Bericht über die 15. Sitzung des Ausschusses für Soziales, Arbeit und Gesundheit des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg am 7. Oktober 2016 in Potsdam
Unter Vorsitz von Herrn Amtsdirektor Kleine, Amt Unterspreewald, befasste sich der Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit mit dem Entwurf eines Behindertenpolitischen Maßnahmepaketes 2.0, welches der Geschäftsstelle durch das Sozialministerium mit der Bitte um Stellungnahme zugeleitet wurde. Der Ausschuss und der Städte- und Gemeindebund Brandenburg haben sich in der Vergangenheit mit dem ersten Behindertenpolitischen Maßnahmepaket des Landes Brandenburg befasst. So hat der Städte- und Gemeindebund Brandenburg im März 2012 ein Positionspapier zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention verabschiedet. Hintergrund für die Überarbeitung des Behindertenpolitischen Maßnahmepaketes des Landes Brandenburg sei unter anderem auch die Befassung des Ausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen der Vereinten Nationen mit dem ersten Staatenbericht der Bundesrepublik Deutschland. Dieser Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen habe im Frühjahr 2015 sehr kritische Bemerkungen zu dem Staatenbericht der Bundesrepublik Deutschland und zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland abgegeben, erläuterte die stellvertretende Geschäftsführerin Frau Gordes. Es würden in Bemerkungen des UN-Ausschusses zahlreiche Rahmenbedingen in Deutschland kritisiert bis hin zur Kritik an Gerichten in Deutschland, die die Normen der UN-Behindertenrechtskonvention im Rechtssystem und in den Gerichtsentscheidungen nicht ordentlich umsetzten. Der Ausschuss spreche zahlreiche Empfehlungen aus, die in der Folge bedeuten würden, dass hergebrachte Grundsätze des Verständnisses in der Gesellschaft, im Rechtssystem und in den Verwaltungen in Deutschland geändert werden müssten. Fraglich sei, inwieweit die Bundesrepublik Deutschland sich hierauf einließe.
Das Behindertenpolitische Maßnahmepaket spreche auch in diesem Entwurf vordergründig die verschiedenen Behörden des Landes an. Tatsächlich würden in der Umsetzung jedoch die Kommunen betroffen sein. Auch das vorliegende Maßnahmepaket sei nach verschiedenen Handlungsfeldern gegliedert, wobei es nunmehr zwei weitere Handlungsfelder gäbe, nämlich das Handlungsfeld Inklusive Teilhabe von Kindern und Jugendlichen sowie das Handlungsfeld Inklusive Teilhabe von geflüchteten Menschen mit Behinderungen. In den verschiedenen Handlungsfeldern seien zunächst jeweils die Vorstellungen des Landes ausformuliert, die sodann in Visionen mündeten. Die nachfolgend formulierten Ziele würden mit Maßnahmetabellen untersetzt. Wie auch bei dem ersten Maßnahmepaket wirkten zahlreiche Maßnahmen in die kommunale Ebene hinein, ohne dass die Zuständigkeit von Kommunen Erwähnung finde oder dass den Kommunen die notwendigen Haushaltsmittel bereitgestellt würden. Vielfach sei vom Sozialraum die Rede. Allerdings werde verschwiegen, dass die Städtebauförderung oder andere Förderprogramme sich auf bestimmte Städte und Gemeinden konzentrierten.
In der Diskussion hob Herr Weiße, Stadt Cottbus, die Bedeutung einer Stellungnahme durch den Städte- und Gemeindebund zu diesem Entwurf hervor. Der Entwurf des Behindertenpolitischen Maßnahmepaketes solle in den verschiedenen Fachausschüssen des Verbandes beraten und sodann das gewonnene Gesamtbild engagiert dargestellt werden. Er halte fest, dass die Kosten der Umsetzung in dem Maßnahmepaket nicht richtig dargestellt werden. Das Maßnahmepaket sei kein Qualitätsgewinn, denn die Kommunen in Brandenburg erledigten Aufgaben im Bereich der Barrierefreiheit oder der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen nebenbei, da ihnen das Land nicht die notwendigen Ressourcen zur Verfügung stelle. Die verschiedenen Verbände, die die Interessen von Menschen mit Behinderungen verträten, würden sich in der Folge auf das Behindertenpolitische Maßnahmepaket des Landes berufen und vor Ort von den Städten und Gemeinden einfordern, dass diese die verschiedenen in dem Landespapier genannten Aufgaben erledigten. Tatsächlich gäbe es jedoch in den Kommunen eigene Konzepte, mit denen Kommunen auf die tatsächlichen Gegebenheiten reagierten. Dies bekräftigten Herr Lück, Stadt Ketzin, und Herr Ullrich, Stadt Frankfurt (Oder). Die Erwartungen der Behindertenverbände seien groß. Bereits allein die Herstellung von Barrierefreiheit im öffentlichen Personennahverkehr sei durch die Städte nicht zu bewältigen. Selbst wenn Städte und Gemeinden Maßnahmen zum Abbau von Barrieren ergreifen wollten, gäbe es regelmäßig Schwierigkeiten mit den Fachlichkeiten anderer Behörden. Mal erlaube der Denkmalschutz nicht den Einbau behindertengerechter Zugänge, mal erlaube die Straßenverkehrsbehörde aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht die Absenkung von Bordsteinen an Straßenkreuzungen. Hinzu träte, dass viele Maßnahmen, auch solche des Landeshaushaltes, nicht finanziell untersetzt seien. Herkömmliche Bushaltestellen beispielsweise könnten für 5.000 Euro neu errichtet werden. Eine barrierefreie Bushaltestelle hingegen koste über 35.000 Euro. Insoweit seien viele Maßnahmen von Bund und Land nicht zu Ende gedacht. Worte und Taten stimmten hier nicht überein.
Herr Kleine wies zudem auf das bekannte Thema hin, dass seitens der Landesregierung und der verschiedenen Ressorts immer mehr Erwartungen zu Gunsten einzelner Bevölkerungsgruppen geweckt würden. Das Land überlasse es dann jedoch den ehrenamtlich in der Kommunalpolitik Verantwortlichen, den politischen Druck auszuhalten und zu entscheiden, ob eine der vielen durch das Land versprochenen Maßnahmen durch die jeweilige Kommune überhaupt durchgeführt werden kann. Herr Lück ergänzte, dass im Übrigen freie Stellen kaum besetzt werden könnten, weil das gesuchte Fachpersonal nicht vorhanden sei.
Der Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit befasste sich sodann mit dem Entwurf einer Landesrahmenvereinbarung zur Umsetzung des Präventionsgesetzes.
Frau Gordes erläuterte zunächst, mit dem Präventionsgesetz aus Juli 2015 habe der Bundesgesetzgeber die Krankenkassen verpflichtet, pro Versichertem einen bestimmten Betrag zur Verfügung zu stellen, damit die verschiedenen Sozialversicherungen, wie die gesetzliche Krankenversicherung, die gesetzliche Rentenversicherung oder die gesetzliche Unfallversicherung, in der Gesundheitsförderung Präventionsmaßnahmen durchführen könnten. Das Präventionsgesetz ziele darauf ab, dass die Krankenkassen Leistungen zur Gesundheitsförderung und Prävention in Lebenswelten erbrächten. Voraussetzung hierfür sei, dass es eine Bereitschaft der für die Lebenswelt Verantwortlichen gäbe, Vorschläge zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation sowie zur Stärkung der gesundheitlichen Ressourcen ebenfalls umzusetzen und hierfür eine angemessene Eigenleistung beizubringen.
Auf Bundesebene habe die Nationale Präventionskonferenz im Februar 2016 Bundesrahmenempfehlungen nach § 20d Abs. 3 SGB V verabschiedet, welche im Internet heruntergeladen werden könnten. Als Lebenswelten würden in diesen Rahmenempfehlungen die Kommunen, Kindertagesstätten, allgemeinbildende Schulen und Betriebe genannt. Die Ziele der Prävention richten sich auf die Felder „Gesund aufwachsen“, „Gesund leben und arbeiten“ und „Gesund im Alter“.
Das Präventionsgesetz sehe vor, dass auf Landesebene Rahmenvereinbarungen abgeschlossen würden zwischen den verschiedenen Sozialversicherungsträgern und dem jeweiligen Land. In diesen Rahmenvereinbarungen sollten Festlegungen über gemeinsam und einheitlich zu verfolgende Ziele und Handlungsfelder, über die Koordinierung von Leistungen zwischen den Beteiligten oder über die einvernehmliche Klärung von Zuständigkeitsfragen geregelt werden. An der Vorbereitung solcher Rahmenvereinbarungen werden laut Gesetz die kommunalen Spitzenverbände auf Landesebene beteiligt.
Das Präsidium des Städte- und Gemeindebundes hat sich deshalb in seiner Sitzung vom 7. April 2016 mit der Bedeutung der kommunalen Ebene für Maßnahmen zur Prävention und Gesundheitsförderung befasst und einen auf örtliche Lebenswelten abzielenden Ansatz für besonders sinnvoll und erfolgsversprechend gehalten in der Gesundheitsförderung. Das Präsidium hat die partnerschaftliche Beteiligung und Einbeziehung des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg durch das Gesundheitsministerium und die Krankenkassenverbände eingefordert. Nunmehr liegt der Geschäftsstelle der Entwurf einer solchen Landesrahmenvereinbarung vor.
Zu dem Entwurf der Landesrahmenvereinbarung wies Frau Gordes darauf hin, bereits zu Beginn der Präambel werde formuliert, dass sich die Landesrahmenvereinbarung auf die im Land besprochenen Gesundheitsziele stütze. Es wird auf die Bündnisse „Gesund aufwachsen“ und „Gesund älter werden“ verwiesen. Soweit jemand der Landesrahmenvereinbarung beitritt, solle er Mitglied der Zieleprozesse werden. Die Ziele der Landesrahmenvereinbarung wiederum richten sich nach den durch das Land initiierten Bündnissen „Gesund aufwachsen“ und „Gesund älter werden“. Das Handlungsfeld „Kommunale Gesundheitsförderung“ soll in den Bündnissen „Gesund aufwachsen“ und „Gesund älter werden“ sowie in einem Arbeitskreis „Arbeit und Gesundheit“ des MASGF beraten werden. Das Handlungsfeld „Suchtprävention“ soll im Rahmen der Landessuchtkonferenz beraten werden.
Die Mitglieder des Ausschusses stellten fest, dass Kommunen sich bei einem Beitritt zu der Landesrahmenvereinbarung selbst an die von den Bündnissen vorgegebenen Ziele binden würden. Insofern sei von einem Beitritt abzuraten. Die Gesundheitspolitik bzw. Gesundheitsförderung in der Kommune und durch die Kommune für ihre Bürger werde bei einer solchen Selbstbindung zu sehr von außenstehenden Dritten beeinflusst, die zudem regelmäßig nicht demokratisch legitimiert seien. Der kommunalpolitische Ansatz gehe dabei verloren. Gegenüber der AOK Nordost soll der Verband die notwendigen Hinweise zum Entwurf der Landesrahmenvereinbarung geben.
Im Bereich der Pflegeversicherung gibt es eine Reihe von Änderungen, deren Kenntnis auch für die kreisangehörigen Städte und Gemeinden von Bedeutung ist. Das Bundesgesundheitsministerium hat in dieser Legislaturperiode eine Reform des Pflegebedürftigkeitsbegriffes auf den Weg gebracht.
Frau Gordes informierte, dass es ein Erstes Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (PSG I) vom 17. Dezember 2014 sowie ein Zweites Pflegestärkungsgesetz (PSG II) vom 21. Dezember 2015 gibt. Das Dritte Pflegestärkungsgesetz wird derzeit in Bundestag und Bundesrat verhandelt.
Das PSG I ist zum 1. Januar 2015 in Kraft getreten und hat Änderungen zur Regelung zum Wohngruppenzuschlag, zur häuslichen Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson, verschiedene Anpassungen finanzieller Leistungen der Pflegeversicherung sowie eine Ausdehnung der niedrigschwelligen Betreuungsleistungen auf so genannte Entlastungsangebote für Pflegebedürftige und pflegende Angehörige gebracht.
Das PSG II ist zum Teil zum 1. Januar 2016 in Kraft getreten. Artikel 2 des PSG II wird zum 1. Januar 2017 in Kraft treten. Die neuen bereits geltenden Regelungen beziehen sich vor allen Dingen auf Aufklärungs- und Auskunftsansprüche des Pflegebedürftigen, auf die Pflicht zur Beratung der Versicherten über ihre Rechte und Pflichten sowie auf die Pflegeberatung, auf die nunmehr auch pflegende Angehörige einen eigenen Anspruch haben.
Die Regelungen des PSG II, die zum 1. Januar 2017 in Kraft treten, enthalten die zentralen Änderungen im Bereich der Pflege. Die bisherige Unterscheidung zwischen Pflegebedürftigen mit körperlichen Einschränkungen und Demenzkranken wird wegfallen. Im Zentrum steht zukünftig der individuelle Unterstützungsbedarf jedes Einzelnen.
Die pflegerische Versorgung wird durch einen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff und ein neues Begutachtungsinstrument (NBA) auf eine neue pflegefachliche Grundlage gestellt. Danach ist pflegebedürftig im Sinne des SGB XI, wer gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweist und deshalb der Hilfe durch andere bedarf. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbständig kompensieren oder bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate und einer im Gesetz festgelegten Schwere bestehen.
In § 14 Abs. 2 SGB XI sind pflegefachlich begründete Kriterien auf sechs Bereiche aufgeteilt, bei deren Vorliegen von gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten ausgegangen werden kann, hierbei handelt es sich um die Kriterien
- Mobilität
- Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
- Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
- Selbstversorgung
- Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen
- Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte.
Mit § 15 SGB XI werden anstelle der früheren Pflegestufen Pflegegrade eingeführt. Es gibt die Punktbereiche 0 bis 5 und diesen Punktbereichen werden bestimmte Module zugeordnet und im Rahmen des Begutachtungsinstruments gewichtet. Die durch Begutachtung in den einzelnen Modulen erreichten Einzelpunkte werden gewichtet und addiert und sodann den Pflegegraden 1 bis 5 zugeordnet.
Pflegegrad 1: geringe Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten
Pflegegrad 2: erhebliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten
Pflegegrad 3: schwere Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten
Pflegegrad 4: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten
Pflegegrad 5: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung.
Das PSG II sieht Übergangsregelungen vor. So werden Personen, die bereits jetzt eine Pflegestufe aufweisen, übergeleitet in die neuen Pflegegrade. Dies gilt auch für Versicherte, die eine erhebliche eingeschränkte Alltagskompetenz nach § 45a SGB XI in der derzeit geltenden Fassung aufweisen.
Durch die Anknüpfung an den Grad der Selbständigkeit ist es mit dem neuen Begutachtungsinstrument zukünftig möglich, körperlich, kognitiv und psychisch beeinträchtigte Pflegebedürftige bei der Begutachtung und Einstufung in einen Pflegegrad gleich zu behandeln. Diese Gleichbehandlung von somatisch, kognitiv und psychisch beeinträchtigten Pflegebedürftigen beschränkt sich nicht nur auf die Begutachtung und Einstufung in einen Pflegegrad, sondern setzt sich im Leistungszugang fort. Bei den Leistungen ist nicht mehr von Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung die Rede, sondern von körperbezogenen Pflegemaßnahmen, pflegerischen Betreuungsmaßnahmen und Hilfen bei der Haushaltsführung.
Das neue Begutachtungsinstrument der Sozialen Pflegeversicherung ist unter anderem in der Broschüre mit dem Titel „Die Selbständigkeit als Maß der Pflegebedürftigkeit“ dargestellt und kann auf der Internetseite des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen abgerufen werden (www.mds-ev.de).
Frau Gordes führte weiter aus, dass die Änderungen des PSG II in die vorhandenen Rahmenverträge, die es im Land Brandenburg zwischen den Verbänden der Pflegekassen, den kommunalen Spitzenverbänden bzw. den Arbeitsgemeinschaften der örtlichen Sozialhilfeträger, dem überörtliche Sozialhilfeträger und den Verbänden der Leistungsanbieter gibt, einfließen. Auch nimmt der Städte- und Gemeindebund Brandenburg an den Verhandlungen zur Änderung von Vergütungsvereinbarungen im stationären, teilstationären oder ambulanten Bereich der Pflege teil.
Mit dem PSG III soll vordergründig die Rolle der Kommunen in der Pflege gestärkt werden. Bezogen auf Brandenburg sind hierunter nur die kreisfreien Städte und die Landkreise zu verstehen, da allein diese in Brandenburg für die Hilfe zur Pflege zuständig sind.
In Art. 2 des PSG III wird die Hilfe zur Pflege im SGB XII völlig neu geregelt. Derzeit beschränken sich die Regelungen auf sechs Paragrafen, zukünftig soll die Hilfe zur Pflege in 21 Paragrafen geregelt werden. Auch im SGB XII wird der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff eingeführt. Da das Gesetz schon zum 1. Januar 2017 in Kraft treten soll, erwarten die kommunalen Spitzenverbände immense Umsetzungsschwierigkeiten.
Mit den neuen Vorschriften im SGB XII wird nicht nur der Personenkreis der Anspruchsberechtigten ausgedehnt, vielmehr werden auch die Leistungen der Hilfe zur Pflege erweitert und denen des SGB XI angeglichen. Dies bedeutet für die Sozialhilfeträger, dass mit großen Mehrausgaben und Verteuerungen zu rechnen ist.
In 2015 haben in Brandenburg ca. 5.733 Personen Hilfe zur Pflege über die Sozialämter erhalten. Hierfür haben die Landkreise und kreisfreien Städte ca. 40.200.000 Euro ausgegeben.
Von Bedeutung für die kreisangehörigen Städte und Gemeinden dürfte sein, dass die in § 71 SGB XII geregelte Altenhilfe ebenfalls geändert wird. Danach sollen zukünftig die Leistungen der Altenhilfe mit den übrigen Leistungen des SGB XII, den Leistungen der örtlichen Altenhilfe und der kommunalen Infrastruktur zur Vermeidung sowie Verringerung der Pflegebedürftigkeit und zur Inanspruchnahme der Leistungen der Eingliederungshilfe verzahnt werden. Fraglich wird hierbei sein, wie die Träger der Hilfe zur Pflege, also die Landkreise, mit den Städten, Gemeinden und Ämtern zusammenarbeiten wollen, die für die kommunale Infrastruktur und die örtliche Altenhilfe zuständig sind. Zu erwähnen ist weiter, dass der Sozialhilfeträger auch Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes der Pflegebedürftigen gewähren kann. Hier stellt sich die Frage, welchen Umfang diese neue Regelung annehmen wird und ob unter Maßnahmen des Wohnumfeldes auch solche der Infrastruktur im Sozialraum zu verstehen sind oder beispielsweise der Einbau eines Aufzugs auf Kosten der Sozialhilfe.
In einem weiteren Tagesordnungspunkt ist der Ausschuss übereingekommen, Vorschläge für Themen, mit denen sich der Ausschuss in kommenden Sitzungen befassen und zu denen er sich positionieren möge, zu sammeln. Frau Gordes wies darauf hin, dass sie das Thema altengerechtes Wohnen nochmals aufgreifen möchte. Sie habe festgestellt, dass in anderen Bundesländern den Kommunen durch die jeweilige Landesregierung in diesem Bereich eine größere Beachtung zukomme. Beispielsweise werde in Bayern für Kommunen eine Weiterbildung „Generationenmanagement“ angeboten. In Nordrhein-Westfalen fördere das Sozialministerium eine Qualifizierung kommunaler Beschäftigter im Rahmen der Quartiersentwicklung. In Brandenburg hingegen weise der Entwurf des Behindertenpolitischen Maßnahmepaketes beispielsweise Fachveranstaltungen zur sozialräumlichen Entwicklung aus, bei denen die Kommunen gar nicht berücksichtig würden. Weiter fördere das Land, wie bereits in dem Ausschuss besprochen, Fachstellen für Pflege im Quartier, die praktisch als Dritte und Außenstehende Kommunen beraten sollten. Gleichwohl stelle sich die Frage, inwieweit Städte, Gemeinden und Ämter für sich Konzepte und Zukunftsstrategien entwickelten, damit sie auch für eine zunehmend älter werdende Einwohnerschaft lebenswert blieben.
Herr Vorsitzender Kleine wies darauf hin, dass in Brandenburg, im Gegensatz zu Kommunen in den alten Bundesländern, die Städte und Gemeinden ständig mit Verwaltungsstrukturreformen befasst seien und hierdurch Kapazitäten gebunden würden. Dennoch, so Herr Ullrich und Herr Weiße, gelte es, sich eine Fachmeinung zu bilden und den Vertretern des Landes deutlich zu machen, dass die Kommunen bestimmte Einschätzungen nicht teilen bzw. eine andere Auffassung hätten. Einheitlich oder mehrheitlich gefundene Positionen müssten in die Breite getragen werden.
Unter Sonstiges berichteten Herr Weiße, Frau Wiesner, Stadt Hennigsdorf, und Herr Kleine darüber, dass es im Bereich der Zuwanderung von Asylbewerbern einen rasanten Anstieg gibt: Zahlreiche Rückkehrer treffen aus den alten Bundesländern nunmehr wieder in Brandenburg ein und sind unterzubringen. Es handelt sich vielfach um Personen, die direkt dem Rechtskreis SGB II zugehören. Vielfach seien hiermit nunmehr die Ordnungsämter in den Städten, Gemeinden und Ämtern konfrontiert. Es stelle sich die Frage der Unterbringung der Rückkehrer. Berichtet wird, dass Landkreise die Auffassung vertreten, aufgrund der Tatsache, dass Gemeinschaftsunterkünfte gefördert worden seien, könnten Personen, die nicht mehr unter das Asylbewerberleistungsgesetz fallen bzw. Rückkehrer sind, nicht in der Gemeinschaftsunterkunft untergebracht werden. Ähnliches gelte bei der Umwidmung von Stadt-Umbau-Mitteln, wo argumentiert werde, dass nur Asylbewerber ohne Aufenthaltsstatus dort wohnen dürften. Der Ausschuss äußert deutlich sein Unverständnis für ein solches Vorgehen. Es sei den Bürgern nicht verständlich zu machen, dass Gemeinschaftsunterkünfte, die mit Fördermitteln oder auch über die Kreisumlage finanziert worden seien, nunmehr nicht für Rückkehrer genutzt werden können sollten.
Soweit Landkreise erklären würden, es handele sich um obdachlose Personen und für diese sei nunmehr die örtliche Ordnungsbehörde zuständig, ist diese Argumentation ganz klar zurückzuweisen. Der Landkreis als Träger der Kosten der Unterkunft und als Sozialhilfeträger hat Maßnahmen der Wohnungsfürsorge zu ergreifen. Das Ordnungsrecht ist insofern nachrangig.
Zur Frage der Haftpflichtversicherung von bzw. für Flüchtlinge ist darauf hinzuweisen, dass Asylbewerber und Flüchtlinge ebenso wie andere Bürger für sich selbst haften und für eine etwaige Versicherung aufkommen müssen.
Die Mitglieder des Ausschusses wiesen letztlich darauf hin, dass es für die Integration von großer Bedeutung sei, weiterhin Migrationssozialarbeit zu erbringen, auch wenn der betroffene Personenkreis nunmehr unter das SGB II falle und nicht mehr unter das Asylbewerberleistungsgesetz. Mit Blick auf die Haltung und die Einbindung der brandenburgischen Bürger sei es wichtig, über zugehende Sozialarbeit bzw. Migrationssozialarbeit in Wohnblocks, Quartieren und Dörfern zu zeigen, dass es Integrationsmaßnahmen gibt und dass die kommunalen Behörden sich weiterhin um die zugewanderten Menschen kümmern.
Monika Gordes, stellvertretende Geschäftsführerin