Stellungnahme des StGB zum Vergabegesetz vom 10. November 2006

Bundesverfassungsgericht: Verfassung erfordert bei Vergabe öffentlicher Aufträge keinen Primärrechtsschutz unterhalb der EU-Schwellenwerte


Sehr geehrte Damen und Herren,

in einem Ende Oktober veröffentlichen Beschluss vom 13. Juni 2006 – 1 BvR 1160/03 – hat der 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts festgestellt, es sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Bundesgesetzgeber den Rechtsschutz gegen Vergabeentscheidungen unterhalb der Schwellenwerte anders gestaltet hat als den gegen Vergabeentscheidungen, die die Schwellenwerte übersteigen. Es hat damit eine in den letzten Monaten zwischen den Obergerichten der Länder umstrittene Frage entschieden und die Rechtsauffassung des OVG Berlin-Brandenburg bestätigt.

Die Leitsätze der Entscheidung lauten:

1. Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bindet staatliche Stellen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge.

2. Die in der Rechtsordnung dem übergangenen Konkurrenten eingeräumten Möglichkeiten des Rechtsschutzes gegen Entscheidungen über die Vergabe öffentlicher Aufträge mit Auftragssummen unterhalb der Schwellenwerte genügen den Anforderungen des Justizgewährungsanspruchs (Art. 20 Abs. 3 GG).

3. Es verletzt nicht den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), dass der Gesetzgeber den Rechtsschutz gegen Vergabeentscheidungen unterhalb der Schwellenwerte anders gestaltet hat als den gegen Vergabeentscheidungen, die die Schwellenwerte übersteigen.

Für die aktuelle vergabepolitische Debatte im Land Brandenburg stärkt die Entscheidung die Auffassung des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg, dass es unterhalb der EU-Schwellenwerte keines durch ein spezielles Landesgesetz einzuführendes Nachprüfverfahrens (z.B. einer Vorinformationspflicht an unterlegene Bieter vor Erteilung des Zuschlages oder die Schaffung neuer Überwachungsstellen für Aufträge von Kommunen) bedarf.

Hinsichtlich der der Entscheidung zu Grunde liegenden Erwägungen wird auf die Pressemitteilung 98/2006 des Gerichts vom 24. Oktober 2006 verwiesen. Sie kann über die folgende Adresse aufgerufen werden: http://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg06-098.html. Dort findet sich auch ein Link auf die vollständige Entscheidung.

Wir bitten um Kenntnisnahme.

Mit freundlichen Grüßen

Böttcher