Stellungnahme des StGB: Eckpunkte zur Reform des Vergaberechts beschlossen am 28. Juni 2006
Bundesregierung beschließt Eckpunkte zur Reform des Vergaberechts – Städte- und Gemeindebund: Keine landesrechtlichen Parallelgesetze schaffen
Die Bundesregierung hat am 28. Juni 2006 beschlossen, die Vergabe von öffentlichen Aufträgen in Deutschland zu vereinfachen. Nach der Entscheidung des Bundeskabinetts soll die Flexibilisierung von Staatsaufträgen in zwei Schritten erfolgen.
In einem ersten Schritt soll die Umsetzung neuen EU-Rechts im bestehenden Rechtssystem von Gesetz, Verordnung und den so genannten Verdingungsordnungen erfolgen. Dazu werden die Regelungen für die größeren öffentlichen Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträge in den Verdingungsordnungen an die geänderten EU-Vergaberichtlinien angepasst. Konkret werden flexiblere Vergabeverfahren, die Nutzung des Internets und der Telekommunikation und einfachere Ausschreibungen bei Kleinaufträgen vorgesehen.
In einem zweiten Schritt soll das derzeitige komplizierte und schwerfällige deutsche Vergaberecht vereinfacht werden. Hierzu hat die Bundesregierung am 28. Juni 2006 den nachfolgend dokumentierten Beschluss gefasst:
„Beschluss der Bundesregierung über Schwerpunkte zur Vereinfachung des Vergaberechts im bestehenden System"
Das historisch gewachsene deutsche Vergaberecht ist im Laufe der Zeit unübersichtlich geworden und bedarf der Vereinfachung. Unternehmen und Auftraggeber beklagen den zunehmenden Aufwand, der erforderlich ist, um Einkäufe der öffentlichen Hand erfolgreich abzuwickeln. Dies erhöht die Anfälligkeit für Rechtsstreitigkeiten und begünstigt den Drang, sich den Vergabevorschriften zu entziehen.
Durch die Übernahme der neuen Vorschriften aus den novellierten Vergaberichtlinien der Europäischen Union in das deutsche Recht ist ein weiteres Stück Komplexität hinzugekommen.
Die komplexe, durch eine Vielzahl von Regelungen gekennzeichnete Materie des Vergaberechts erschwert nicht nur kleinen und mittelständischen Unternehmen die Durchführung von Vergabeverfahren, sondern schadet auch der Korruptionsprävention. Außerdem läuft die wenig anwenderfreundliche Ausgestaltung des Vergaberechts dem Ziel einer Entbürokratisierung und einer mittelstandsgerechten Vereinfachung, wie im Koalitionsvertrag formuliert, zuwider.
Damit die deutschen Vergabevorschriften ihr Hauptziel, die Sicherstellung wirtschaftlichen Einkaufs am Markt durch wettbewerbliche und transparente Vergabeverfahren, wieder besser erfüllen können, beschließt die Bundesregierung:
1. Der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie wird gebeten, bis Ende diesen Jahres einen Gesetzentwurf zur Vereinfachung und Modernisierung des deutschen Vergaberechts im bestehenden Rechtssystems vorzulegen.
2. Dabei ist sicherzustellen, dass die Transparenz bei allen Vergabeverfahren erhöht wird.
3. Außerdem sind Vorgaben des EU-Vergaberechts 1:1 umzusetzen. Über das EU-Recht hinausgehende strengere Verpflichtungen für den Auftraggeber soll es nicht mehr geben.
4. Unterschiedliche Rechtsbegriffe für gleiche Sachverhalte in den Vergabeordnungen sind zu vermeiden.
5. Die Vergaberegeln sind auf das notwendige Maß zu beschränken; überflüssige bürokratische Vorgaben sind zu streichen. Die Bundesregierung erwartet, dass die Vergabeausschüsse die Vergabeordnungen (VOB/A, VOL/A, VOF) substantiell vereinfachen.
6. Um Wachstum und Beschäftigung im Mittelstand zu fördern, ist auf eine mittelstandsgerechte Ausgestaltung des künftigen Vergaberechts besonders zu achten.
7. Die Rechtsschutzverfahren sind insbesondere auf ihre Effizienz zu überprüfen.“
Der Beschluss ist auf der Internetseite des Bundesministeriums für Wirtschaft eingestellt:
http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/B/beschluss-schwerpunkte-zur-vereinfachung-des-vergaberechts-im-bestehenden-system,property=pdf,bereich=bmwi,sprache=de,rwb=true.pdf
Unterschiedliche Vorstellungen bestehen nach Angabe des Bundesministeriums für Wirtschaft mit der EU-Kommission in Bezug auf die Zuständigkeit bei kleineren Aufträgen. Für die großen Aufträge hat der europäische Gesetzgeber Vergaberichtlinien in einem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren verabschiedet. Obwohl für die vielen kleineren Aufträge die Mitgliedstaaten zuständig sind, beabsichtige Europäische Kommission, auch hierfür Regelungen zu erlassen. Dieses soll mit einer so genannten „auslegenden Mitteilung“ geschehen. Hierzu erklärte Bundesminister Glos in einer Mitteilung: „Das ist Gesetzgebung ohne den Gesetzgeber - und damit auch ohne den europäischen Bürger. Wir behalten uns alle rechtlichen Schritte vor, sollte diese Mitteilung verabschiedet werden.“
Vor dem Hintergrund der oben aufgezeigten Reform des Vergaberechts auf Bundesebene steht der Städte- und Gemeindebund Brandenburg der von der Brandenburg Landesregierung immer wieder angekündigten Schaffung vergaberechtlicher Parellelnormen in Landesgesetzen weiterhin ablehnend gegenüber.
Az: 601-00 Mitt.StGB Bbg. 07-08/2006