Funktionalreform im Land Brandenburg
Zwischen 1993 und 1996 fand im Land Brandenburg eine erste Funktionalreform statt. Eingeleitet wurde die durch eine Regierungserklärung des Ministerpräsidenten vom 21. Juni 1993. Das Kabinett setzte unter Bundesminister a.D. Gerhard Jahn eine unabhängige Regierungskommission ein. Im Zuge dieser Reform wurde das Funktionalreformgrundsätzegesetz in Kraft gesetzt.
Ausweislich der Begründung zum Regierungsentwurf (Landtag Brandenburg, Drucksache 1/2839, Seite 2) war es „erklärtes Ziel des Landtages und der Landesregierung bei der Umsetzung der Funktionalreform“, (…) „ im gesamten Land unter Zugrundelegung des zweistufigen Aufbaus der Landesverwaltung eine orts- und bürgernahe Verwaltung durch eine möglichst weitgehende Verlagerung öffentlicher Verwaltungsaufgaben auf die Landkreise, kreisfreien Städte, Ämter und Gemeinden zu erreichen.“ Nach § 1 Abs. 1 FRGGBbg sind Verwaltungsaufgaben „möglichst orts- und bürgernah zu erfüllen“. Dabei ist eine größtmögliche Bündelung vor Ort anzustreben und der Grundsatz der Einräumigkeit der Verwaltung zu beachten. Die den obersten Landesbehörden, den Landesoberbehörden und den unteren Landesbehörden durch Landesrecht zugewiesenen Verwaltungsaufgaben waren spätestens bis zum 1. Januar 1997 durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes auf die Landkreise und kreisfreien Städte zu übertragen, es sei denn, dass dort eine sachgerechte, wirtschaftliche und effektive Aufgabenerledigung nicht erreicht werden kann; dabei sollten auch die Möglichkeiten einer Aufgabenerledigung durch Private geprüft werden (§ 1 Abs. 2 FRGGBbg). Das Gesetz sieht, wie bei der Überleitung von Landesaufgaben auf die Landkreise, auch ein Überleitungsgebot für Aufgaben der Landkreise auf die kreisangehörigen Städte, Gemeinden und Ämter vor: Die den Landkreisen übertragenen Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung und Auftragsangelegenheiten sind auf die Ämter und amtsfreien Gemeinden zu übertragen, wenn die Aufgabe besonders publikumsintensiv ist oder sich für eine orts- und bürgernahe Wahrnehmung eignet oder ihre Erledigung besondere Orts- und Objektkenntnisse erfordert oder die Aufgabe in engem Zusammenhang mit solchen Aufgaben steht, die bereits von den Ämtern oder Gemeinden wahrgenommen werden oder die wesentlichen Grundlagen für die Erfüllung der Aufgaben von den Ämtern und Gemeinden erarbeitet und vorbereitet werden, es sei denn, die Aufgaben können von den kreisangehörigen Gemeinden und Ämtern nicht sachgerecht, wirtschaftlich und effektiv erfüllt werden (§ 6 Abs. 1 FRGGBbg). Um der unterschiedliche Leistungskraft der kreisangehörigen Kommunen Rechnung zu tragen wurden der Status einer Großen kreisangehörigen Stadt, einer Mittleren kreisangehörigen Stadt sowie eines Mittleren Amtes durch Ergänzungen der Gemeindeordnung und der Amtsordnung geregelt (Landtag Brandenburg, Drucksache 1/2839). Die kreisangehörige Ebene hat trotz dieser klaren Zielstellungen kaum davon profitiert. Das FRGGBbg ist auch heute noch in Kraft.
Die Fortführung der Funktionalreform war auch ein Kernziel der Gemeindestrukturreform: In den am 11. Juli 2000 von der Landesregierung beschlossenen und später vom Landtag Brandenburg zustimmend als Basis für die Schaffung neuer Kommunalstrukturen genommenen „Leitlinien der Landesregierung für die Entwicklung der Gemeindestruktur im Land Brandenburg − Starke Gemeinden für Brandenburg“ (Landtag Brandenburg, Drucksache 3/1482) wird als ein Reformziel formuliert:
„Durch Stärkung der örtlichen Selbstverwaltung sind die Voraussetzungen zu schaffen, dass im Interesse der Bürgernähe weitere Aufgaben auf die untere kommunale Ebene verlagert werden können.“
Der Status Mittlerer kreisangehöriger Städte und Ämter wurde im Rahmen der Einführung der Kommunalverfassung wieder gestrichen. Die Übertragung von Verwaltungsaufgaben auf Große kreisangehörige Städte wurde zudem erschwert.