage würde sich verschärfen, wenn es zudem zukünftig (regionale) Teil-Mautnetze geben sollte.
Damit im Zusammenhang wurden Verdrängungs- beziehungsweise Verlagerungseffekte diskutiert. Bei unterschiedlich hohen Mautsätzen entstehen Verlagerungsanreize. Diese sind ohnehin zu befürchten, weil das nachgeordnete Straßennetz nicht bemautet ist.
Grundsätzlich wird eine Anpassung der EU-Wegekostenrichtlinie zum Beispiel durch eine Ergänzung um weitere zu berücksichtigende externe Effekte gefordert. Dies ist ohnehin wünschenswert vor dem Hintergrund des extrem niedrigen Zinsniveaus. Dieses führt einerseits zur Absenkung der Mautsätze, andererseits reduziert es die Attraktivität privatwirtschaftlicher Beteiligung von Unternehmen oder Bürgern an einer öffentlichen Infrastrukturgesellschaft Verkehr. Es wäre gut, wenn deren Zinsinteresse als berücksichtigungsfähige Kapitalkosten in die Berechnung der Maut eingehen könnte.
Wie die Beteiligung der Kommunen am Aufkommen der Maut und die zweckgebundene Verwendung der Mittel vor Ort sichergestellt werden könne, war ebenfalls eine Frage der Abgeordneten. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat hier darauf hingewiesen, dass eine Bemessung der Anteile allein an der Streckenlänge und allein an der Verkehrsleistung, die von LKW auf Ortsdurchfahrten (OD) erbracht wird, unangemessen ist. Das Schädigungspotenzial von Lkw auf OD ist wegen der vielen Brems- und Beschleunigungsmanöver viel höher als auf BAB oder Bundesstraßen. Eine Art Schadenszuschlag sei daher angemessen. Eine Zweckbindung der Mittel ist erforderlich, allerdings sollte diese nicht auf die konkrete OD bezogen sein. Vielmehr sind OD mit dem Rest des Straßennetzes verflochten (erkennbar zum Beispiel bei Umleitungen). Deshalb sollte es eine Zweckbindung für den kommunalen Straßenbau geben. Darüber hinaus müssten die Mittel überjährig für einen Mehrjahreszeitraum verwendbar sein, da jährliche Maßnahmen und Verwendungsnachweise ineffizient wären.
Weitere Informationen zu den von den Sachverständigen vertretenen Aussagen und Stellungnahmen sind im Internetangebot des Verkehrsausschusses des Deutschen Bundestages erhältlich: www.bundestag.de
Einschätzung
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund spricht sich weiterhin für eine Ausdehnung der Lkw-Maut auf alle Straßen aus. Die Ausdehnung auf alle Bundesstraßen ist ein richtiger erster Schritt, der aber nicht reicht, wie die Diskussion um Ausweichverkehre zeigt. Nur bei einer Bemautung aller Straßen lassen sich Mautausweichverkehre effektiv beenden und ursachenbezogene Finanzierungsanteile (Nutzerfinanzierung) an der Unterhaltung und Sanierung des Straßennetzes realisieren. Die Begründung des Bundes für eine Ausdehnung der Maut auf alle Bundesstraßen ist in derselben Weise gültig für alle anderen Straßen.
Dementsprechend hat der Deutsche Städte- und Gemeindebund zum Gesetzentwurf Stellung genommen: www.dstgb.de (Rubrik: Schwerpunkte / Verkehrspolitik / Infrastruktur).
(Quelle: DStGB Aktuell 4216)