MITTEILUNGEN 02/2004, Seite 73, Nr. 54

Entwurf eines Gesetzes über die Strukturreform der Flurneuordnungsverwaltung


Das Ministerium für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung (MLUR) bereitet eine Umstrukturierung der Flurneuordnungsverwaltung vor. Es hatte dem Städte- und Gemeindebund Brandenburg den Entwurf eines Gesetzes über die Strukturreform der Flurneuordnungsverwaltung zur Stellungnahme übermittelt.

Gegenstand des Entwurfs ist ein Gesetz über die ländliche Entwicklung und zur Ausführung des Flurbereinigungsgesetzes und des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes im Land Brandenburg (Brandenburgisches Landesentwicklungsgesetz – BbgLEG). Dieses sieht vor, Teilaufgaben der Flurbereinigungsbehörden in der Bodenordnung auf die Teilnehmergemeinschaften zu übertragen (§ 3). Diese haben sich zur Erfüllung dieser Aufgaben des vor wenigen Jahren gegründeten Dachverbandes, des Verbandes für Landentwicklung und Flurneuordnung, zu bedienen, wenn nicht die obere Flurbereinigungsbehörde mit Zustimmung der obersten Flurbereinigungsbehörde etwas anderes bestimmt (§ 4 Abs. 2). Dem gegenüber zieht sich die Flurbereinigungsverwaltung auf die bei einer Oberbehörde gebündelte staatliche Kernaufgabe der Bodenordnung zurück. Das MLUR erwartet sich von dieser Umorganisation „enorme“ Kostenentlastungen, ohne zugleich den Personalbestand der Flurneuordnung im Land Brandenburg per saldo weiter zu verkürzen. Nach der Begründung zu dem Entwurf ist vorgesehen, dass bis zu 50 Mitarbeitern der Flurneuordnungsverwaltung von dem Verband die Begründung neuer Arbeitsverhältnisse angeboten werden sollen. Der Entwurf enthält für die bisherigen Beschäftigten des Landes eine „Besitzstandsschutzklausel“.

Das Land verpflichtet sich nach dem Entwurf ferner, die dem Verband zur Erfüllung nach dem Gesetz entstehenden Aufwendungen, die nicht durch Entgelte gedeckt werden können, aus dem Landeshaushalt zu erstatten. Der Verband wird mithin im Wesentlichen vom Staat finanziert werden.

Durch eine Änderung des Landesorganisationsgesetzes erfolgt eine Auflösung der Ämter für Flurneuordnung und ländliche Entwicklung. Mit Inkrafttreten des Gesetzes soll das geltende Gesetz zur Ausführung des Flurbereinigungsgesetzes und des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes abgelöst werden.

In den vergangenen Jahren hat der Städte- und Gemeindebund Brandenburg eine Übertragung der bislang von den Ämtern für Flurneuordnung und ländliche Entwicklung wahrgenommenen Aufgaben auf die Landkreise befürwortet. Die Landesregierung meint, einem solchen Modell stünden rechtliche Bedenken gegenüber.

Die vom damaligen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten betriebene Gründung des Verbandes für Landentwicklung und Flurneuordnung hatte der Städte- und Gemeindebund Brandenburg im Jahr 2000 kritisch bewertet. Vor dem Hintergrund der mit der Brandenburgischen Landgesellschaft (BLG) gesammelten Erfahrungen hatte er vor Verselbständigungen und dem Aufbau von „Nebenverwaltungen“ gewarnt. Vom Ministerium war damals diese Kritik als unbegründet zurückgewiesen worden. Geplant sei ein Personalkörper von zunächst fünf bis sechs Personen, es sei nicht beabsichtigt, Beitritte anzuordnen. Der damalige Staatssekretär hatte den Städte- und Gemeindebund informiert, die Erledigung von Aufgaben durch externe Kräfte sollte Vorrang vor Erfüllung durch eigenes Personal des Verbandes haben. Bedauerlichweise haben sich die Befürchtungen des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg mit Vorlage des Gesetzentwurfs leider nach nur kurzer Zeit bestätigt.

Zu dem Referentenentwurf eines Gesetzes über die Strukturreform der Flurneuordnungsverwaltung hat der Städte- und Gemeindebund Brandenburg gegenüber dem Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung folgende Stellungnahme abgegeben:

„… Die im Entwurf vorgeschlagene Aufgabenübertragung auf Teilnehmergemeinschaften, welche sich zur Aufgabenerfüllung des Verbandes für Landentwicklung und Flurneuordnung (VLF) bedienen müssen, wird von uns aus verschiedenen Gründen abgelehnt: Mit dem Entwurf wird offenbar angestrebt, bis zu 50 Mitarbeiter der bisherigen Flurneuordnungsverwaltung in Arbeitsverhältnisse mit dem VLF zu überführen. Damit soll der Landeshaushalt entlastet werden. Die für die Bearbeitung von Flurneuordnungsverfahren durch diesen Verband übernommenen Aufgaben sollen nämlich als Verfahrenskosten aus dem gültigen OP mit finanziert werden. Das OP soll dazu beitragen, bisherige Personalkosten des Landes zu tragen. Dies ist nicht sachgerecht. Der notwendigen Flurneuordnung werden damit Mittel entzogen. Hinzu kommt, dass der Entwurf völlig offen lässt, wie die Aufgaben nach Ablauf der bisherigen Förderperiode weiter geführt werden sollen. § 4 Abs. 4 des Entwurfs sieht eine entsprechende Anwendung des § 104 Flurbereinigungsgesetz vor, soweit dem Verband dadurch nicht durch Entgelte gedeckte Aufwendungen entstehen, dass sich eine Teilnehmergemeinschaft zur Erfüllung der ihr nach dem Gesetz übertragenen Aufgaben seiner bedient. § 104 Flurbereinigungsgesetz verpflichtet das Land zur Übernahme der persönlichen und sächlichen Kosten der Behördenorganisation. Durch § 4 Abs. 4 des Entwurfs wird das Land mithin in ganz erheblichem Umfang verpflichtet, die Haftung für die Personal- und Sachkosten eines unter seiner Aufsicht stehenden Verbandes zu übernehmen. Dies ist mit ganz erheblichen Risiken für den Landeshaushalt verbunden. Auch die in § 4 Abs. 3 des Entwurfs vorgesehene Besitzstandswahrung für die bisherigen Landesbeschäftigten ist mit den bisherigen Konsolidierungsanstrengungen des Gesetzgebers und der Landesregierung kaum zu vereinbaren. Es können nicht einerseits von Landesbeschäftigten Beiträge zur Haushaltskonsolidierung erwartet werden und andererseits einzelnen Beschäftigten, welche aus dem Landesdienst ausscheiden, vollständige Besitzstandswahrung mit Rückkehroption in den Landesdienst gesetzlich zugesichert werden. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass dem VLF nach § 2 Abs. 11 seiner Satzung auch Aufgaben eines Siedlungsunternehmens übertragen werden können. In den 90er Jahren war diese Aufgabe im Land Brandenburg von der damaligen Brandenburgischen Landgesellschaft (BLG) erfüllt worden. Aufgrund von Missmanagement unter anderem bei Bodenbevorratungsgeschäften musste eine Liquidation der Gesellschaft eingeleitet werden. Kommunen, welche sich der Dienste der Gesellschaft versichert hatten, entstand Schaden. Das jetzt vorgeschlagene Verbandsmodell beinhaltet die Gefahr, dass sich ähnliche Risiken entwickeln. Die Vorgänge um verschiedene Eigengesellschaften des Landes der vergangenen Jahre habe die Schwierigkeit einer sachgerechten Kontrolle vor Augen geführt. In vorliegenden Fall wird die Kontrolle lediglich durch die Verbandsaufsicht der obersten Flurbereinigungsbehörde ausgeübt. Eine Kontrolle durch den Haushaltsgesetzgeber ist nicht unmittelbar möglich. Der Städte- und Gemeindebund Brandenburg teilt auch nicht die in der Begründung zum Entwurf vorgetragene Auffassung, dass das jetzt vorgelegte Modell dazu beiträgt, eine umfassende und effektive Einbindung aller an der Durchführung von Landesentwicklungsmaßnahmen beteiligten Kräfte herbeizuführen. Vielmehr wird die mit dem Entwurf einhergehende Verfestigung einer „Nebenverwaltung“ zu einer weiteren Zersplitterung der Kräfte im ländlichen Raum führen. Auch besteht die Gefahr, dass Aufträge, die bislang von ortsansässigen Ingenieurbüros oder anderen freiberuflich tätigen erfüllt wurden, von Dienstkräften des Verbandes wahrgenommen werden. Diese Befürchtung sehen wir durch die Gründungsgeschichte des Verbandes belegt: Der Städte- und Gemeindebund Brandenburg hatte sich im Jahr 2000 vor dem Hintergrund der Ereignisse um die Brandenburgische Landgesellschaft an den damaligen Staatssekretär im Ministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten mit der Bitte um Erläuterung der von seinem Haus initiierten Gründung des VLF gewandt. Nach dem Gespräch konnte davon ausgegangen werden, dass das Land Brandenburg weder beabsichtigte, weitere bislang staatlich erfüllte Aufgaben auf den Verband zu übertragen, noch einen Beitritt von Teilnehmergemeinschaften anzuordnen. Der Verband sollte wegen Prüfungserinnerungen des Landesrechnungshofes die Kassengeschäfte für Teilnehmergemeinschaften übernehmen. Es war von einem Personalbestand des Verbandes von etwa fünf bis sechs Personen die Rede. Tatsächlich erfüllten sich die Befürchtungen des Städte- und Gemeindebundes. Innerhalb weniger Jahre hat sich die Zahl der Mitarbeiter des Verbandes vervielfacht. Im Gesetzentwurf findet diese Entwicklung ihre Fortsetzung. Der Verband soll bislang von den Ämtern für Flurneuordnung und ländliche Entwicklung erfüllte Aufgaben übernehmen. Der Städte- und Gemeindebund Brandenburg hat sich in den vergangenen Jahren für eine Bündelung von Vollzugsaufgaben auch beim Vollzug des Flurbereinigungsgesetzes bei Kommunen ausgesprochen. Dies gilt weiterhin. Soweit dagegen bundesrechtliche Bedenken ins Feld geführt werden, sollte versucht werden, über Bundesratsinitiativen Rechtsänderungen herbeizuführen. Dies ist in jedem Fall dem Aufbau neuer, mit erheblichen Risiken für den Landeshaushalt behafteten Einrichtungen, wie dem VLF, vorzuziehen. Der Gesetzentwurf sollte daher nicht weiterverfolgt werden.“ Jens Graf, Referent