Sitzung des Ausschusses für Soziales, Arbeit und Gesundheit
Am 11. Juni 2010 trafen die Mitglieder des Ausschusses für Soziales, Arbeit und Gesundheit des Städte- und Gemeindebunds in der Geschäftsstelle in Potsdam zum zweiten Mal zusammen. Die Vorsitzende des Ausschusses, Frau Amtsdirektorin Lange, führte durch die Sitzung.
Der Ausschuss informierte sich über das Programm der Landesregierung „Arbeit für Brandenburg“ und das Interessenbekundungsverfahren zu „Bürgerarbeit“, das das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bei den Grundsicherungsstellen durchführt. Das Landesprogramm Arbeit für Brandenburg setzt auf Arbeitsgelegenheiten mit Entgeltvariante nach § 16d SGB II auf, so dass zunächst durch Arbeitsgemeinschaften und Optionskommunen das Vorliegen der Voraussetzungen geprüft werden. In welchen Beschäftigungsfeldern die Langzeitarbeitslosen eingesetzt werden können, soll vor Ort mit den Akteuren des örtlichen Arbeitsmarktes abgestimmt werden. Landkreise und kreisfreie Städte geben dann zum Arbeitsentgelt den Zuschuss des Landes und einen kommunalen Zuschuss hinzu. Das Land will eine Förderrichtlinie, die sich an Landkreise und kreisfreie Städte als Zuwendungsempfänger richtet, erlassen, sowie Handlungsempfehlungen formulieren. Der Ausschuss nahm dies zur Kenntnis, zweifelte jedoch an, ob es gelingen werde, weitere Personen zu finden, die sich in die Konzeption des Programms einfügten, zumal keine Mittel vorhanden seien, Begleitkosten zu finanzieren, wie beispielsweise Sachaufwand. Auch sei zweifelhaft, ob überhaupt kommunale Mittel zur Verfügung stünden, um auch nur annähernd die durch die Regierungskoalition gesetzte Zielmarke zu erreichen. Insofern sei es zu begrüßen, wenn das Land seinen pro Monat und Arbeitsplatz gewährten Zuschuss erhöhen würde. Bedauert wurde, wie zuvor schon in der Sitzung des Präsidiums des Städte- und Gemeindebundes, dass es immer wieder - zumeist in Folge von Wahlen - neue Programme in der Beschäftigungsförderung gibt und bisherige Programme mit Legislaturperioden enden. Eine kontinuierliche Arbeit werde damit verhindert und nicht nur bei den Kommunen entstehe jedes Mal wieder enormer Verwaltungsaufwand, weil sich die Menschen vor Ort in die Regelungen des neuen Programms einarbeiten müssten.
Weiter befasste sich der Ausschuss mit der Novellierung des SGB II, der Änderung des Grundgesetzes zur dauerhaften Zulassung von gemeinsamen Einrichtungen der Agenturen für Arbeit und der Kommunen sowie der Ausweitung der Optionsmöglichkeiten um bundesweit weitere 41 Kommunen. Insbesondere die Frage nach der Option weiterer Landkreise in Brandenburg war für die Mitglieder des Ausschusses von Interesse, da diese mittelbare Auswirkungen auf die durch die kreisangehörigen Städte und Gemeinden zu leistende Kreisumlage hat. Insofern waren für die Ausschussmitglieder die überreichten Argumentationspapiere und Prüfraster von Bedeutung. Besonders kritisch wurde gesehen, dass die Mitarbeiter der kreisangehörigen Städte und Gemeinden in den Arbeitsgemeinschaften und Optionskommunen in dem vorliegenden Gesetzentwurf bislang keinerlei Berücksichtigung gefunden haben. Es sei zu fordern, dass das gut ausgebildete Personal der kreisangehörigen Städte und Gemeinden ebenso behandelt werde, wie das der Bundesagentur für Arbeit oder der Landkreise. Es könne nicht sein, dass die Städte und Gemeinden und ihre Mitarbeiter wegen der Unkenntnis der Politik schlechter gestellt würden. Weiter sei zu fordern, dass - auch zur Vermittlung von Praxisnähe - der Städte- und Gemeindebund im Kooperationsausschuss auf Landesebene vertreten sei. Der Verband möge sich dafür einsetzen, dass es mindestens insoweit noch zu Änderungen im Bundesgesetz komme.
Weiterer Schwerpunkt der Sitzung war die durch Landesregierung und Landtag erklärte Absicht, das Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen im Land Brandenburg ändern zu wollen. Die Mitglieder des Ausschusses anerkannten den Wunsch behinderter Menschen und ihrer Organisationen, aus der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen Verbesserungen im Sinne einer Inklusion erreichen zu wollen. Sie wiesen darauf hin, dass die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen einen Orientierungsrahmen für den Umgang mit Menschen mit Behinderungen in Politik und Gesellschaft setze. Sie enthalte allerdings kein unmittelbar geltendes Recht im Sinne subjektiver öffentlicher Rechte. Vielmehr komme es insoweit auf das an, was in Bundes- oder Landesgesetzen festgehalten ist. In den zurückliegenden zwanzig Jahren sei in den Kommunen vieles im Interesse behinderter Menschen erreicht worden. Es wurde den Mitgliedsstädten und –gemeinden empfohlen, aufzulisten, was in der jeweiligen Gebietskörperschaft an positivem Wandel, sei es gesellschaftlich, sei es in der Infrastruktur, geschehen sei.
Zwar sei davon auszugehen, dass die kommunalen Behindertenbeauftragten, die Interessenvertreter behinderter Menschen, die jeweiligen Verbände oder auch die Mitglieder des Landesbehindertenbeirates sich in ihren Vorstellungen und Wünschen in Bezug auf ein neues Behindertengleichstellungsgesetz einig seien. Der Wähler indessen, die kommunalen Vertretungen, die Gebietskörperschaften oder Interessenvertretungen anderer Gruppierungen in Städten und Gemeinde hätten häufig jedoch auch andere Interessen oder setzten andere Schwerpunkte in ihrer Arbeit, so dass die Novellierung des Gesetzes auf eine breite gesellschaftliche Grundlage gestellt werden müsse. Im Übrigen müsse auch ein Behindertengleichstellungsgesetz – hiervon gingen die UN-Konventionen ebenso aus – finanzierbar sein. Soweit in den Blick genommen werde, dass das Behindertengleichstellungsgesetz vollumfänglich auch für die Städte, Gemeinden und Ämter und ihre Gesellschaften, Betriebe oder Organisationen gelten solle, sei dies abzulehnen. Beispielsweise befände sich der größte Teil der Straßen und Wege in Brandenburg in kommunaler Hand, so dass die finanziellen Auswirkungen einer solchen Regelung desaströs seien. Auch könne es nicht sein, dass ein Verbandsklagerecht oder eine Beweislastumkehr eingeführt würden. Popularklagen seien dem deutschen Recht fremd, vielmehr komme es darauf an, dass der Einzelne in seinem subjektiven-öffentlichen Recht verletzt sei. Soweit es um solche Rechte gehe, gelte zudem der Amtsermittlungsgrundsatz. Die mitunter anzutreffende Unsachlichkeit der Interessenverbände, die ihr Urteil fällten, ohne hiervon Betroffene vorher einzubeziehen, erschwere die Zusammenarbeit. Die Mitglieder des Ausschusses beklagten in ihrer Funktion als Schulverwaltungsträger die Wahrnehmung der Aufgaben durch die staatlichen Schulämter. Nicht selten stehe zu Schuljahresbeginn ohne jedwede Vorgespräche die Schulaufnahme eines behinderten Kindes an, so dass die Schulträger die notwendigen Vorbereitungen zeitgerecht nicht hätten treffen können. Soweit es um behinderte Schüler gehe, käme der Schulbereich seinen Pflichten zum Teil nicht nach. Die Verantwortung für sonderpädagogisches Personal werde nicht wahrgenommen beziehungsweise das Land hoffe darauf, dass der Sozialhilfe- oder Jugendhilfeträger Leistungen an Stelle des Landes erbringe. Insoweit sei zu hoffen, dass mit der Umsetzung der UN-Konvention das Schulressort der Landesregierung seiner Verantwortung nach inklusiver Bildung nachkäme.
Monika Gordes, stellvertretende Geschäftsführerin
Az: 004-10